Im Bann des Piraten: Er nahm sie gefangen - doch sie entfesselte seine Liebe (German Edition)
waren klein und zart, ihre Finger zerstochen von der vielen Handarbeit, die sie gewiss machen musste, um Essen für ihre Familie kaufen zu können. Rosalind klammerte sich an die zerbrechliche Stärke ihrer Reisegefährtin. »Bitte, versuch nicht …«
In diesem Augenblick donnerte eine Kanone an Backbord, und etwas Heulendes bewegte sich durch die Luft auf die beiden Frauen zu. Rosalind riss Beatrice herunter und duckte sich mit ihr hinter der Reling. Die Kanonenkugel landete mit einem lauten Klatscher gleich neben dem Schiff im Wasser.
»Was war das?« Beatrice wollte aufstehen.
Rosalind umklammerte sie mit beiden Armen und drückte sie nach unten. »Wir werden beschossen!«
»Aber warum?«
Rosalind suchte unter den Matrosen, die auf dem Hauptdeck hin- und herrannten, nach der hageren, sonnengebräunten Gestalt von Captain Harris. Sie entdeckte ihn auf dem Achterdeck, wo er mit dem ersten Offizier und dem Steuermann zusammenstand. Der Steuermann zeigte nach Backbord und brüllte Kommandos. Die Pfeife des Bootsmanns schrillte durch die Luft. Matrosen rannten auf ihre Posten und kletterten eilig an den Masten nach oben, um mehr Segel zu setzen. Alle bewegten sich in einer Hast, die an Panik grenzte.
»Lady Rosalind! Mein Gott! Mylady!« Mr. MacCaulay winkte mit beiden Händen hinüber zu ihnen, bevor er mit überraschender Wendigkeit zu ihnen geeilt kam. »Geht unter Deck, schnell! Sie dürfen Euch nicht sehen!«
Rosalind lugte vorsichtig über die Reling. Von der anderen Seite der Insel kam eine schwarze Brigantine mit nur zwei Masten, aber eindeutig zu vielen Kanonen auf sie zugesegelt. An Deck standen junge Männer dicht an dicht, von denen einige blaue Matrosenjacken trugen, andere farbenprächtige Hemden aus schimmernder Seide und Samthosen. Die Männer auf dem Hauptdeck waren mit Musketen, Entermessern, Dolchen und Pistolen bewaffnet. Die Mannschaft befeuerte vier kleinere Kanonen, die alle auf die Schiffsreling gerichtet waren. Eisige Angst umschloss Rosalinds Herz, als sie den Mast des anderen Schiffes hinaufsah, denn sie ahnte bereits, was sie dort entdecken würde. Die schwarze Fahne mit dem Totenkopf und der abgelaufenen Sanduhr flatterte knallend im Wind. Piraten. Rosalind duckte sich wieder. Ihr war übel vor Furcht.
»Rosalind?«, fragte Beatrice. »Was ist? Was habt Ihr gesehen?«
Der Bootsmann, ein großer rothaariger Stier von einem Mann namens Parsons, kam auf sie zugepoltert. »Der Captain sagt, die Damen gehen besser unter Deck! Diese Monster sollten Euch auf keinen Fall sehen.«
»Wer sind diese Leute?«, fragte Rosalind.
»Französische Piraten, Mylady.« Parsons blickte übers Wasser und wischte sich mit einer Hand übers aschfahle Gesicht. »Sie nennen ihren Captain den Angel of Death, Engel des Todes.«
Beatrice atmete hörbar ein und begann, auf allen vieren Richtung Luke zu hasten. Ein verwundeter Matrose fiel auf sie, so dass Beatrice zur Seite stürzte und der blutige Kopf des Mannes auf ihrem Schoß landete. Beatrice schrie, und ihre Stimme übertönte den Lärm der Kanonen und Musketen. Rosalind lief geduckt zu ihr, um sie von dem Matrosen zu befreien. Dann fasste sie Beatrice bei beiden Armen und zog sie zum Achterdeck. Dabei betete sie, dass die Piraten ihre Kanonen auf die unbeschädigten Teile des Schiffes richteten.
»Rosalind!«, rief Beatrice. »Was tut Ihr? Wir sollten unter Deck!«
»Nicht, wenn wir das hier überleben wollen.«
»Unten sind wir in Sicherheit!«
»Unten sitzen wir in der Falle! Und jetzt tu, was ich dir sage!«
Rosalind zerrte Beatrice mit sich über herabgestürzte Holme und Tampen, bis sie beim Puppdeck waren, dem einzigen freien Flecken nahe der Steuerbordreling. Der Schiffsarzt kniete schon bei Captain Harris und verband ihm den bluten den Arm, während der Captain weiter Befehle ausrief. Wieder donnerten Kanonen, und Beatrice schrie. Sie fiel auf die Knie und hielt sich die Hände über die Ohren. Captain Harris blickte zu den beiden Frauen.
»Gütiger Gott! Lady Hanshaw, versteckt Euch!« Er schwenkte den unverwundeten Arm. »Bringt die Frauen nach unten!«
»Dreht bei!« Der Ruf kam von dem Piratenschiff. »Dreht bei und ergebt euch oder sterbt!«
Beatrice wimmerte, und Tränen rannen ihr über die Wangen. Energisch schüttelte Rosalind sie.
»Denk an die Kinder, die auf dich warten, Beatrice! Um ihretwillen müssen wir es nach Jamaika schaffen!«
»Aber wie?«
»Als Erstes schwimmen wir zu der Insel.« Rosalind riss ungeduldig
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