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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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verschrieben. Er hat keine Schuld. Er wußte nichts von meinem Entschluß. Sag ihm, er möge sich keine Vorwürfe machen, er hatte immer Zeit für mich und immer ein schönes Wort. Im Sekretär findest Du zwei Inserate von Beerdigungsinstituten, die nicht allzu teuer sind, das eine ist nicht weit von hier entfernt, ich habe zu beiden Vertrauen. Meine Leiche muß verbrannt werden, und ich möchte das grüne Kleid tragen, das ich jetzt anhabe, es ist seidig und wie neu. Ich habe es gekauft am Tag, als wir zum erstenmal im Nymphenburger Park spazierengegangen sind. Damals war ich fast noch jung und Du ein Jüngling. Liebster Jonathan, von der Dichterin Günderode stammen diese Verse:
    Du innig Rot, Bis an den Tod Soll meine Lieb Dir gleichen, Soll nimmer bleichen, Bis an den Tod, Du glühend Rot, Soll sie Dir gleichen.
    Ich gehe von Dir fort in der Gewißheit, daß das Leben, das meine Mutter mir gab, nicht für mich bestimmt war, aber die Liebe, die Du mir schenktest, einzig für mich war und meine Zuflucht in den fürchterlichen Nächten, wenn die Hyänen mich fraßen in diesem schönen Haus, das Du für uns hast bauen lassen. Geh nicht fort von hier, bewahre das Haus, und sei immer ein so heiterer Gastgeber wie der, den ich in Erinnerung habe. In Liebe, Deine Elisabeth.
    »Meine eigene Frau hat mich verraten«, sagte Jonathan Badura. »Sehen Sie, wie sie daliegt, mit der häßlichen Lilie zwischen den Fingern! Die Tagebücher schenk ich Ihnen, die will ich nicht. Und jetzt muß ich das Fenster aufreißen, sonst erstick ich!«
    »Sie bleiben hier stehen«, sagte Fischer. »Sie rühren sich keinen Millimeter von der Stelle!«
    Er lag neben dem niedrigen Bett auf dem Boden. Sie hatten ihm verboten, unters Bett zu kriechen, und ihn in eine Zelle gebracht, in der das nicht möglich war. Er verachtete diese Leute.
    Worüber er sich wunderte, war, daß es ihm immer weniger ausmachte, eingesperrt zu sein. Dann hörte er auf, sich darüber zu wundern.
    Neulich hatte ein Polizist ihn aufgefordert, mitzukommen. Seine Frau und sein Sohn seien zu Besuch. Er erklärte ihm, er müsse allein sein, und schickte ihn weg.
    Er lag da, Tag um Tag, und überlegte, ob er die Nonne nicht hätte erwürgen sollen.
    Falls er ein Buch über die Ereignisse schreiben würde, dann unter dem Namen Tizian Seiler. Die Ermordung Gottes wäre ein guter Titel. Aber er wollte sich noch nicht festlegen.
    »Hab keine Angst«, flüsterte sie, »hier ist es ganz still. So was wie dem Rudi passiert dir bestimmt nicht.«
    »Wenn du mich festhältst«, sagte Toni, »dann schlägt mein Herz nicht mehr so wild.«
    Katinka drückte den Elch an sich und stellte sich vor, sie laufe barfuß übers Meer wie über eine kitzlige Wiese. Und alle ihre Freundinnen schauen und staunen.

Epilog
    D er kleine Junge rannte und rannte. Seine Faust umschloß die senkrecht nach oben steigende Schnur. Seine nackten Füße wirbelten Sand auf, er warf den Kopf in den Nacken und zerrte fester an der Schnur. Obwohl kaum ein Hauch zu spüren war, sprang der billige blaue Drachen mit flatterndem Schweif durch die Luft.
    Von der Holztreppe aus, die von der Düne hinunter zum Strand führte, sah das Paar dem Jungen zu, wie er um die Strandkörbe kurvte und sich vor seinen Eltern hinfallen ließ, ohne die Schnur loszulassen, und in den Himmel hinauflachte.
    Der Drachen winkt dem fernen Wind, dachte der große Mann auf der Treppe und leckte Salz aus der Luft.
    Eine halbe Stunde standen sie so da. Eine Stunde.
    Stimmengetümmel um ihr Schweigen.
    »Du hast die Akten immer noch nicht geschlossen«, sagte sie dann.
    »Doch.«
    »Du hast zwei Täter überführt, und du kannst ihre Taten beweisen.«
    »Ich beweise die Dinge, die ich beweisen kann.«
    »Das ist immer so«, sagte sie. »Und du bist kein Richter.«
    »Ich richte schon. Aber ich urteile nicht.«
    »Nur im stillen.«
    »Nicht einmal im stillen«, sagte er. »Niemals.«
    »Warum quälst du dich dann so?«
    Er traute sich nicht, dem Drachen zu winken. Nach Sonnenuntergang, als von der Wattseite her der Wind über die Reetdächer blies, betraten sie die Terrasse der kleinen Dünenkneipe, in der sie jeden ihrer Abende verbrachten.
    Vor der Tür sagte er: »Du hast eine Laubfrisur.« Sie tastete ihren Kopf auf der Suche nach Blättern ab, bevor er mit den Fingern behutsam ihre vom Wind zerzausten Haare kämmte. Drinnen setzten sie sich an ihren bevorzugten Tisch in der Nische nebeneinander. Zur Vorspeise bestellten sie Schälchen mit

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