Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition)
zu kennen, breiteten wir unser Liebesleben aus. Für mich ist das der Schlüssel, um Freundschaft zu schließen. Du musst intime Dinge erzählen, dann wächst sofort Vertrauen. Natürlich nur, wenn eine Frau überhaupt etwas preisgeben mag. Wenn man stattdessen erst mal anfängt, über dies und das zu sprechen – Wie stehen gerade die Immobilienaktien? –, dann wird bestimmt keine tiefe Beziehung daraus.
Katrin und ich hatten Spaß aneinander, wir untersuchten uns richtig und erzählten uns die größten Geheimnisse. Es war ein wundervoller Abend und am Ende sagte sie: »Ich möchte ohne dich gar nicht mehr sein.« Das war so süß!
Es war der Moment in meinem Leben, als ich zum ersten Mal Muttergefühle verspürte. Seit diesem Abend ist Katrin meine Tochter. Natürlich behandle ich sie nicht wie ein Kind, natürlich hat sie auch leibliche Eltern. Wenn ich sie so nenne, dann mit einem Augenzwinkern. Und doch fühle ich mich mütterlich. Für sie bin ich Mutter und Freundin zugleich. Wir hängen einfach aneinander. Wenn ich sie brauche, kommt sie sofort, und auch mit Mami versteht sie sich fantastisch. Wir telefonieren und simsen viel, und oft sagt sie: »Jetzt hab ich schon wieder Sehnsucht nach dir.« Dann gehen wir essen und reden über die Zukunft. Sie wird mich eines Tages beerben. Ich habe immer jemanden gesucht, den ich lieb habe, auf den ich mich verlassen kann und der jünger ist als ich. Nun habe ich endlich diesen Menschen gefunden.
Es sind wenige Freundinnen, die mich schon mein ganzes Leben begleiten. Aus der Ballettzeit stammt nur eine, was sicherlich auch daran liegt, dass wir Tänzerinnen uns voller Neid beäugten. Missgunst und Ehrgeiz machten die meisten von uns zu Einzelkämpferinnen. Erst in Las Vegas spürte ich Zuneigung und Solidarität mit anderen. Dass ich keinen Kontakt zu Margret mehr habe, mit der ich mein Apartment teilte, stimmt mich heute traurig. Doch damals war ich schwer verliebt, zum ersten Mal in meinem Leben, und habe meine Freundinnen vernachlässigt – wie alle Mädchen, nur dass ich schon ein großes Mädchen war. Margret nahm mir das übel, anders als Rosemary, die auch in den ersten David-Jahren treu zu mir stand. Wir schreiben uns noch heute, und sollte ich je wieder nach Las Vegas kommen, dann wohne ich bei ihr. Auch meine liebe Dicke ist seit unseren Modenschauen eine beständige Begleiterin. Aus der Thalia-Zeit stammt Bigi Fischer und später kam meine wunderbare Regisseurin Heidemarie Rohweder dazu. Sie alle haben mir etwas zu sagen, ich spüre immer, wir teilen etwas.
Es ist schon auffällig, dass ich all meine Freundinnen bei der Arbeit gefunden habe. Und gleichzeitig ist es logisch. Vor lauter Fleiß und Eifer hatte ich kaum ein Privatleben. Die freien Stunden verbrachte ich mit meinen Eltern. Heute denke ich: Wäre ich früher zu Hause ausgezogen, hätte mir den Wind um die Ohren wehen lassen und die Welt kennengelernt, dann wäre ich mit mehr Reife in Las Vegas angekommen und hätte weniger Fehler gemacht.
Gerade im Umgang mit Freunden habe ich vieles versäumt. Oft reagierte ich einfach zu spät, wenn ich mich über andere ärgerte. Wir saßen beisammen, zum Beispiel im Café, und irgendwann hörte ich eine Bemerkung, die mich kränkte. Doch erst Stunden später wurde mir klar, warum ich so verletzt war. Dann ging es rund in meinem Kopf: Hat sie das wirklich so gesagt? Wie gern hätte ich sofort im Gespräch nachgehakt: »Darf ich noch mal fragen? Hast du das wirklich so gemeint? Dann müssen wir darüber reden.« Stattdessen kaute ich ewig auf meinem Ärger herum. Und wenn ich mir endlich ein Herz fasste, bekam ich zur Antwort: »Das hast du ganz falsch verstanden.« Das Puzzle ließ sich nicht mehr zusammenfügen, aber die Kränkung blieb. So haben Quisquilien schon gute Freundschaften unschön entzweit. Im selben Moment Kontra zu geben, vielleicht sogar einen Streit anzufangen, das traue ich mich bis heute nicht. Bei aller Ehrlichkeit – in diesen Momenten fehlt mir der Mut. Vielleicht besitze ich ihn eines Tages. Das wünsche ich mir jedenfalls.
Arrivé
Das Jahr 2010 brachte mich nicht nur auf Catwalks und in Talkshows. Auch meine Arbeit als Fotomodel bekam eine neue Qualität. Die Bilder wurden künstlerischer, Fotografen experimentierten mit mir. Es begann mit Ben Lamberty, einem jungen Hamburger, der mich für das Magazin Quality fotografierte. Wir inszenierten eine Modestrecke in Schwarz-Weiß mit mir als einzigem Model, arbeiteten mit Wind und
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