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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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Hinter ihm geht der Kommissar, die Arme sind auf dem Rücken verschränkt, dann kommt Prades, der die Hände in den Taschen hat, und wie immer kommt ganz am Schluss Varela, der die Arme vor dem Oberkörper verschränkt und mit einer Hand am Kragen herumnestelt. In dieser Reihenfolge erreichen sie die Abteilung für Verpackung, einen großen Saal mit weiß gestrichenen Betonsäulen. Berganza gestikuliert noch immer herum wie ein Museumsführer: »Hier sammeln die Angestellten die Bestellungen, die sie aus den Metzgereien erhalten, und verpacken sie. Ein Bestellung kann aus einem oder mehreren Teilen von einem oder mehreren Schweinen bestehen, nicht wahr? Beispielsweise könnte sie aus vier Schweinelenden und was weiß ich … acht Kilo Kotelett bestehen. Und dann müssen die Angestellten durch die drei Kühlhallen laufen und die besagten Teile zusammensuchen.« Er zeigt auf drei große, rostfreie Stahltüren auf der einen Seite und fragt Prades: »Gehst Du hinein …?«
    Prades zieht sich ein paar Latexhandschuhe über, die er aus einer Schachtel gezogen hat, die ihrerseits seine Jacketttasche ausbeult, und betätigt den Türöffner zur ersten Kammer: »Hier ist es kalt, die Räume liegen konstant bei zwei, drei Grad über Null … Wir können einen schnellen Blick hineinwerfen und dann wieder gehen. Sonst wäre es vielleicht besser, uns an der Garderobe ein paar Firmenanoraks auszuborgen. Vorhin waren wir geschlagene zwei Stunden hier drin und haben das Fleisch durchsucht. Die Richterin und der Fotograf waren noch dabei. Trotz Anoraks kamen wir halb erfroren wieder raus.«
    Das Licht im Inneren der Kühlkammer ist trüb. Es kommt von einer einzigen nackten Glühbirne, die in der Mitte von der Decke hängt. Prades und der Kommissar gehen allein hinein. Berganza bleibt im Türrahmen stehen und spielt mit seinem Ohrläppchen. Varela bleibt hinter ihm stehen und passt auf.
    »Also, alles in allem haben wir sechsunddreißig verschiedene Körperteile gefunden«, erklärt Prades.
    »Zwölf davon in dieser Kühlkammer, zehn in der nächsten, acht in der letzten und dann gibt es noch sechs lose Teile, die wir uns zum Schluss ansehen werden. Na, dann wollen wir mal sehen … Hier haben wir die Gedärme und Eingeweide.« Er schiebt einen Wagen und zieht dann etwas von einem schweren Tablett, das seitlich auf Schienen liegt. »Die Leber, die wir suchen, ist im dritten Kasten, da habe ich ein bisschen gebraucht, bis ich die erkannt habe … Wussten Sie, dass man im Mittelalter menschliche Anatomie an zerlegten Schweinen studiert hat? Die Ähnlichkeit ist verdammt groß … Alles befindet sich am selben Platz. Organe, die sich nur schwer einordnen ließen, habe ich in Tüten gesteckt, um nicht noch einmal alles durchwühlen zu müssen. Falls Sie etwas sicherstellen wollen … Ich weiß nicht, wollen Sie irgend etwas im Speziellen sehen …? Hier sind die Gedärme, auf dem Wagen daneben ist der Magen, hier haben wir den Pankreas, die Ohrspeicheldrüsen … Das Gehirn ist auf diesem Wagen dort, das Herz hier hinten … Ich würde Ihnen nicht empfehlen, sich lange mit den Lungen aufzuhalten. Da hat es unserem Fotografen den Magen umgedreht … Diese Kammer hier hat uns überhaupt am meisten Zeit gekostet hat. Wir haben alles perfekt sortiert und getrennt, aber schauen Sie mal hier«, er öffnet einen Behälter und steckt seine Hand hinein, um die entsprechende Tüte zu suchen: »Sie können sich ja gar nicht vorstellen, wie viel Mühe es mir gemacht hat, den neun Meter langen Dünndarm zu finden.«
    »Ich mag es mir lieber gar nicht erst vorstellen«, sagt der Kommissar und verzieht das Gesicht. »Ich würde mal sagen, das können wir hier als gesehen abhaken.«
    Sie gehen aus der ersten Kammer hinaus und von dort in die nächste hinein. In dieser lagern Haxen, Ohren, Rückenstreifen, Lendchen, Backenfett … Prades öffnet einen Behälter und holt ein großes rotes Stück Fleisch heraus.
    »Haben Sie schon einmal gesehen, wie eine menschliche Zunge aussieht, die am Kehlkopf abgeschnitten wurde? Im Unterschied zu der des Schweins weist sie sehr viel mehr Geschmackspapillen auf. Das war mir vorher gar nicht so klar. Hier sind die Lendenstücke, die ziemlich viel kürzer sind, als gewöhnlich. Und … Na, ja, Rippchen, durchwachsener Speck, die Filets …
    Der Schlachter meinte, dass auch die Teile vom Eber und der Sau unterschiedlich ausfallen können. Eine gut gemästete Sau habe beispielsweise die besseren Lendchen. Deswegen müssen

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