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Im Innern des Wals

Im Innern des Wals

Titel: Im Innern des Wals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orwell George
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liebenswürdige Maske der »populären Figur« und des amtlichen Hofnarren. Er scheut sich nicht, den Zorn der Kirche auf sich zu ziehen und sich zum Beispiel in der Affäre Dreyfus gegen die öffentliche Meinung zu stellen. Ausgenommen vielleicht mit dem kurzen Essay Was ist der Mensch? hat Mark Twain niemals feststehende Grundsätze so angegriffen, daß es ihn in Schwierigkeiten gebracht hätte. Er konnte sich auch nicht von der Überzeugung freimachen, die vielleicht spezifisch amerikanisch ist, daß Erfolg und Wert eines Menschen das gleiche seien.
    In Life on the Mississippi findet sich etwas Merkwürdiges, das die schwächste Stelle im Charakter Mark Twains sichtbar werden läßt. Im ersten Teil des Buches, das im wesentlichen autobiographisch ist, sind die Daten geändert. Mark Twain beschreibt seine Abenteuer als Kapitän eines Mississippi-Dampfers so, als sei er um diese Zeit ein Junge von siebzehn Jahren gewesen, während er in Wahrheit bereits ein Mann von dreißig war. Das hat seinen ganz besonderen Grund. Im gleichen Teil des Buches werden nämlich seine Taten im Bürgerkrieg geschildert, die ausgesprochen unrühmlich waren. Mehr noch, Mark Twain kämpfte zunächst, soweit man überhaupt von kämpfen sprechen kann, auf seiten der Südstaaten und ging zur Gegenseite über, bevor noch der Krieg beendet war. Dieses Verhalten läßt sich bei einem jungen Menschen eher entschuldigen als bei einem erwachsenen Mann. Daher die Veränderung der Daten. Es ist vollkommen klar, daß er zur Gegenseite überlief, weil er sah, daß der Norden im Begriff war, den Krieg zu gewinnen; und diese Neigung, sich möglichst immer dem Stärkeren anzuschließen, der Glaube, daß Macht gleichbedeutend mit Recht ist, begleitet ihn durch sein ganzes Leben. Roughing It enthält die interessante Beschreibung eines Banditen namens Slade, der neben zahllosen anderen Verbrechen achtundzwanzig Morde verübt hat. Kein Zweifel, daß Mark Twain diesen ekelhaften Burschen bewundert. Slade war erfolgreich, deshalb bewunderungswürdig. Diese Anschauung, heute nicht weniger verbreitet als früher, kommt in der bezeichnenden amerikanischen Wendung »to make good« (es geschafft zu haben) am besten zum Ausdruck.
    In der Periode des Geldraffens, die auf den Bürgerkrieg folgte, mußte es jedem vom Temperament eines Mark Twain schwerfallen, keinen Erfolg zu haben. Die alte, einfache, bäuerliche, tabakkauende Demokratie, in Abraham Lincoln verkörpert, verschwand allmählich. Jetzt, mit der Einwanderung billiger Arbeitskräfte und dem Entstehen des »Big Business«, war eine Ära angebrochen, die Mark Twain nur sehr milde in The Gilded Age ironisierte, während er sich selbst von der allgemeinen fieberhaften Jagd nach dem Geld anstecken ließ und Riesensummen verdiente und verlor. Für eine Reihe von Jahren gab er sogar das Schreiben auf, um Geschäfte zu machen. Er vertrödelte seine Zeit mit allem möglichen Unsinn, Vortrags-Tourneen und öffentlichen Banketten. Dazwischen veröffentlichte er ein Buch A Connecticut Yankee in King Arthur’s Court , in dem ganz bewußt den niedrigsten und gemeinsten Seiten des amerikanischen Lebens geschmeichelt wird. Der Mann, der so etwas wie ein rustikaler Voltaire hätte werden können, wurde der international berühmteste Tischredner, der die jeweils versammelten Großindustriellen und Wirtschaftsführer nicht nur mit seinen komischen Geschichten unterhielt, sondern ihnen gleichzeitig das Gefühl gab, Wohltäter der Menschheit zu sein.
    Gewöhnlich macht man seine Frau dafür verantwortlich, daß er die Bücher, die er hätte schreiben müssen, nie geschrieben hat. Fest steht, daß er völlig unter ihrem Pantoffel stand und ihr jeden Morgen zeigen mußte, was er am Tag vorher geschrieben hatte.
    Dabei handhabte Mrs. Clemens (Mark Twains wirklicher Name war Samuel Clemens) einen Rotstift, mit dem sie alles strich, was ihrer Meinung nach unpassend war, sie scheint, selbst nach den Begriffen des 19. Jahrhunderts, drastisch vorgegangen zu sein. Es gibt eine Stelle in W. D. Howells’ Buch My Mark Twain , die eine wütende Auseinandersetzung über einen »furchtbaren Fluch« beschreibt, der sich in das Manuskript von Huckleberry Finn eingeschlichen hatte. Mark Twain wandte sich hilfesuchend an Howells, der zugeben mußte, daß es »genau das war, was Huck gesagt haben würde«, aber gleichzeitig mit Mrs. Clemens darin übereinstimmte, daß man das Wort unmöglich drucken konnte. Das Wort hieß »hell« (Hölle).

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