Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition)
Auftraggeber, das waren verwandte Welten.
Ich erzählte Michael von meinen ersten Modeljobs und dass ich mich bei Agenturen bewarb. »Ich brauche schnell ein Kleid für ein Shooting«, sagte ich, als 4play Fotos von mir wollte. Er hatte wirklich eins, ein rotes mit Korsage und einem Hauch von Tingeltangel. Es passte wunderbar zu mir. Michael verstand mich einfach, er begriff von Anfang an, was ich suchte. Von den frühen Fotos bis zu den Auftritten in Talkshows und auf roten Teppichen – wir finden immer den passenden Look für kleines Geld. Schlicht und elegant muss es sein, maßgeschneidert für meine Figur. In Zeitschriften und Boutiquen sehe ich teure Designerkleider, doch viele Details daran gefallen mir nicht. Immerhin habe ich früher selbst viel genäht und mit Kostümen experimentiert. Ich erkenne die Machart der Entwürfe und sofort kommen mir eigene Ideen. Dann erkläre ich Michael, was ich mag und was nicht, und er zaubert mir mein Wunschmodell. Ideal für mich sind Slinky-Stoffe, elastische, fließende Ware, die die Figur betont, aber jede Bewegung mitmacht. Meist schneidert Michael mir extra lange Ärmel und einen kleinen Kragen für meinen langen Hals. »Der Stoff soll ans Ballett erinnern«, sagt er, »und das schlichte Schwarz an Chansonsängerinnen wie Barbara und Juliette Gréco.« Das ist der Stil, den wir für mich entwickelt haben.
Dass ich ihn nicht durchkreuze, darauf achtet Michael penibel. Als er mich mit gestrickten Pulswärmern im Nachtcafé beim SWR sah, tat es ihm in den Augen weh. »Das bist du nicht«, schimpfte er. »Hat dir das denn keiner von den Fernsehleuten gesagt?« Doch meistens sorgt er selbst vor. Bin ich zu einer Talkshow eingeladen, schaut er sich vorher die Sendung an. »Beim NDR haben sie cognacfarbene Sessel«, erklärte er mir. »Da kannst du das Bordeauxrote nicht tragen.« Wir disponierten schnell um. Er besorgte einen schwarz-weißen Stoff und nähte mir ein Kleid, das in dem Studio ganz wunderbar wirkte. Auch das sexy rote Kleid, das ich beim dritten Mal bei Lanz trug, hat er für mich geändert. Der tropfenförmige Ausschnitt am Dekolleté war seine Idee.
Michael ist ein Autodidakt und Perfektionist. Er hat eine Ausbildung zum Tischler gemacht, doch seine große Liebe war immer schon das Nähen. Mit elf Jahren setzte er sich an die Maschine und nähte sich ein Hexenkostüm für den Karneval – ohne es vorher gelernt zu haben. Wir beide ticken ähnlich. Aus einfachen Mitteln etwas zu erschaffen, was viel hermacht, das ist unsere Leidenschaft. Ich trage alles, was er mir auf den Leib schneidert. Zu meinen Lieblingsstücken zählt ein schwarzes Kleid, das Michael von Hand gefertigt hat. Selbst Ted sagt: »Zieh das Schwarze an!«, wenn ein großer Auftritt bevorsteht. Ich kombiniere das Kleid mit Accessoires, zum Beispiel mit einem schwarzen Strasshalsband mit langen Fransen, und freue mich diebisch, wenn mich dann jemand fragt: »Das ist ja toll, wo hast du das denn her?« Im Grunde sind es ganz einfache Kleider – aber perfekt für mich gemacht.
Was für mich Mode bedeutet und wie ich meine Kleider kombiniere, das sollte ich auch bei Olsen erzählen. Die Hamburger Modefirma drehte kleine Filme für ihren Youtube-Kanal und ich war seit 2010 eines ihrer Gesichter. Bei den Dreharbeiten sprachen wir natürlich über Klamotten, und als ich erzählte, wie ich meinen Look erfinde, wollten sie das genau so noch einmal hören – und aufnehmen. »Ich brauche nicht viel und mein Koffer ist immer ganz dünn. Ich packe drei, vier Sachen ein, die kombiniere ich ständig neu und so sehe ich jeden Abend anders aus.« Das war nach meinem Geschmack. Ich redete wieder frei Schnauze und überraschte die Leute, wie ich mit guten Ideen aus wenig viel heraushole.
Bei meinem ersten Dreh für Olsen arbeiteten wir den ganzen Tag am Set in Berlin. Am Abend war das Team völlig k. o. Trotzdem hatte keiner Lust, sich schon zurückzuziehen. »Wollen wir noch irgendwo was essen?«, fragte Katrin Schöning, die bei Olsen diese Drehs und Shootings organisierte. »Ich habe ein gutes Hotel«, sagte ich. »Da gibt es sicher noch etwas. Komm doch mit!« Ich war tatsächlich ganz entzückend untergebracht im Ackselhaus in Prenzlauer Berg. Um in mein Zimmer zu kommen, musste ich auf Steinen durch einen Teich balancieren. Jeder Raum war anders eingerichtet, das ganze Haus eine Reise um die Welt. Wir ließen uns im Garten nieder und kamen gleich zur Sache: »Hast du einen Freund?« Ohne uns weiter
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