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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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über das Gewand Ramoses, um ihn notdürftig zu reinigen.
    «Scheusal! Hyäne!», beschimpfte ich den Toten. Mehr fiel mir nicht mehr ein. Dann verließ ich den Tempel, um ihn nie wieder zu betreten.
    Ich befahl meinen Soldaten, die Leiche Ramoses aus dem Tempel zu holen, und ließ ihn in der Wüste an einen Ort bringen, von dem ich wusste, dass es dort viele Hyänen und Schakale gab.

SECHZEHN
    Wer den Blick auf die Sonne richtet,
    dem erschließt sich das Wesen der Finsternis.
     
    E je schwieg lange, nachdem er mit seiner Geschichte geendet hatte. Es hatte ihn angestrengt, über sein langes Leben zu berichten. Über Freud und Leid, über Liebe und Hass, über Werden und Vergehen. Auch hatte es ihn angestrengt, so oft über den Tod sprechen zu müssen.
    Pharao hob seine dünne, knöcherne Hand und hielt sie Nacht-Min entgegen.
    «Führe mich hinaus», flüsterte er erschöpft. Der Junge erhob sich rasch und hielt seinem Herrscher den rechten Arm entgegen. Der Greis hakte sich ein. Nacht-Min spürte dessen kalte, dünne Finger, die sich um sein Handgelenk legten.
    Sie hatten den Tag im Inneren des Palastes verbracht, um der sengenden Hitze zu entfliehen. Aber jetzt, da sich der Tag bald dem Ende zuneigte und ein erfrischender Nordwind blies, wollte Eje auf die Terrasse zurückkehren. Noch immer lag der gekrümmte Wurfstock Tutanchamuns auf jenem Tisch, an welchem Eje drei Tage zuvor mit seiner Erzählung über den Kindkönig begonnen hatte. Die Fingerkuppen des Greises glitten zärtlich über den eingeritzten Namen. Schriftzeichen für Schriftzeichen ertastete er und flüsterte: «Neb-chepru-Re. Neben meiner Erinnerung an ihn ist dieses Stück Elfenbein alles, was mir von ihm geblieben ist.»
    Fragen über Fragen lagen Nacht-Min auf dem Herzen, aber er wagte es nicht, sie Pharao zu stellen. Die Ehrfurcht vor dem Guten Gott verbot ihm das. Er schwieg. Dann erlöste ihn der Greis.
    «Zehn Tage lang habe ich nur von mir erzählt, und ich bin dir dankbar dafür, dass du so geduldig zugehört hast.»
    Nacht-Min lächelte verlegen und sah in die müden Augen Pharaos.
    «Als ich dich traf, fragte ich nach deinen Eltern. Meriamun heißt dein Vater, sagtest du, und Inena deine Mutter.»
    «Ja, Majestät. So heißen meine Eltern», gab der Jüngling höflich zur Antwort.
    «Hast du noch Geschwister, Nacht-Min?»
    «Ja, Majestät. Zwei ältere Brüder und eine jüngere Schwester. Meine Brüder arbeiten wie mein Vater im Tal, und meine Schwester ist mit einem Steinmetz verheiratet und lebt mit ihrer Familie ebenfalls in der Siedlung.»
    Noch immer glitten die Fingerkuppen des alten Mannes über die Schriftzeichen des Wurfstocks.
    «Und wer lebt noch bei euch?»
    «In unserem Haus wohnt noch eine Großmutter. Sie ist die Mutter meines Vaters. Und außerdem eine sehr alte Großtante.» Der Junge machte eine kurze Pause, denn er war sich nicht sicher, ob er sagen durfte, was ihm zu seiner Großtante eingefallen war. Dann lachte er und gab sich einen Ruck: «Sie heißt auch Inena und war in ihrer Jugend Tänzerin, wie das Mädchen, von dem Ihr mir zu Beginn Eurer Geschichte erzählt habt.»
    Sofort hielten die Finger Pharaos inne, auf dem Elfenbein hin und her zu fahren.
    «Aber es leben tausend Frauen in Ägypten, die den Namen Inena tragen. Und meine Großtante war in ihrer Jugend gewiss nicht so schön wie jenes Mädchen, das Ihr beschrieben habt, Majestät», wiegelte Nacht-Min ab. Denn allein die Vorstellung, dass seine alte Großtante einst die Geliebte jenes Mannes war,der heute als Pharao über Ägypten herrschte, hielt er für eine ungeheuerliche Anmaßung.
    «Hatte deine alte Tante einen Bruder? Einen blinden Bruder?»
    «Das weiß ich nicht, Majestät. Sie hat nie darüber gesprochen, und wenn es ihn gab, dann ist er schon sehr lange tot.»
    Eje ließ es auf sich beruhen. Der Junge hatte Recht: Wie viele Frauen mochten in Ägypten gelebt haben und wie viele noch leben, die diesen Namen trugen.
    Nacht-Min erzählte seinem Herrscher noch eine Weile über das Leben in der Siedlung, über die Gräber, die sein Vater und seine Brüder schon angelegt hatten, und dass er selbst einmal Maler werden wollte, weil ihn all die Bilder in den Gräbern so tief beeindruckten.
     
    «Morgen früh bringe ich dich in dein Dorf zurück», sagte Eje zum Abschied. «Ich lasse dich zeitig wecken, damit ich wieder hier bin, bevor die Mittagshitze einsetzt.»
    «Aber ich kann doch allein in mein Dorf zurückkehren, Majestät», widersprach ihm

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