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Im Pfahlbau

Im Pfahlbau

Titel: Im Pfahlbau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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Wind um. Von Osten kommend, fegte er zerrissenes Gewölk vor sich her. Groß und strahlend wurden einzelne Sterne sichtbar, dann der blanke Mond. Von der Wohnhöhle drang das Rauschen des Wasserfalls schwächer und schwächer herüber, endlich verstummte es ganz. Oben hatte die Schneeschmelze aufgehört. Eisig strich der Wind aus dem Winkel zwischen den Salzwänden und dem Neuen Steinschlag nieder zum neu entstandenen See im Talgrund. Da dröhnte von der Klamm her ein fernes Tosen stürzender Wassermassen. Wie ein mächtiger Stromfall donnerte es fort und fort.
    Peter strengte seine Augen an; er spähte zum Ahornbäumchen hinüber, dessen Krone unter dem Wasser schon bemerkbar war. Jetzt wurden einige Zweige sichtbar und teilten die darüberströmende Flut. Wippend und schwingend tauchte die Krone auf, dann schnellte sie, vom ziehenden Wasser sich lösend, empor.
    »Das Wasser fällt!« Peter schrie es zu Eva hinüber. In abgerissenen Sätzen erklärte er, was er vermutete. Im kalten Wind hatte oben die Schneeschmelze nunmehr aufgehört. Die in der Klamm gestauten Wasser hatten die Höhe des Hindernisses erreicht; jetzt stürzten sie darüber hin und rissen gewiß die stauenden Steine mit sich fort.
    Das Wasser sank zusehends. Noch vor Mittag stieg Peter zum Boden der Insel nieder, der mit Lehm, Geröll, Schwemmholz und unzähligen Schneckenhäusern übersät war.
    Während er den Wasserstand ablas, sank die Flut vor seinen Augen um Fingerbreite. Das Dröhnen des Klammfalls dauerte fort. Auch Eva war von ihrer Fichte heruntergestiegen. Sie machte sich sofort ans Feuerbohren. Aber so sehr sie sich plagte, es wollte und wollte ihr nicht gelingen. Der Zunder war feucht geworden.
    Peter watete über das Wiesenland, um in den Wohnhöhlen nachzusehen, was das Wasser verschont hatte. An der Lehne unter der Salzwand drang er zu den Höhlen vor. Der Steigbaum war nicht mehr da, auch die Schutzmauer war fort. Peter lehnte den nächstbesten der im Bachbett angeschwemmten Bäume in die Felsrinne und kletterte daran empor. Die untere Höhle war leer, als ob niemals Menschen darin gehaust hätten; nur die Tagmarken an der Wand und die verrußte Höhlendecke erinnerten an die Vertriebenen. Bis zu den Knöcheln watete Peter in einer Schicht angeschwemmten Lehms. Er stieg zu Evas Kammer hinauf. Funkelnd strahlte ihm das Bild der Sonne entgegen, unberührt standen die Bilder der Ahnen, und dahinter lehnten die Zeichensteine. Das Wasser hatte vor dem Heiligtum haltgemacht! Peter erschauerte. Evas Lager, ihr Arbeitstisch vor der Lichtluke, alles war so, wie sie es verlassen hatte.
    Freudig erregt eilte Peter zurück: Eva mußte es wissen,Eva mußte mitkommen! Und als sie vor dem Heiligtum niederkniete, da war es ihr, als käme ihr vom Feuerkorb in der unteren Nische eine leichte Wärme entgegen. Hastig hob sie den rohen Buchenschwamm, den sie am Abend vor der Überschwemmung auf die Glut gelegt hatte: ein feiner, bläulicher Rauchfaden löste sich aus dem Inneren des heißen Schwammes. Sie zerschlug ihn mit einem Stein und schrie auf. Inwendig hatte er einen Glutkern! Da entnahm sie ihrem Lager trockenes Moos und Reisig und entfachte vor dem Hausaltar ein knisterndes Feuer. Wortlos knieten die Geretteten vor ihren Heiligtümern. Als Eva ihren Gefährten an sein Gelübde erinnerte, legte er zögernd das durchlochte Steinbeil zu den Zeichensteinen unter das Bild der Sonne. Dann füllte er Evas Feuerkorb mit Glut und Moder und wandte sich zum Gehen. Auf dem Rückweg zu den Wohnbäumen fragte Eva, wann sie in die Höhlen zurückkehren würden. Peter aber schüttelte den Kopf: »Nie mehr! Den Eiswassern ist nicht zu trauen.«
    Auf dem Fuchsenbühel nahm Eva von ihrem dürren Nestreisig, zündete ein Feuer an und suchte dann Holz zusammen, um es daran zu trocknen. Peter ergriff Speer und Feuerkorb und setzte seinen Entdeckungsgang zur Südwand fort. Von der Steinschlaglehne aus konnte er einen Teil des Grundes überblicken. Das Steinfeld unter dem Sonnstein lag noch unter Wasser. Drüben an der Grablehne bezeichnete ein gelber Lehmstreifen an den Bäumen, wie hoch das Stauwasser gestiegen war. Wo das Grab der Großmutter sein mußte, schimmerte eine Lehmbank herüber, die flach im Wasser verlief. Nur die drei Opferbäumchen, die schräg über dem überdachenden Stein hervorwuchsen, bezeichneten die geweihte Stätte.
    Vorsichtig setzte Peter seinen Weg fort, vorüber an den Bärenhöhlen. Verstreute Fraßreste und der grüne Rasen am oberen

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