Im Anhang mein Herz
enttäuscht darüber, diese Woche keine Post von dir bekommen zu haben. Ich habe versucht , mich zu beruhigen: Ja, zwei Mal kam am Donnerstag Post, aber das heißt doch nicht, dass ich an allen vier Donnerstagen Post bekomme!
Warum muss sich der Mensch auch immer gleich ein Gewohnheitsrecht aus Zufälligem ableiten. Das ist doch schrecklich, oder?
Ich versuche, herauszufinden, warum ich keine Post mehr von dir bekomme: Du hast zu schreiben vergessen. Du hast keine Zeit.
Du bist doch nicht etwa krank?
Sonst gibt es nichts Neues hier.
Traurige Grüße und eine noch traurigere Umarmung.
Artur
PS Erna hat meinen Zettel zur Schlüsselrückgabe Mitte September zerknüllt.
Ich werde mich nicht mehr ärgern.
Ich gehe spazieren mit Musik.
D u hast schon nicht auf mich vergessen, sondern schreibst nicht, da du der Meinung bist, ich sei ohnehin glücklich und zufrieden mit Irene.
W eil du denkst, wenn ich nichts von dir höre, kann ich mich eher auf sie konzentrieren. Du hast auch gesagt, jedes Mal, wenn wir uns treffen würden, wollte ich danach mit Irene Schluss machen.
Das ist ein rücksichtsvolles Motiv. Ich liebe dich auch deswegen noch mehr.
Daher werde ich mich bemühen, kein lästiger Klammeraffe zu sein, dem man nicht einmal eine Woche nicht schreiben darf, weil er dann sofort gekränkt ist. Du sollst sehen, dass ich dir vertraue.
Du weißt ja nicht, dass das Irene-und-Artur der Vergangenheit angehört. Was du wohl dazu sagen wirst? Oder du wirst gar nicht erstaunt sein?
Ich weiß, dass du nachfühlen kannst, wie traurig ich bin. Aber ich werde nicht mehr jammern. Es wird schon alles seinen Sinn haben.
PPS Ich mache wieder Sport. War bouldern, hob meine Hanteln.
23. Tag
Samstag, 21. August
Liebe verstummte Freundin.
Minute um Minute v ergeht nur schleppend.
Heute kam meine Tochter.
Dann war ich im Schwimmbad, um die Zeit totzuschlagen.
Anschließend marschierte ich durch die Stadt und entdeckte ein franzö sisches Lokal.
Ich habe eine Idee: Mit dir am 6. 9. dort zu Abend zu essen. Denn es ist gut zu Fuß zu erreichen von deiner Firma aus. Kennst du es? Du wirst aber nicht wollen.
24. Tag
Sonntag, 22. August
Wann kommst du endlich.
Die Sehnsucht hat ein Loch in meinen Bauch gefressen und noch eins und noch eins. Ich bin jetzt ein Emmentaler.
Du kannst doch nicht achtundzwanzig Tage lang baden? Am Ende zwei Mal pro Tag. Das macht sechsundfünfzig Mal ins Wasser hinein, aus dem Wasser heraus, ist das nicht todlangweili g?
Es muss dir schon die eingeweichte Haut verschrumpeln.
Der Mensch ist ein Landwesen und kein Fisch. Besinne dich dessen und komm endlich zurück.
Dein einsamer Artur
PS Ich war heute lange bei den Boulderfelsen. Mein Knie ist auch wieder so fit wie früher. Wenigstens etwas. Dafür bin ich dankbar.
25. Tag
Montag, 23. August
Ich bin sehr, sehr betrübt wegen Irene.
Ich kann dir daher nichts schreiben. Sei nicht böse.
Zum Glück geht es dir besser.
Ich liebe dich umso mehr.
Entschuldige bitte.
Artur
26 . Tag
Dienstag, 24. August
Gestern kam noch immer keine Post von dir.
Womit habe ich es mir verscherzt?
Morgen ist ein Vortrag am Abend.
Heute war der erste richtige Regentag seit langer Zeit.
Es i st noch so lang bis zum Montag.
Hoffentlich geht es dir gut.
27 . Tag
Mittwoch, 25. August
Kaum traue ich mich noch, etwas zu schreiben. Es interessiert dich nicht mehr? O. k., ich sehe ein, du hast auch ein Recht auf dein Privatleben im Urlaub. Ich schreibe extra wenig.
Am Donnerstag mache ich ein Upgrade. Da gibt es den ganzen Tag keinen Server.
Gestern hat mir der Boss die Arbeit aller Urlaubenden zugeschanzt. Ich löse außerdem deren Teamleiter ab.
Das, finde ich, sind keine feinen Methoden gegenüber Mitarbeitern, die im Urlaub sind.
Viel Arbeit ist mir aber jetzt recht.
Kuss , Artur
28. Tag
Donnerstag, 26. August
Wahrscheinlich sage ich dir nichts Neues, wenn ich mich beklage: Keine P ost von dir ist heute gekommen.
Zwischen Sorgen fast ein bisschen Wut aber vorwiegend Angst und Zweifel, da ich befürchte, du wirst ebenso nach dem Urlaub Schluss machen mit unserem Kontakt wie Irene mit mir.
Aber ich gewöhne mich langsam an den Gedanken. Ich denke mir, der liebe Gott wird schon wissen, warum er die Dinge so lenkt und nicht in die Richtung, die mir gefällt.
Das Finden des Seelenfriedens vermittels religiöser Gedanken funktioniert also auch bei mir. Mit etwas gutem Willen. Und das finde ich schön.
Gestern hat meine jüngere Tochter
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