Im Land der glühenden Sonne: Die Australien-Saga (German Edition)
Vorratskammer aufbewahrte.
Bevor Abby sich ins Bett legte, ging sie noch einmal nach draußen und sah zu ihrem Stern hinauf. »Ach, Barney, schaust du jetzt in denselben Sternenhimmel und denkst an mich?« Sein Brief hatte so optimistisch geklungen und so voller Liebe. Er reiste schon wieder aus Charleville ab, weil man ihm anderswo eine vielversprechende Stelle angeboten hatte, die er sich ansehen wollte. Damit wir bald zusammen sind. Ich vermisse dich so schrecklich, Abby. Das alles tue ich für uns, für unsere Zukunft. Und ich weiß, dass alles gut wird. Vertrau mir, Abby, und komm zu mir. Ich habe bestimmt schon bald gute Neuigkeiten für dich. Ich liebe dich.
Sie strich über den gefalteten Brief in der Tasche ihres Rocks. Zu Weihnachten würde sie ihr Kind in den Armen halten und einer ungewissen Zukunft entgegensehen. Abby wusste nicht, was das kommende Jahr ihr bringen würde – sie hatte sich entschlossen, einen Weg zu gehen, der nicht leicht werden würde –, aber zum ersten Mal seit vielen Wochen fühlte sie sich ihrer eigenen Kraft und Stärke gewiss.
Sie streichelte über ihren Bauch und flüsterte dem Kind darin zu: »Alles wird gut. Ich weiß es.«
Vierzehntes Kapitel
A bby stieg als Letzte aus dem Schulbus, winkte dem Fahrer zu und ging langsam hinter ihren drei hüpfenden und singenden Geschwistern her. Kevin und die Zwillinge waren begeistert, weil Freitag war und ein ganzes Wochenende vor ihnen lag. Abby hatte heute zum letzten Mal in Dr. Malones Praxis gearbeitet. Obwohl bis zur Geburt des Babys noch mehrere Monate vor ihr lagen, hatte sie sich dazu entschlossen, schon jetzt aufzuhören, weil sie das Gerede hinter ihrem Rücken, die Blicke oder das plötzliche Schweigen, wenn sie ein Geschäft oder ein Café betrat, nicht mehr ertragen konnte.
Am Gatter angekommen, rief Shirley, die als Erste auf die andere Seite hinübergeklettert war – sie machten es alle so, anstatt das Tor mühsam aufzuziehen – über die Schulter: »Wir haben Besuch.«
Kevin musterte den kleinen schwarzen Austin vor dem Haus. »Der gehört Pfarrer O'Leary. Was der wohl hier will?«
»Spenden und Kleider für die Armen sammeln«, vermutete Colleen. Abbys Laune sank noch tiefer. Obwohl sie ganz und gar keine Lust hatte, dem Priester gegenüberzutreten, wusste sie, dass es nicht zu vermeiden war. Sie hatte schon seit geraumer Zeit mit seinem Besuch gerechnet.
Gwen servierte Pfarrer O'Leary im Wohnzimmer Tee und Gebäck, wo die Kinder ihm pflichtbewusst einen Guten Tag wünschten. Er fragte jedes, was es Neues gab und wie sie sich in der Schule machten, und sagte, er freue sich schon darauf, sie am folgenden Sonntag zur Messe zu begrüßen. Die Kleinen nickten und machten sich auf Gwens Wink hin schnell aus dem Staub, um sich die Hände zu waschen, ihre Aufgaben im Haushalt zu erledigen und sich an die Schularbeiten zu setzen. Pfarrer O'Leary wandte seine Aufmerksamkeit Abby zu.
»Dich habe ich ja schon seit einigen Wochen nicht mehr in meiner Kirche gesehen, Abigail.«
»Ja, Herr Pfarrer«, erwiderte sie kleinlaut, ohne den Grund für ihre Abwesenheit anzugeben.
Der Priester stellte seine Tasse ab. »Ich bin über deine Situation im Bilde, Mädchen. Sehr unglückliche Umstände. Wirklich höchst bedauerlich.«
»Ich finde meine Situation nicht bedauerlich, Herr Pfarrer. Manche halten ein Kind vielleicht für ein Unglück, aber ich empfinde es als ein Geschenk.«
»Ganz richtig. Aber es ist nur ein Geschenk, wenn es im heiligen Stand der Ehe empfangen wurde. In deinem Fall ist es wohl doch eher eine Bürde. Ich bin allerdings gewillt, dir meine Hilfe anzubieten. Es gibt ja so viele Familien, denen Kindersegen versagt geblieben ist und die sich von ganzem Herzen wünschen würden, deinem Kind ein gutes und anständiges christliches Zuhause zu bieten.«
»Mein Kind hat ein Zuhause. Und zwar hier«, entgegnete Abby knapp. Sie saß da und hörte mit trotziger Miene zu, wie der gute Mann sich alle Mühe gab, sein verirrtes Schäfchen auf einen besseren Weg zu führen. Er drängte sie, den Säugling zur Adoption freizugeben, und sprach von der Last, die sie ihrer Familie aufbürdete, und den Schwierigkeiten, die ein Kind für ihr eigenes Leben bedeutete.
»Herr Pfarrer, Sie predigen doch selbst immer, wie wichtig ein harmonisches Familienleben ist. Ich habe meine Familie hier, sie akzeptiert mich und steht zu mir und dem Kind. Ich glaube, dass meine Eltern wahre Christen sind, und mehr ist dazu wohl nicht zu
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