Illuminati
in irgendeiner Weise weiterhelfen konnte.
Doch es steckte noch mehr dahinter. Auch wenn Langdon sich schämte, es sich einzugestehen – sein anfängliches Entsetzen, als er erfahren hatte, dass die Antimaterie im Vatikan gelandet war, hatte nicht allein den gefährdeten Menschenleben gegolten, sondern auch noch etwas anderem.
Kunst.
Die größte Kunstsammlung der Welt saß auf einer Zeitbombe.
Die Vatikanischen Museen beherbergte mehr als sechzigtausend zeitlose Werke in über tausend Räumen – Michelangelo, da Vinci, Bernini, Botticelli. Langdon fragte sich, ob die Kunstwerke überhaupt in Sicherheit gebracht werden konnten, falls nötig. Es war unmöglich. Viele der Stücke waren Skulpturen und wogen Tonnen. Ganz zu schweigen davon, dass die größten Schätze architektonischer Natur waren – die Sixtinische Kapelle, der Petersdom, Michelangelos berühmte Treppe, die in das Museo Vaticano führt – unschätzbare Zeugnisse menschliche r Schöpferkraft. Langdon fragte sich, wie lange es noch dauerte, bis die Batterie des Behälters leer war.
»Danke, dass Sie mitgekommen sind«, sagte Vittoria leise.
Langdon kehrte aus seinen Tagträumen zurück und blickte auf. Vittoria saß auf der anderen Seite des Mittelgangs. Selbst im bleichen, fluoreszierenden Licht der Kabine besaß sie immer noch diese Aura von Gelassenheit – die fast magnetische Ausstrahlung eines Menschen, der in sich selbst ruht. Ihr Atem ging nun gleichmäßiger, als hätte ihr Selbsterhaltungstrieb die Oberhand gewonnen… als sehne sie sich nach Vergeltung und Gerechtigkeit, angetrieben von der Liebe zu ihrem Vater.
Vittoria hatte keine Zeit zum Umziehen gefunden. Sie trug immer noch ihre Shorts und das ärmellose weiße Top, und auf ihren gebräunten Beinen zeigte sich nun wegen der Kälte an Bord unübersehbar eine Gänsehaut. Instinktiv zog Langdon sein Jackett aus und bot es ihr an.
»Amerikanische Ritterlichkeit?« Sie nahm die Jacke entgegen und dankte ihm mit einem stillen Blick.
Das Flugzeug holperte durch ein paar Turbulenzen, und Langdon spürte, wie sein Puls in die Höhe schnellte. Die fensterlose Kabine wirkte mit einem Mal wieder eng, und er versuchte sich ein freies, offenes Feld vorzustellen. Doch dann fiel ihm die Ironie dieser Vorstellung ein. Er war auf freiem Feld gewesen, als es geschehen war. Drückende Dunkelheit. Er verdrängte den Gedanken aus seinem Kopf. Schnee von gestern.
Vittoria beobachtete ihn. »Glauben Sie an Gott, Mr. Langdon?«
Die Frage verblüffte ihn. Die Ernsthaftigkeit ihrer Frage war noch entwaffnender als ihr Inhalt. Glaube ich an Gott? Er hatte auf ein leichteres Thema gehofft, um die Zeit bis zur Landung totzuschlagen.
Ein spirituelles Rätsel, dachte Langdon. So nennen mich meine Freunde. Er hatte jahrelang Religion studiert, doch er war deswegen kein religiöser Mensch geworden. Er respektierte die Macht des Glaubens, die Wohltätigkeit der Kirchen und die Kraft, die der Glaube so vielen Menschen zu geben schien… und doch, für ihn war die intellektuelle Sperre stets ein zu großes Hindernis gewesen, als dass sein akademischer Verstand den Weg zum Glauben hätte finden können. »Ich würde gerne glauben«, hörte er sich selbst sagen.
In Vittorias Antwort lagen weder Urteil noch Herausforderung. »Und warum glauben Sie nicht?«
Er kicherte. »Nun, es ist nicht ganz einfach. Zu glauben bedeutet, Wunder intellektuell zu akzeptieren, unbefleckte Empfängnis und göttliche Intervention. Und dann sind da auch noch die vielen Verhaltenskodizes. Die Bibel, der Koran, die Schriften der Buddhisten… alle enthalten ähnliche Vorschriften und ähnliche Strafen für diejenigen, die dagegen verstoßen. Denen zufolge werde ich in der Hölle schmoren, weil ich mich nicht an ihre Vorschriften halte. Ich kann mir keinen Gott vorstellen, der auf diese Weise über die Menschen herrscht.«
»Ich hoffe, Sie gestatten Ihren Studenten nicht, derart schamlos Fragen auszuweichen.«
Die Bemerkung traf ihn unvorbereitet. »Was?«
»Mr. Langdon, ich habe nicht gefragt, ob Sie an das glauben, was Menschen über Gott sagen. Ich habe gefragt, ob Sie an Gott glauben. Das ist ein Unterschied. Die heiligen Schriften bestehen aus Geschichten… Legenden und Erzählungen von der Suche des Menschen nach einem Sinn. Ich habe Sie nicht nach Ihrem Urteil über die Schriften gefragt. Ich habe gefragt, ob Sie an Gott glauben. Wenn Sie im Freien unter den Sternen liegen – spüren Sie da das Göttliche? Spüren Sie,
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