Ich Lieb Dich Nicht, Wenn Du Mich Liebst
anscheinend darin auch noch bestärkte.
Ich sagte Liz, daà es einfach einige eingebaute Probleme bei der Liebe gibt. Probleme, die bestimmte Verhaltensmuster zutage treten lassen, die leicht als pathologisch bezeichnet werden können, die aber ganz normal, vorhersehbar und allgemeingültig sind. Das Gespräch mit Liz hatte mir deutlich gemacht, daà es notwendig war, diese Auffassung weiträumig bekannt werden zu lassen. Liz half mir, in meinem Kopf folgendes herauszukristallisieren:
Wir, die »Therapeuten«, sollten nicht automatisch Partnerschaftsprobleme als Symptome emotionaler Fehlfunktionen, die in der Kindheit begründet sind, ansehen.
Die normalen, allgemeinen Probleme mit der Liebe zu pathologisieren kann ausgesprochen destruktiv sein. Man wird dann sehr pessimistisch, weil man glaubt, nicht in der Lage zu sein, eine Beziehung zu verändern oder eine befriedigende Partnerschaft zu erleben. Man fühlt sich gefangen in schlechten Beziehungsgleisen. Das Pathologisieren ist unzulässig, weil es die Summe der nicht erkannten Beziehungsdynamik nicht miteinbezieht.
Mir erschien es wichtiger als je zuvor, daà man effektiver mit Beziehungsproblemen umging. Nie zuvor hat es eine solche psychologische Bücherschwemme gegeben â man denke nur an die unzähligen Selbsthilfebücher des letzten Jahrzehnts! Aber ich gelangte immer mehr zu der Ãberzeugung, daà viele dieser Bücher mehr Schaden anrichteten als nützten mit ihren pathologisierenden und oft widersprüchlichen Aussagen. Die Tatsache, daà Bücher über Beziehungen so lebhaften Zuspruch fanden, bewies, daà wir nie zuvor so verloren im Umgang mit unseren Lebenspartnern oder so hungrig nach Anleitung waren.
Die paradoxen Seiten der Leidenschaft
Als ich damit anfing, den vorherrschenden Ansatz zur Lösung von Beziehungsproblemen zu hinterfragen, wandte ich mich den Grundlagen zu. Ich beschrieb für mich so einfach wie möglich, was in den Beziehungen meiner Patienten (und, wie ich zugeben muÃ, in meiner eigenen) den gröÃten Ãrger verursacht. Folgendes blieb übrig: Ein Partner in der Beziehung liebt mehr (oder investiert emotional mehr) als der andere. Und je mehr Liebe der liebende Partner vom anderen will, desto weniger meint der andere zu geben.
Ich hatte einen Zustand des Ungleichgewichts beschrieben, bei dem sich der mehr liebende Partner in etwas befand, was ich als die »Position des Unterlegenen« bezeichnete, während sich der weniger liebende Partner in einer ȟberlegenen Position« befand. Ich wuÃte aus Erfahrung, daà sowohl Männer als auchFrauen die Position des Unter- wie auch die Position des Ãberlegenen zu verschiedenen Zeiten einnahmen. Deshalb schien es mir, als ob man durch die derzeitige Beschäftigung mit Frauen als Opfer falscher Behandlung durch Männer eine wichtige Tatsache aus den Augen verlor: Daà nämlich auch Frauen Herzen brechen können.
Ich hatte auch den Schluà gezogen, daà nahezu jedermann die zwei Seiten der Liebe auf gleiche Weise erfährt. Es ist egal, ob Ihre Mutter Sie angebetet oder ignoriert hat oder ob Ihre Kindheit nun glücklich oder schlecht war. Niemand â selbst eine »emotional gesunde« Person nicht â ist vor Liebeskummer gefeit, wenn die Liebe aus dem Gleichgewicht gerät. Das verwirrte Individuum kann sich natürlich häufiger in ungleiche Beziehungen verstricken, und die gesündere Person könnte sich schneller davon erholen und mehr daraus lernen. Aber Liebe kann jeden kaputtmachen.
Als ich soweit gekommen war, merkte ich, daà es ein »fehlendes Glied in der Kette« zwischen diesem Ungleichgewicht emotionaler Verstrickung und einer Fehlfunktion in der Beziehung gab. Was ich an diesem emotionalen Angelpunkt fand, war ein Paradox, ein Widerspruch, der erklärt, warum es uns so schwerfällt, dieses Problem zu erkennen.
Lassen Sie uns zu Lizâ Situation zurückkehren. Bei ihrem Mann war Liz die Ãberlegene. Die Erklärung für das Ungleichgewicht lag in Nates »Werbeverhalten« und Lizâ entgegengesetzter Reaktion auf den Wunsch, sich von ihm zu entfernen â bis zu dem Punkt, an dem sie sich fragte, ob sie ihn liebte. Sie wuÃte, daà sie nicht mehr in ihn verliebt war und hatte auch kein sexuelles Verlangen nach ihm.
»Das war ganz anders, als wir jung verheiratet waren. Nate war mein Arzt; er ist vierzehn
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