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Ich träume deutsch

Ich träume deutsch

Titel: Ich träume deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nilgün Tasman
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nicht bei einer Hure!“
    |36| Mein Geschrei wurde wieder mal mit einer Ohrfeige beendet. Die Ohrfeigen von Anne waren zum Glück nicht ganz so schlimm wie die von Baba. Es brannte immer nur kurz auf der Wange und es klingelte nicht so lange in den Ohren. Ich verschwand gleich im Kleiderschrank, drückte mir die Kleider an die Ohren und weinte.
    Baba mochte Birsen doch auch nicht, und er sagte schließlich immer, sie sei geschieden und deshalb sei sie eine Schlampe. Ich hasste diese Frau.
    Ich hörte, wie Anne sich bei ihr entschuldigte und sich vor allen Leuten darüber beklagte, was für ein unmögliches und unerzogenes Kind ich sei, und dass es an der Zeit wäre, so schnell wie möglich in die Heimat zurückzukehren. Schließlich wäre ich doch nur so rebellisch, weil ich die deutschen Kinder nachahmen würde.
    „Hier kann man ja sein eigenes Kind nicht erziehen wie man will. In Deutschland ist es verboten, seine Kinder zu schlagen! Da muss man Angst haben, dass die Polizei kommt und einem das Kind wegnimmt“, sagte Anne.
    „Schläge kommen aus dem Paradies, das steht sogar im Koran“, sagte Tante Serife.
    „Wer seine Tochter nicht schlägt, der wird eines Tages großes Leid erfahren!“, sagte Anne.
    Die dicke Fatma bestätigte den Spruch „Wer seine Tochter nicht schlägt, der wird eines Tages großes Leid erfahren“, und alle seufzten.
    Plötzlich tat es einen Schlag. Birsen Teyze fing an, ganz laut zu sprechen: „Redet doch nicht so einen Schwachsinn“, schrie sie. „Von wegen, wer seine Tochter nicht schlägt, wird eines Tages großes Leid erfahren! In welchem Koran soll das stehen? Hat jemals eine von euch den Koran wirklich gelesen?“
    |37| Großes Schweigen. Keine der Frauen gab eine Antwort. Die dicke Fatma sagte nur, ihre Großmutter habe diesen Spruch auch schon immer benutzt. Doch bevor sie ihren Satz beendet hatte, wurde sie von Birsen unterbrochen.
    „Unsere Großmütter hätten uns lieber Märchen erzählen sollen und nicht solch einen Mist!“
    Leise kletterte ich aus dem Kleiderschrank, um Tante Birsens Worte besser verstehen zu können.
    „Darunter haben wir jahrelang gelitten, ihr leidet sogar immer noch und erzählt diesen Unsinn doch tatsächlich euren Töchtern weiter! Wann wollt ihr endlich aufwachen? Ihr werdet nach wie vor geschlagen und bringt euren Töchtern bei, dass das richtig ist!? So etwas Dummes steht weder im Koran noch im Gesetz. Das sind Sprüche von Macho-Männern, die sich gern hinter der Religion verstecken, wenn es um die Unterdrückung der Frauen geht.“
    Diesmal unterbrach meine Anne Birsens wütende Rede und versuchte, sie zur Vernunft zu bringen. Sie solle Allah nicht beleidigen. Aber Birsen ließ sich nicht beruhigen. Im Gegenteil, sie wurde noch lauter.
    „Ja, Allah! Immer wenn es für euch eng wird, müssen Allah oder der Koran herhalten.“
    Birsen Teyze sagte, dass sie den Koran und die Bibel gelesen habe, und es seien beides Gottesbücher, die mit Frieden und Liebe erfüllt seien.
    Daraufhin wurde die dicke Fatma böse und drohte Birsen mit der ewigen Hölle, wenn sie es wagen würde, den Koran mit der Bibel zu vergleichen.
    Birsen Teyze erhob ihre Hände zu Allah. „Verbrennen soll er mich und meine Kinder, wenn ich ein falsches Wort gesagt habe. Alle Gottesbücher sind erfüllt mit Liebe, Erbarmen und Frieden. Religionen sind Wege, die zu Gott führen. Aber |38| wichtig ist nicht der Weg, sondern das Ziel. Gott ist für alle Menschen wichtig. Nehmt euren Kindern nicht das Wichtigste im Leben weg, indem ihr Allah als Werkzeug für eure Zwecke einsetzt!“
    Ich verstand nicht so ganz, was Birsen sagte, und ich glaube, die anderen Frauen im Wohnzimmer auch nicht. Trotzdem wurden alle still und nachdenklich.
    Plötzlich sagte Birsen Teyze noch: „Außerdem hat mich die Kleine nicht beleidigt. Sie hat nur die Worte eurer Männer auf der Zunge gehabt.“
    Ich traute meinen Ohren nicht. Birsen Teyze verteidigte mich, obwohl ich sie beleidigt hatte.
    Sie stand auf und ging zur Tür.
    „Benutzt die Religion nicht als Werkzeug und lasst es nicht zu, dass eure Männer das Gleiche mit euch tun.“
    Birsen Teyze sah mir direkt in die Augen und lächelte mich an. Ich fühlte mich ertappt und verschwand gleich hinter der Schlafzimmertür.
    „Die ist doch nur frustriert, weil sie keinen Mann hat“, sagte Fatma.
    „Sie ist gottlos!“, meinte eine andere Frau.
    „Aber sie hat angeblich den Koran und die Bibel gelesen“, gab Annem zu bedenken.
    Auch wenn ich

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