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Im Angesicht der Schuld

Titel: Im Angesicht der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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Mantel.
    » Unbedingt! «
    » Auf der Stelle? «
    » Da ich keine Anzeige riskieren möchte, schlage ich vor, dass wir nach Hause rennen, Nelli hinauskomplimentieren und dann in aller Ruhe noch ein bisschen Geburtstag feiern. «
    » Spießer! «
    » Aber ein Spießer, der unvergleichlich gut küssen kann «, raunte er mir ins Ohr. » Von dem Rest ganz zu schweigen. «
    Ich zwickte ihn spielerisch in den Po. » Weißt du, was noch schlimmer ist als ein Spießer? Ein eingebildeter Spießer! «
    Nach einem ausgedehnten Kuss liefen wir im Eilschritt nach Hause.
    2
    Zwei Tage später – ich war gerade dabei, mit Jana zu Mittag zu essen –rief Annette an und begann mich ohne große U m schweife auszufragen.
    » Hat Gregor dir etwas über diese Frau erzählt? «
    » Nein. « Als ich ihn am nächsten Morgen noch einmal nach ihr gefragt hatte, hatte er geantwortet, dass er diesen Zwischenfall so schnell wie möglich vergessen wolle.
    » Aber er muss etwas gesagt haben. So eine Situation ist nicht gerade alltäglich. Oder ist er als Scheidungsanwalt schon dermaßen abgestumpft? «
    Jana saß in ihrem Kinderstuhl und verteilte die Reiskörner von ihrem Teller abwechselnd in ihren Mund und auf den Fußboden. Auf die gleiche Weise verfuhr sie mit den Zucchini-Stückchen. Um sie nicht zu erschrecken, mäßigte ich mich in meinem Ton. » Annette, ich schlage vor, du sprichst direkt mit Joost, wenn du mehr über diese nicht gerade alltägliche Situation wissen willst. «
    » Verstehst du das unter Freundschaft? «
    » Ich verstehe das als Kommunikation ohne unnötige Umwege. Und was ich unter Freundschaft verstehe, solltest du eigentlich inzwischen wissen. «
    » Ich weiß nur, was du von deinen Freunden erwartest: Ve r ständnis. Etwas, was du im Gegenzug nicht aufbringst. « Ihre Stimme war kurz davor zu entgleisen.
    Ich sagte mir, dass sie litt wie ein Tier und deshalb u m s ich biss –dass es besser war, ihre Worte nicht persönlich zu nehmen, dass sie sie unter anderen Umständen sicher bereut hätte. Nachdem ich im Geiste bis zehn gezählt hatte, holte ich tief Luft. » Ich habe Verständnis für dich, Annette. Ich habe sogar Verständnis dafür, dass du hier einen Nebenkriegs scha u platz aufmachst, nur um der eigentlichen Auseinander setzung, nämlich der mit deinem Mann, aus dem Weg zu gehen. Ich kann dir zuhören, wenn du dir etwas von der Seele reden möchtest, ich kann versuchen, gemeinsam mit dir nach Lösungen zu suchen … «
    » Aber? «
    Jana wurde unruhig in ihrem Stuhl. Ich klemmte den Telefo n hörer zwischen Ohr und Schulter, hob meine Tochter hoch und stellte sie auf den Boden. Fröhlich vor sich hin brabbelnd lief sie zu ihrem großen Stoffhund und bohrte ihm ihren Zeigefinger ins Nasenloch. Bei Gelegenheit würde ich ihr noch verständlich machen müssen, dass ausschließlich Stofftiere solche Attacken ohne Gegenwehr über sich ergehen ließen.
    » Aber? « Die erneut gestellte Frage war deutlich schärfer geworden.
    » Aber «, antwortete ich mit Bedacht, » ich möchte nicht länger mit dir immer wieder dasselbe durchkauen, ohne dass sich jemals etwas ändert. Das Ganze ist so eingefahren wie ein gut geölter Mechanismus: Joost hat ein Verhältnis, du weinst dich bei uns aus, fragst uns um Rat, wir bemühen uns, gemeinsam mit dir eine Lösung für deine Situation zu finden, und dann gehst du –zumindest teilweise –erleichtert nach Hause und änderst … nichts. «
    Aus der Küche war das Scheppern von Kochtöpfen z u h ören. Wenn mich nicht alles täuschte, räumte Jana gerade einen der Küchenschränke aus.
    » Ach, darum geht es! Du bist beleidigt, weil ich eure Ratsc h läge nicht beherzige. « Das Geräusch, das folgte, sollte ein Lachen sein, aber es misslang. » Bist du schon einmal auf die Idee gekommen, dass eure Ratschläge indiskutabel sind? Es kommt für mich nicht in Frage, Joost zu verlassen. Und in eine Paartherapie geht er nicht, da könnte ich mich auf den Kopf stellen. «
    » Du möchtest, dass wir Joost für dich in seine Schranken weisen, aber das können weder Gregor noch ich. Das ist ganz allein deine Aufgabe. «
    » Hat Gregor es denn jemals versucht? Hast du es versucht? « Sie schnaubte verächtlich durch die Nase.
    » Feine Freunde seid ihr! «
    Annette gelang es immer wieder, mich in Diskussionen zu verwickeln, die sich im Kreis drehten. Es brauchte nicht mehr viel, und mir würde der Kragen platzen. Dieses Mal zählte ich bis zwanzig. Die Erfahrung hatte gezeigt, dass das

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