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Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich

Titel: Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Bettermann
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wissen«, erklärte Yiayia, die sich immer irgendwie zu helfen wusste. »Ich zähle einfach die Kreuzungen, bevor ich rechts abbiegen muss, und dann zähle ich weiter bis zum Platz.« Denn ob rechts von ihr Häuserzeilen das Licht verdeckten, oder sich eine Straßenkreuzung auftat – dies konnte Yiayia noch unterscheiden. Mit mir als ihrer Helferin aber kam sie besonders gut voran, und so konnte ich sie direkt zu dem Stand mit den Tomaten führen. Dort fand eine kleine Vorführung statt, die sich an jedem weiteren Stand wiederholte:
    »Ist die Ware überhaupt frisch?«, fragte Yiayia erst einmal, was der Händler mit gespielter Kränkung erwiderte: »MeineDame! Das ist nicht Ihr Ernst! Heute früh hingen diese Tomaten noch am Strauch, riechen Sie nur daran. Und fühlen Sie, wie hart sie sind. Nicht eine weiche ist dabei. Wie Blumen sind unsere Tomaten!«
    »Hart, ja, aber wohl etwas zu hart. Die sind ja noch gar nicht richtig ausgereift!«, antwortete Yiayia. »Was will ich mit grünen Tomaten?!«
    »Voll ausgereift, meine Dame. Wenn Sie wollen, schneide ich eine auf. Und nur dreißig Drachmen das Kilo, ein Sonderpreis, denn ich sehe: Sie wissen eine gute Tomate zu schätzen!«
    »Dreißig Drachmen für ein Kilo Tomaten? Nein, komm, Stelitza , führ mich weiter, da hinten gibt es sicher noch mehr Tomaten …«
    »Nein, nein, meine Dame, für Sie heute achtundzwanzig Drachmen, für unsere besten Tomaten, jede wie gemalt.«
    »Für fünfundzwanzig nehme ich sie, pack mir drei Kilo ein, aber von denen ganz vorne«, und Yiayia zeigte auf die besonders prächtigen Exemplare, die immer zur Kundenseite hin gestapelt waren.
    »Aber unsere Tomaten sind alle hervorragend, nicht nur die ganz vorne. Alles Spitzenqualität!«
    »Trotzdem, ich möchte die von ganz vorne. Und noch vier Gurken, aber nicht diese mickrigen wie beim letzten Mal. Hast du keine ordentlichen Gurken?«
    So ging es dann weiter, über den ganzen Markt, bis wir schließlich schwer beladen zu Hause eintrafen, wo Yiayia beim Auspacken der Tomaten nicht selten fluchte: »Hat er mir doch eine faule untergejubelt, der Betrüger!«
    Das Blech mit den gefüllten Paprika brachte der Pappous mit nach Hause, wenn er zum Mittagessen erschien. Da waren sie nur noch lauwarm, hatten also genau die Temperatur, bei der sich – wie beim Moussaka und dem Pastitio und all denanderen griechischen Ofengerichten – der perfekte Geschmack entfaltet (das wussten nur die ausländischen Touristen nicht, die sich unablässig über die nur lauwarme griechische Kost beschwerten – und dies auch heute noch tun).
    Mama und Papa verbrachten die Vormittage oft beim Bummeln in Athen, zum Mittagessen – das war nie vor vierzehn Uhr – fanden sich dann aber alle wieder ein, und schließlich legte sich die ganze Familie zum Mittagsschlaf ins Bett. Auch der Pappous, denn die Geschäfte waren damals erst am späten Nachmittag wieder geöffnet.
    Nur ich konnte nie einschlafen, und ich hatte auch gar keine Lust dazu; darum schlich ich mich, sobald es im Haus ruhig war, in die avli , zu den Katzen.
    Nach dem Mittagessen war der Hof voll von ihnen. Sie hatten sich die Bäuche mit den Essensresten vollgeschlagen, die Pappous ihnen in alten Blechschüsseln servierte, und hielten ebenfalls Siesta. Einige waren scheu und suchten das Weite, wenn ich mich näherte, außerdem gab es noch die Kämpfertypen, große Kater mit eingerissenen Ohren und vernarbten Nasen, die mich von ihren Schlafplätzen auf der Mauer aus taxierten – jederzeit bereit, mir ihre Krallen entgegenzustrecken.
    Aber oft kamen auch ganz zutrauliche, manchmal sogar junge Kätzchen, die sich streicheln und hochnehmen ließen. Die schleppte ich dann in die Halle, wo sie an den bestickten Vorhängen vor der Hoftüre hochkletterten. Yiayia durfte das nicht sehen, sie fand, Katzen seien Krankheitsüberträger und gehörten keinesfalls ins Haus. Aber Yiayia schlief ja jetzt.
    Ab dem Nachmittag kam Besuch, Großtanten, Nachbarinnen, entfernte Onkel, Cousinen und Cousins zweiten Grades, alte Schulfreundinnen von Mama – alle machten mindestens einmal ihren Antrittsbesuch, um uns zu sehen. Ich servierte ihnen mit Yiayia Limonade und Gliko – eingemachte Sauerkirschen, die wie besonders süße Marmelade schmeckten undin kleinen Glasschälchen gereicht wurden. Und ich hörte mir Komplimente an, die klangen so: »Was bist du für ein hübsches Mädchen geworden, ftuftuftu * .« Oder: »Mein Gott, bist du groß geworden, ftuftuftu. « Das

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