Ihre Beiden Väter
Srikkanth unwillkürlich, ohne auf seinen Kalender zu sehen, ob irgendwelche Besprechungen auf der Arbeit anstanden. Diese Sache hatte oberste Priorität, wenn auch nur, um danach mit seinem Leben weiter zu machen. „Wann?“
„Das Baby wurde um 11:41 Uhr heute Morgen geboren, deshalb können Sie die Papiere rechtswirksam erst am Donnerstag ab dieser Zeit unterschreiben. Aber Sie können gerne um 11 Uhr kommen, dann kümmern wir uns um die Vorentscheidungen. Da sie das Kind freiwillig zur Adoption freigeben, haben Sie ein Mitspracherecht, wohin es kommen soll. Sie können sogar eine Familie auswählen und sie treffen, wenn sie möchten.“
Eine Familie auswählen. Als wäre sie irgendein Gericht auf einer Speisekarte. Sein Magen drehte sich um.
„Ich komme um 11 Uhr“, stimmte er zu, „aber ich fühle mich nicht dazu geeignet, um über ihre Zukunft zu entscheiden. Ich sollte an all dem gar nicht beteiligt sein.“
„Das müssen sie auch gar nicht sein“, gestand Ms. Holms ihm zu, „aber wenn sie es nicht tun, dauert das Ganze für sie beide viel länger. Zumindest können sie bei einer freiwilligen Adoption eine Vermittlung auswählen, die eine Unterbringung für das Baby organisiert. Ansonsten wird sie eine weitere Nummer in einem überlasteten System sein. Wir tun unser Bestes für sie, aber es ginge nicht annähernd so schnell, würden sie nicht in ihrem Namen diese Entscheidungen treffen.“
„Ich denke darüber nach“, versprach Srikkanth, nicht sicher, ob er sich zu mehr als das durchringen konnte.
„Wenn sie im Krankenhaus sind, fragen sie nach der Neugeborenenstation,“ schlug Ms. Holms vor. „Mein Büro ist am Ende des Ganges. Die Krankenschwestern zeigen es ihnen.“
„Danke für ihren Anruf“, sagte Srikkanth mechanisch, legte auf und starrte an die Wand.
Ein Baby.
Sein Baby.
Sie sollte nicht sein Baby sein. Sie war Jills Baby. Nur, dass Jill, die so fröhliche, lustige, aufgeschlossene Jill, nicht mehr da war, um sie aufzuziehen.
Er hatte einen Freund, der adoptiert wurde. Tom hatte seine leibliche Mutter getroffen, aber nur zu seinen Adoptiveltern hatte er eine tiefe Bindung. Die Menschen, die ihn liebten, ihn großgezogen hatten. Und es war ja auch nicht so, das Srikkanth irgendetwas verlieren würde, wenn er sie weggab. Er hatte ohnehin nicht geplant, mehr als ein unbedeutender Teil in ihrem Leben zu sein. Es würde sich also nichts ändern.
„Hey, Sri, kommst du zum Essen?“
„Ja, bin in einer Minute da, Jaime“, rief Srikkanth zurück.
Jaime und Nathaniel, seine beiden Mitbewohner, waren schon am Essen, als er schließlich die Treppe runter kam.
Wie üblich war Nathaniels Nase tief in einem medizinischen Lehrbuch vergraben, um sich auf die endlosen Prüfungen seines Medizinstudiums vorzubereiten. Doch Jaime sah auf, überrascht über den merkwürdigen Ausdruck auf Srikkanths Gesicht und dessen Abwesenheit. Srikkanth nahm sich einen Teller und servierte sich sein Essen, ohne anscheinend zu wissen, was er da tat.
„Sri?“
Jaime runzelte die Stirn. Srikkanth hatte ihn noch nicht einmal angesehen.
„Sri?“, wiederholte er. Immer noch keine Reaktion. „Srikkanth!“
Endlich hob er den Blick, sein Ausdruck dermaßen verloren und verwirrt, dass Jaime seinen offensichtlich verstörten Freund am liebsten tröstend in die Arme genommen hätte. „Ich hab gehört, wie dein Telefon klingelte“, sagte er stattdessen. „Waren es schlechte Nachrichten?“
„Ich ... weiß nicht“, entgegnete Srikkanth langsam.
Jaimes Stirnrunzeln wurde stärker. „Was ist los?“
„Anscheinend bin ich Vater“, enthüllte Srikkanth. Seine Stimme verdeutlichte, wie durcheinander er war.
„Was zum Teufel?“, fragte Nathaniel, den das Gespräch von seinem Buch ablenkte. „Ich dachte, du bist schwul.“
„Bin ich auch“, erwiderte Srikkanth sofort.
„Wie hast du dann eine Frau geschwängert?“
„So war das nicht“, schwor Srikkanth. „Ich bin mit Jill in eine Fertilitätsklinik gegangen, um ihr zu helfen. Das sollte das Ende des Ganzen sein.“
„Hat sie ihre Meinung geändert?“, fragte Jaime vorsichtig.
Srikkanth schüttelte den Kopf. „Sie ist gestorben.“
„Oh Gott, Sri, das tut mir leid“, versicherte Jaime sofort. Er hatte Jill nicht gut gekannt – sehr viel Kontakt hatten sie beide nie gehabt. Sie alle wohnten zusammen und jeder hatte sein eigenes Leben – aber er konnte sich nicht vorstellen, einen Freund auf diese Art zu verlieren. Besonders
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