Im Anhang mein Herz

wegfahren.
    Der Zug fährt übrigens direkt durch deinen Ort! Das geht aber leider nicht anders. Ich werde aus dem Fenster schauen.
    Heute u m Mitternacht gehe ich spazieren wegen des Sternenregens. Hoffentlich fällt mir nicht ein Stück Himmel auf den Kopf.
    Gleich zwei Luftmatratzen habe ich gekauft, da sie so billig waren! Ich konnte mich nicht zwischen Rotblau und gelbgrün entscheiden.

    14. Tag
    Donnerstag, 12. August, zu Hause
    Morgen fahre ich in den Süden!
    Ich werde mein neues Zoom-Objektiv mitnehmen, das habe ich noch nie verwendet. Aber die Kamera ist sehr schwer damit.
    Heute bin ich so überhaupt nicht mehr in Arbeits laune.
    Außerdem gehe ich viel früher, denn ich werde mir noch neue Wanderschuhe kaufen.
    Eine schöne neue Musik habe ich entdeckt, die kommt auf eine CD, die ich dir nach dem Urlaub gleich schenke.
    Gute Nacht , meine liebste Marlene, beste und treueste.
    PS Als du weggefahren bist, habe ich jeden Tag geweint. Dann war ein paar Tage Ruhe und ich dachte, das ist gut, denn du willst nicht, dass ich so von dir abhängig bin. Aber jetzt fängt es wieder an.
    Ach, so e insam ohne dich. In der Stadt planlos herumgehen. Keine Lust zu etwas.
    Etwas planen? Wozu?
    Mehr Geld verdienen? Wozu?
    Es gibt doch nichts Wichtiges außer dir.
    Ich ahne doch, dass es mit Irene nichts werden wird.
    Wir waren uns in kürzester Zeit so fremd geworden, dass es mir vorkam, sie wäre eine andere Frau, mit der es ganz neu anfangen könnte. Eine, die ich noch nicht kenne, die nicht die schrecklichen Eigenschaften von Irene hat, sondern so ist, wie ich es mir wünsche.
    Ich habe eben viel zu viel Fantasie. War so hoffnungsvoll. Aber Irene kann sich nicht ändern. Glaube ich.
    Ich weiß nicht, ob du weißt, wie ernst ich sie nehme.

    15 . Tag
    Freitag, 13. August, im Büro
    Gestern freute ich mich, als ich in den Postkasten schaute. Deinen ersten Bri ef bekam ich auch am Donnerstag. Und am Heimweg hatte ich schon überlegt, ob wohl wieder einer gekommen sei.
    S chön, dass es euch so gut geht!
    Wenn du bis hierher gelesen hast, wirst du wissen, dass ich dann zu euch gefahren bin.
    Bis gestern hatte ich auch vor, direkt zu eurem Haus zu gehen. Aber nach deinem Brief bekam ich doch Angst, ich könnte euch versehentlich treffen.
    Ich arbeite heute doch noch, da ich mir denke, es sieht besser aus, wenn ich am Tag des Redaktionsschlusses für die Dokumentation hier bin.
    A ußerdem bin ich selbst neugierig auf die Beiträge, die doch auch von anderen kommen sollen.
    Aber gerade erfahre ich vom Boss, dass einer seine Beiträge erst viel später senden wird: Und dass man noch immer oder schon wieder überlegt, ob das Dokument überhaupt herausgegeben werden soll. Ganz das übliche Kasperltheater.
    Gestern war ich im Outdoor-Geschäft und habe mir Schuhe gekauft. Ich hatte bisher Bergschuhe, die mir zwei Nummern zu groß waren. Die gaben dem Fuß keinen richtigen Halt. Ich muss aber wegen des Knies jetzt aufpassen.
    Ich möchte täglich und ganz lange wandern. Es tut mir so gut, im grünen Wald zu sein.
    Warst du übrigens in der Nacht draußen, als die vielen Sternschnuppen kommen sollten? Ich sah eine kurz nach zehn, dann ging ich schlafen, denn ich war sehr müde. An einen einzigen Wunsch zu denken war mir außerdem genug.
    S ehr entspannende Musik nehme ich in den Urlaub mit.
    Eine dieser CDs habe ich schon heute früh im Zug gehört. Du hast sie auch schon einmal gehabt.
    Und e s gab eine spontane Auswirkung dieser beruhigenden Musik. Oder bin ich schon so geschwächt durch deine Abwesenheit? Oder ist es in jedem Menschen eingebaut? Ich meine, nicht völlig ohne einen Glauben an eine ausgleichende Gerechtigkeit oder an etwas Überirdisches sein zu können.
    Jedenfalls nicht, ohne ein Loch in sich zu spüren.
    I ch beschloss, wieder in die Kirche einzutreten!
    Aber in eine, die nicht so viele mir unerträgliche Facetten hat.
    Wird bei euch eigentlich auch gesungen, oder ist das etwas rein Katholisches?
    Du fra gst, was ich mir davon erwarte?
    Ich weiß es nicht. Bilde mir nur ein, dass ich es tun muss.
    Und dann, aus dem religiösen Gefühl heraus, sprach durch das schmutzige Zugfens ter aus der Umgebung der Sonne eine Vision von Gott zu mir.
    Sie gab mir zu verstehen, dass es schon in Ordnung sei, dass ich dich möge und keineswegs vergeblich bleiben würde.
    Mehr hat sie mir nicht verraten.
    Ich musste weinen, hatte aber wie meistens die Sonnenbrille auf, zum Glück.
    Wa rum soll ausgerechnet bei mir mehr