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Ich träume deutsch

Ich träume deutsch

Titel: Ich träume deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nilgün Tasman
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Deutsch unterhalten. Anne schien das egal zu sein. Sie freute sich über diese Einladung, und wir durften unsere schönen Kleider anziehen. Oh, war ich aufgeregt! Wir waren bei Deutschen eingeladen und dann auch noch bei einem Chef – das war eine große Ehre für uns.
    Meine Anne hatte bereits 1970 ihren Führerschein gemacht und war sehr stolz darauf. Mein Baba hatte die schriftliche Prüfung zweimal wiederholen müssen. Meine Anne hatte es gleich beim ersten Mal geschafft.
    Wir stiegen in unseren frisch geputzten Ford Taunus ein und fuhren los.
    Im Auto gab es wieder einmal genaue Anweisungen von Anne, wie wir uns zu verhalten hatten.
    „Ihr dürft nichts anfassen, nicht dazwischenreden und nichts essen, bevor ich es euch erlaube. Wenn ihr etwas wollt, dann fragt ihr mich erst auf türkisch. Ihr bedankt euch immer und seid höflich, sonst dürft ihr nie wieder mitgehen. Ich will mich nicht wegen euch schämen müssen!“
    Mine und ich waren zu Hause nicht immer lieb, aber wenn wir irgendwo anders waren, trauten wir uns nicht einmal auf die Toilette. Wir konnten stundenlang dasitzen, ohne ein Wort zu sagen und dabei auch noch lächeln.
    |31| Erst wenn meine Anne uns unauffällig zunickte, durften wir uns vielleicht ein Glas Wasser oder einen einzigen Keks nehmen.
    Selbst wenn wir bei guten Freunden zu Besuch waren, mussten die Gastgeber meine Anne erst mehrmals inständig bitten, damit wir uns etwas freier bewegen konnten.
    Der Abteilungsleiter von Anne wohnte in einem Dorf, das wunderschön war.
    Anne sagte: „Hier wohnt sicher kein einziger Ausländer.“
    Mine und ich waren etwas aufgeregt, aber wir freuten uns trotzdem und waren gespannt, wie es im Haus von reichen Leuten aussehen würde.
    Schließlich war Herr Huber der Chef meiner Anne und ein wichtiger Mann in der Fabrik, obwohl er nie eine Krawatte trug. Einmal hatte ich ihn sogar in einer blauen Arbeiterhose gesehen.
    Wir parkten unser Auto neben dem Mercedes von Herrn Huber.
    „Das sieht aus, als wenn sich ein Wurm mit einer Schlange messen wollte“, sagte Anne und wir mussten alle lachen.
    Herr Huber öffnete gleich die Tür und begrüßte uns sehr freundlich. Seine Frau saß im Rollstuhl, und wir schauten ihr nur in die Augen, so wie es uns Anne aufgetragen hatte.
    Anne sprach viel besser deutsch als unser Baba. Und wenn sie etwas nicht verstehen konnte, übersetzte es Mine. Frau Huber war auch sehr nett, aber manchmal konnte ich sie nicht gut verstehen, weil die eine Hälfte ihres Gesichts ein bisschen schief war. Und trotzdem hatte sie extra für uns einen Kuchen gebacken, den ich überhaupt nicht lecker fand. Ich hatte noch nie einen so sauren und schrecklichen Kuchen gegessen. Herr Huber erzählte uns sehr ausführlich, dass er den Rhabarber selbst angebaut hätte.
    |32| Ich war froh, dass es bei uns Türken keinen Rhabarber gab. Bei uns backte niemand einen sauren Kuchen, den hätte auch kein Türke gegessen.
    Aber wir mussten natürlich aufessen und mehrmals sagen, wie gut es geschmeckt hätte, obwohl Lügen Günah war. Aber noch schlimmer war es, unhöflich zu sein.
    Nachdem wir unseren Kuchen mit viel Wasser runtergespült hatten, sagte Herr Huber, dass wir leider nicht so lange bleiben dürften, weil seine Frau jeden Mittag schlafen müsse. Mine und ich sahen entsetzt zu unserer Anne hinüber.
    Wir waren noch gar nicht lange da, und dass man seine Gäste zum Gehen auffordert, war bei uns eine große Beleidigung.
    Onkel Ali, den wir seit Jahren kannten, saß oft bis spät in die Nacht bei uns. Mein Baba musste am nächsten Tag früh zur Arbeit und obwohl Baba den Onkel Ali außerdem nicht mochte, hätten weder Anne noch Baba Onkel Ali zum Gehen aufgefordert.
    Meine Anne ließ sich nichts anmerken, obwohl ihre Wangen ganz rot wurden. Sie schaute auf die Uhr und sagte, dass wir sowieso gehen müssten, weil unser Baba Nachtschicht hätte. Das war natürlich eine Ausrede, der Müll wurde immer tagsüber abgeholt.
    Wir gaben Frau Huber die Hand und bedankten uns nochmals für alles. Herr Huber begleitete uns zur Haustür und sagte, dass er noch eine Überraschung für uns hätte. „Der schenkt uns bestimmt noch Rhabarber“, flüsterte Mine und ich musste lachen.
    Herr Huber streckte uns zwei blaue Müllsäcke entgegen und sagte: „Die sind für euch. Meine Frau hat ihre alten Kleider aussortiert. Da sind ein paar ganz gute Sachen dabei.“ Er drückte meiner Anne die Säcke in die Hand.
    |33| Meine Anne stand da und sagte nichts. Mine und ich

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