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Im Feuer der Smaragde

Titel: Im Feuer der Smaragde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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Wunden nicht beim Heilen stört«, sagte er zu Moorabi. Als die frühen Morgennebel über die Mangrovensümpfe zogen, sah er seinen Begleitern nach, die Jack Drew zum Kanu trugen und ihn auf ein Kängurufell legten, das den schmalen Boden des Bootes bedeckte. Sie stellten einen Sonnenschutz aus Rinde auf, hockten sich vor und hinter ihn und tauchten ihre Ruder in den Schlamm. Ilkepala versetzte dem Kanu einen Stoß, und es glitt in die Strömung hinaus. Sie alle mussten jetzt Zeit gutmachen, nicht zuletzt Jack Drew.
    Er hatte zehn Jahre seines Lebens als Weißer verloren; falls er überlebte, würde es ihm schwer fallen, wieder in seine Welt hineinzufinden. Doch er musste zu seinen Leuten zurückkehren, da seine schwarzen Familien auf immer verschwunden waren. Sie waren in eine neue, seltsame Welt gezogen.
     
    Er war wieder auf dem Sträflingsschiff, unter Deck, wo das Wasser gegen die Planken klatschte, und hörte, wie O’Meara seine Freunde mahnte, nach jeder noch so kleinen Fluchtmöglichkeit Ausschau zu halten. Sie hatten gehört, dass die Emma Jane in die Bucht von Sydney eingelaufen war und an diesem Morgen dort vor Anker gehen würde. Es war heiß, stank noch mehr als sonst, doch Brosnan lachte. Er gehörte zu O’Mearas Mob. Politische nannte man sie. Aus Irland deportiert, weil sie dort Unruhe gestiftet hatten. Das gefiel Jack. Die Politischen waren die Einzigen, die er im Laufe der Wochen akzeptiert hatte, sie standen eine Stufe über dem übrigen Gesindel. Ihm gefiel, wie sie redeten, worüber sie redeten, über die Rechte, die man hatte, und alles andere, von dem Jack früher nie etwas gewusst hatte. Er hatte also eigene Rechte. Das wichtigste lautete: »Ich zuerst«, war also weniger kompliziert als die irischen Regeln. Doch dieser Brosnan lachte ständig, selbst in dieser Hölle, und Jack staunte, dass er sogar ihn zum Lachen brachte. Er spürte einen furchtbaren Schmerz in der Brust und wollte die Hände bewegen, doch sie waren festgebunden. Nein, es waren die verfluchten Ketten, sie alle waren angekettet, und plötzlich war es pechschwarz und still, und Brosnan war nicht mehr da. Er konnte hören, wie O’Meara nach Brosnan fragte, und er sagte es ihm. Er weinte. Gott im Himmel, Jack Drew weinte um niemanden, aber… Brosnan war tot. Erschossen. Natürlich, sie waren auf der Mudie Farm, arbeiteten für dieses Schwein von Mudie, jetzt waren sie auf der Flucht. Doch der arme Brosnan hatte es nicht geschafft.
    Jemand gab Jack Wasser zu trinken, verschüttete etwas davon auf seinem Gesicht. Vielleicht bewegte sich das Schiff überhaupt nicht, er hatte es sich nur eingebildet und hockte seit unzähligen Jahren auf dem Gefängnisschiff, das auf der Themse ankerte. »Lasst mich raus«, schrie er. »Lasst mich raus!« Doch es tat sich nichts; die Ketten waren schwer, er konnte noch das Wasser klatschen hören, es klatschte von außen ans Schiff. Es klang so kühl, so einladend, er wäre gern darin ertrunken, hätte diesen Schmerz ertränkt. Sterben. Und wenn schon? Er war des Lebens überdrüssig. Die beiden schwarzen Männer ruderten gleichmäßig weiter, wichen geschickt Farn und Schwemmgut aus und bogen Tage später in den großen Fluss, der sich bis zum Meer wand, tauchten die Ruder tief ins Wasser, um das widerspenstige Gefährt in die Strömung zu drücken.
    Für Moorabi war es eine traurige Reise. Er liebte Meerwah, den breiten Fluss, doch seine Leute zogen von ihm weg. Bei jedem Ruderschlag betrachtete er die Orientierungspunkte, die er so gut kannte… die gemächlichen Flussschlingen mit den stillen, bewaldeten Ufern, täuschend in ihrer Ruhe, denn manchmal ergossen sich tosende Sturmfluten über die Böschung. Im Wasser spiegelte sich der Busch in seiner ganzen Schönheit, es gab Nahrung im Überfluss. Er erinnerte sich an ihre liebsten Angelplätze und hielt nach ihnen Ausschau, erkannte die Stellen, an denen er und seine Leute den Fluss überquert hatten, wenn sie nach Süden ins Land der Bundjalung zogen. Jeden Tag steuerten sie das Kanu ans Ufer, hoben den weißen Mann behutsam ins Wasser, um ihn zu reinigen und kühl zu halten, wie Ilkepala es befohlen hatte. Bisher war er dank der Medizin des großen Mannes fieberfrei geblieben. Dann betteten sie ihn ins dichte Gras, damit er trocknen konnte. Er wachte murmelnd auf, bewegte sich unbeholfen, wie ein Betrunkener, doch es lockerte die Gliedmaßen und ließ sein Blut gleichmäßiger fließen. Darin lag auch der Grund für die kurzen Pausen. Die

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