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Im Angesicht der Schuld

Titel: Im Angesicht der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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zu seiner Unterhaltung da? Das mit eineinhalb Jahren einen Charme entwickelt hat, mit dem es selbst hart gesottene Mütter wie mich um den Finger wickelt? Und das einen Vater hat, der es so sehr verwöhnt, dass kein Mann, der später in sein Leben treten wird, an ihn heranreichen kann? Falls du tatsächlich dieses Mädchen meinst, kann ich dich beruhigen: Es schläft! «
    Gregors liebevolles Lächeln machte mich froh. » Und wie geht es dieser hart gesottenen Mutter? «, fragte er.
    » Wie war ihr Tag? «
    » Aufschlussreich. Auf dem Spielplatz hat mir eine sehr eng a gierte Mutter einen Vortrag darüber gehalten, dass es absolut notwendig sei, Janas Hände mit Seife zu waschen, wenn sie einen Hund gestreichelt hat und danach einen Keks essen möchte. Eine andere hat fast einen Herzinfarkt bekommen, weil ich nicht sofort hingelaufen bin, als Jana sich das Klettergerüst als Betätigungsfeld ausgesucht hat. Und eine Dritte hat sehr überzeugt die Meinung vertreten, Kinder von arbeitenden Müttern würden unweigerlich Schäden davontragen. «
    » Ich hoffe, du hast Jana daraufhin untersuchen lassen. «
    » Gleich von zwei Fachleuten «, sagte ich mit ernster Miene. » Und ich muss dir gestehen, sie haben tatsächlich eine Entwic k lungsstörung festgestellt. «
    Gregor machte das Spiel mit und legte wie auf Kommando seine Stirn in Falten. » Eine ernst zu nehmende? «
    Ich nickte mit sorgenvollem Ausdruck. » Unsere Tochter ist der festen Überzeugung, kleine Mädchen hätten dieselben Rechte wie kleine Jungen. «
    » Kannst du mir sagen, was wir angestellt haben, dass sie auf solch hanebüchene Ideen kommt? « Sein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen.
    Ich ließ mich von der Lehne des Sessels auf Gregors Schoß gleiten und kuschelte mich an ihn. » Wir haben uns nichts vorzuwerfen, wir hatten die besten Absichten und sind ihr mit gutem Beispiel vorangegangen, mehr können wir nicht tun. « Mit dem Zeigefinger fuhr ich zärtlich über den Knick seiner Nase.
    » Glaubst du, sie wird mit einem solchen Handicap später überhaupt einen Mann finden? «
    » Ich habe schließlich auch einen gefunden. «
    » Aber du hast lange suchen müssen. So ein Prachtexemplar wie mich findet man nicht an jeder Straßenecke, wie du weißt. «
    » Deshalb hege und pflege ich dich auch, damit du nur ja steinalt wirst und ich nicht irgendwann ohne dich dastehe. Dann wäre mein Leben nämlich sehr viel ärmer. «
    Er beugte sich vor und küsste mich leicht auf die Lippen. » Und weil ich das weiß, esse ich fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag, gehe nicht bei Rot über die Ampel, zerreiße Gutscheine für Fallschirmsprünge und lasse mich nicht mit fremden Frauen ein. «
    » An welchem Tag hast du zuletzt fünf Portionen Obst und Gemüse gegessen? «
    » Lass mich überlegen … das war dieser Tag, als … hm … wenn du mir noch zwei Sekunden Zeit gibst, dann fällt es mir ganz bestimmt wieder ein. « Mit geschlossenen Augen legte er die Hände an die Schläfen und massierte sie. » Jetzt hab ich ’ s: Das war der Tag, als ich … nein, doch nicht. Ich glaube, ich gebe es auf. «
    » Solange du dich bei roten Ampeln, Fallschirmsprüngen und fremden Frauen zurückhältst, will ich mal ein Auge zudrücken «, sagte ich lachend.
    Gregor seufzte. » Wir werden ein wunderbares altes Ehepaar abgeben. Du mit grau melierten Haaren, ich mit Wollmütze wegen Mangels an Haaren –beide werden wir ganz vernarrt sein in unsere Enkelkinder, wir werden uns die Köpfe heiß reden, damit unsere Gehirne nicht einrosten, und zur Seniore n gymnastik gehen, damit wir uns noch so lange wie möglich die Schuhe selbst zubinden können. «
    » Es gibt Slipper. «
    » Und es gibt Ehrgeiz. « Gregor küsste mich auf die Nasenspi t ze und schob mich sanft von seinem Schoß.
    » Das war das Stichwort? « Enttäuscht krauste ich die Stirn.
    » Wenn mich nicht alles täuscht, wartet auf deinem Schrei b tisch auch noch Arbeit auf dich. «
    » Ich hätte mir aber durchaus Alternativen vorstellen können, zum Beispiel … «
    » Deine Fantasien kenne ich, Helen. « Der Glanz in seinen Augen sprach davon, dass sich seine von meinen eigentlich nicht unterschieden. » Aber ich kenne auch deinen Hang, sie in die Tat umzusetzen. «
    » Na und? «, fragte ich frech.
    » Montag habe ich eine Verhandlung, auf die ich mich noch vorbereiten muss. Also bitte ich dich um Vertagung. «
    » Stattgegeben. Unter der Bedingung, dass du mir dafür mo r gen Abend zur Verfügung

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