If you stay – Füreinander bestimmt
die Gesprächsthemen ausgehen könnten?«, erwidere ich lächelnd. Ich spüre, wie die Feuchtigkeit des nassen Sandes durch meine Schuhe dringt. Ich wünschte, ich hätte meine Stiefel an, aber sie hätten zu der Stoffhose fehl am Platz gewirkt.
Mila seufzt.
»Nein, ganz und gar nicht. Es ist nur etwas, worüber ich manchmal nachdenke. Du etwa nicht? Bis zum Tod meiner Eltern habe ich eigentlich nie wirklich einen Gedanken daran verschwendet, aber nun geht mir diese Frage immer mal wieder durch den Kopf. Ich kann nichts dafür. Und da wir uns heute Abend schon über andere tiefergehende Themen unterhalten haben, dachte ich, ich frage einmal. Ich versuche ja schließlich, dich kennenzulernen.«
Sie lächelt, drückt meine Hand, und das besänftigt mein Herz ein wenig. Diese Frau hat etwas an sich. Vermutlich würde ich ihr jede Frage beantworten, die sie mir stellt.
»Ich weiß es nicht«, gestehe ich ihr. »Vielleicht ist Gott irgendwo da draußen, schaut auf uns alle herab und fragt sich, warum wir so fertig sind. Aber falls er wirklich da sein sollte, dann hat er mich schon vor langer Zeit vergessen.«
Mila saugt hörbar die Luft ein, bleibt stehen und wendet sich mir, ihre Hand auf meinem Arm, zu. Sie blickt mich an, und da ist ein Ausdruck in ihren Augen, den ich nicht so recht zu ergründen vermag.
»Wieso sagst du so etwas?«, fragt sie leise.
Ich schüttele den Kopf. »Weiß nicht. Mir fehlt irgendetwas, Mila. Es ist einfach nicht da, und ich habe keine Ahnung, ob es jemals da gewesen ist. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Gott sich nicht mit jemandem wie mir abgibt.«
Aus irgendeinem Grund habe ich einen Kloß im Hals, und ich weiß nicht, warum. Ich schlucke ihn hinunter und blicke auf diese grazile, schöne Frau neben mir. Jede andere hätte vermutlich das Weite gesucht. Aber nicht sie. Sie steht da und sieht mich mit großen Augen an.
Dann streckt sie die Hand aus, berührt erst meine Brust und dann mein Gesicht.
»Du irrst dich«, sagt sie mit sanfter Stimme. »Mit allem. Du siehst dich nicht so, wie ich dich sehe. Aber wenn du das tun würdest, wüsstest du, dass dir rein gar nichts fehlt. Ich glaube, dass du die Drogen immer nur dazu benutzt hast, Fragen über dich selbst oder Zweifel oder Ängste zu verdrängen. Ich bin mir nicht sicher, was du für Gründe gehabt hast. Aber ich weiß, dass es Probleme gibt, mit denen du dich nie befasst hast, über die du nicht einmal nachgedacht hast, und das ist wahrscheinlich der Grund, warum du nun eine Leere in dir verspürst. Aber sobald dir erst einmal klargeworden ist, womit du dich befassen musst, wirst du dich wieder wie ein ganzer Mensch fühlen. Davon bin ich überzeugt.«
Meine Augen beginnen zu brennen, während ich auf diese unglaublich einfühlsame und scharfsinnige Frau hinabblicke. Da gibt es in der Tat eine Menge Scheiß, über den nachzudenken ich mir nie die Mühe gemacht habe. Vielmehr habe ich mir große Mühe gegeben, nicht darüber nachdenken zu müssen. Und vielleicht habe ich mir damit den größeren Schaden zugefügt, als diesen ganzen blöden Mist überhaupt zu verzapfen.
»Ich glaube, du kennst mich besser, als du solltest«, sage ich barsch. Sie lächelt nur.
»Ich kenne dich nicht so gut, wie ich es gern möchte«, entgegnet sie und schlingt ihre Arme um meinen Hals. »Aber ich habe vor, das zu ändern.«
Und dann küsst sie mich. Und während sie dies tut, kommt es mir so vor, als sei die Welt in Ordnung, so wie es immer ist, wenn ich sie in meinen Armen halte. Sie ist wie ein Sonnenschein. Ich küsse sie, bis wir beide außer Atem sind, und als wir schließlich voneinander ablassen, dann nur, um Luft zu holen und uns weiterzuküssen.
Über uns funkeln die Sterne, der See zu unserer Linken liegt zum ersten Mal, seit ich mich erinnern kann, still und ruhig da. Ich habe das Gefühl, zu Hause zu sein.
Kapitel 12
B eim Aufwachen verspüre ich seit einer Woche zum ersten Mal wieder das Bedürfnis zu koksen.
Keine Ahnung, warum, denn der gestrige Abend war einfach toll. Mila und ich sind am Strand entlangspaziert, bis wir hundemüde waren. Wir haben Händchen gehalten und uns geküsst und dann wieder Händchen gehalten. Ich habe sie zu ihrem Wagen gebracht, und dort haben wir uns wieder geküsst. Aber ich habe sie nicht gefragt, ob sie Lust hätte, mit zu mir zu kommen, und sie hat mich nicht gefragt, ob ich Lust hätte, mit zu ihr zu kommen.
Das hier ist einfach zu gut, um es zu versauen. Selbst ein Arschloch wie ich
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