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Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich

Titel: Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Bettermann
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Tsatsiki »Spezial«
    E ine Viertelstunde vor Ankunft in Piräus konnten wir sie riechen, sie kroch durch die Lüftungsschlitze von Papas Wagen und weckte Bilder, Erinnerungen und Vorfreude: die Monemwassias Nummer dreizehn. Nichts hielt uns mehr auf den Sitzen. Wir hüpften im Wagenfond herum, in dem wir die letzten drei Tage verbracht hatten, und pressten unsere Nasen an die Scheiben, die von der langen Reise schon ganz trübe waren. Das Griechenland meiner Kindheit duftete allerdings nicht nach Urlaubsidyll, nicht nach Pinienwäldern und Oreganobüschen auf sonnenbeschienenen Hügeln, sondern stank nach Autoabgasen, in die sich – und jetzt waren wir wirklich fast da – Chemiedünste aus der Düngemittelfabrik mischten, die unterhalb des Hauses meiner Großeltern in Piräus lag.
    Doch das war uns Kindern egal. Wir wollten endlich unsere Großeltern wiedersehen. Nur noch ein paar Kurven durch ruhige Seitenstraßen, und dann saßen sie da: Yiayia , die rundliche kleine Großmutter, und Pappous , der strenge, hagere Opa. Sie hatten sich Stühle vor das Haus gestellt und sahen aus, als hätten sie das ganze Jahr über nur auf uns gewartet. Neben der prächtigen grünen Holztür mit den polierten Messingbeschlägen baumelte ein schäbiges rotweißes Plastikschild. Sogar mein Bruder, der kein Griechisch lesen konnte, wusste, was darauf stand: poulite , zu verkaufen. »Ich sehe das Haus, ich sehe es«, rief er im Auto schon von weitem. Und dann, mit düsterem Unterton: »Und das Schild hängt schon wieder dran.«
    Ich nahm das lediglich mit einem Schulterzucken zur Kenntnis, denn ich wusste etwas, das mein Bruder nicht wusste: Das Schild hing nur für uns da. Nach unserer Abreise, am Ende der Sommerferien, würde es wieder verschwinden. Das hatte mir Frau Evga verraten. Frau Evga war die Besitzerin des kleinen Ladens an der Ecke. Sie verkaufte Eis der Marke Evga . So war sie zu ihrem Namen gekommen. Bei ihr im Geschäft trafen sich immer abends die alten Damen aus der Gegend zum Palavern. Einmal, als ich am späten Nachmittag in den Laden trat, um ein Schokoladeneis zu erstehen, hatte mich eine der Damen angesprochen: »Du bist doch die kleine Deutsche, Marias Tochter. Sag mal, agapi mou , Liebling, will dein Großvater wirklich euer Haus verkaufen?« Ich nickte betrübt. »Ach was«, sagte Evga tröstend und reichte mir mein Eis. »Mach dir keine Sorgen. Wenn ihr abreist, montiert dein Pappous das Schild ab. So macht er es jedes Jahr.« Sie zwinkerte mir zu, und ich verstand: Egal, wie sehr meine Mutter meine Großeltern wegen der zunehmenden Verschandelung der Gegend zum Verkauf drängte – sie würden ihr Haus, das für alles stand, worauf sie stolz waren, behalten. Düngemittelfabrik hin oder her.
    Mein Vater parkte den Wagen direkt vor dem Haus, und wir fielen unseren Großeltern in die Arme. Zuerst der Yiayia mit ihren weichen Händen, die nach Basilikum dufteten – sie züchtete die stolzesten Stauden der Gegend. Und dann dem Pappous mit dem kleinen Schnauzbart – seinen stoppeligen Kuss ertrugen wir eher unwillig. Dann schlüpften wir schnell hinein, um uns zu vergewissern, dass alles noch war wie immer: der große, luftige Eingangsraum mit den hübschen, gemusterten Kacheln auf dem Boden, den verschnörkelten Holzmöbeln, den bestickten Deckchen auf allen Ablagen; der Salon mit den verspiegelten Vitrinen, in denen Porzellanfigürchen ausgestellt waren; der Wohn-Schlafraum, in dem esDiwane und einen kleinen Wandaltar gab, auf dem Pappous zur Predigt aus dem Radio Lichter und Weihrauch entzündete. Und natürlich die große avli , der Hof hinter dem Haus, der von Topfpflanzen gesäumt und von Weinranken überschattet war. Ganz hinten an der Rückwand wuchs ein stattlicher Feigenbaum, über den herrenlose Katzen ihren Weg zu uns fanden, wenn Pappous sie mittags mit Essensresten fütterte. »Die verfluchten Katzen!«, schimpfte Yiayia jedes Mal, denn die wilden Samtpfoten von Piräus pflegten die Gewohnheit, nach der Speisung die Beete, in denen Yiayia ihren berühmten Basilikum, ihre Rosen und Löwenmäulchen zog, einmal komplett umzugraben. »Sollen die armen Lebewesen hungern?!«, erbarmte sich Pappous und fütterte sie weiter. Und wer weiß, vielleicht war es ja gerade der griechische Katzendung, der Yiayias Basilikum so eindrucksvoll sprießen ließ.
    In der avli begann mein Bruder seinen Urlaub mit dem stets gleichen Ritual: Er kramte ein wenig in Pappous’ Werkzeugkasten und hämmerte dann auf ein paar

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