Im Pfahlbau
Saum des Laubwaldes ließen erkennen, daß dasWasser nicht bis an die hochgelegene Halde gelangt war. Die sonnige Leiten, über der die Bärenhöhlen lagen, war also der sicherste Ort im Heimlichen Grund.
In der Umgebung der Moorbachquelle und am ganzen Oberlauf des Baches war von Hochwasser nichts zu sehen. Die Wasserfülle des Moorbachs war nicht anders als nach einem starken Regen; nur an seinem Unterlauf fanden sich Spuren der gesunkenen Flut. Vorüber am Lagerplatz, vorüber an den zerstörten Fischreusen und am verschobenen Baumsteg gelangte Peter zum Hochmoor.
Aus dem jungen Grün der Riedgräser ragten große, blendend weiße Windröschen. Nirgends eine Spur von Lehm auf den Pflanzen. Die Überschwemmung hatte das Moor nicht erreicht, wenn auch das schwere Wasser draußen die Moorwässer am Abfluß gehindert und sie aufgestaut hatte.
Als Peter seine Blicke nach links wandte, da dehnte sich vor ihm, etwas tiefer als das Binnenwasser, ein großer See, der das Steinfeld bis zur Grableiten und zum Sonnstein bedeckte. Eine weite Bucht griff zwischen Laubwald und Lehmleiten herüber. Der obere Teil des Steinfelds, der Urwald und die Salzleiten waren schon wasserfrei. Auffallend still war es geworden, obwohl Peter dem Klammfall nähergekommen war! Verwundert lauschte er hinüber. Es war kein Irrtum. Nicht mehr so laut wie in der Nacht fielen dort die Wasser. War es ihnen nicht gelungen, die sperrenden Felsmassen ganz wegzuräumen, dann blieb der vom Klammbach durchflossene See bestehen. Gut, daß wenigstens der Wald und die Lehnen trocken waren. Nachdenklich betrachtete Peter das langsam ziehende Wasser dieses neuen Klammbachsees. Wie oft mochte der Seegrund schon vorher mit Wasser bedeckt gewesen und wieder frei geworden sein? Wälder mochten hier begraben liegen unter angetragenem Erdreich. Jetzt mußte ja wieder alles Jungholzzugrunde gehen, das sich auf der Heide angesiedelt hatte.
Alles, was auf dem Wasser schwamm, Holz und Tierleichen, trieb, langsam einer Gegenströmung folgend, die Lehmleiten aufwärts, der Moorleiten zu und staute sich im Winkel der Bucht, wo viele morsche Fichten festlagen, die das Hochwasser aus dem Urwald geräumt hatte. Auf dem starren Geäst und den brüchigen Wurzelresten der angeschwemmten Bäume saßen krächzend Rabenkrähen, Kolkraben und Nebelkrähen, und mitten unter ihnen, schwer vom aufgenommenen Aas, drei Geier. Träge blinzelten sie zum Menschen herüber.
Peter kehrte zum Moorbach zurück, überschritt den Stegbaum und versuchte, den oberen Rand des Moores abzugehen. Da sah er hüfthoch über dem Wasser im Röhricht ein sonderbares Nest. Einige dürre, vorjährige Schilfhalme waren sehr geschickt mit Gräsern durch- und umflochten; ihre nahe zueinandergezogenen Blätter und Blütenrispen deckten das luftige Heim des Rohrsängers gegen den Regen und gegen die Blicke der Raubvögel. Das Nest wollte Peter haben, um es Eva zu zeigen. Aber der zähe, schlammige Boden gab unter seinen Füßen nach, und er mußte zurück. In weitem Bogen stieg er durch ein Gewirr von Brombeerranken und Waldreben die Halde oberhalb des Moors hinauf und stieß auf einen knietief ausgewaschenen Graben mit sandigem Grund, über dem das Wasser rostgelb schimmerte.
Dieses Bachbett war ein bequemer Weg. Er führte aufwärts. Als Peter unter den Kieskörnern der sandigen Uferhänge abgerollte Granate schimmern sah, dachte er an Evaund bückte sich, um für sie einige der rotleuchtenden Steinchen aufzulesen. Wie staunte er, als er dicht daneben ein hellgelbes, undurchsichtiges Steinchen von wunderbarem Glanze fand, nicht größer als ein Lindennüßchen. Er suchte weiter, aber es dauerte lange, bis er ein zweites von gleicher Schönheit in der Hand hielt. Wie schwer diese gelben Steinchen waren! Eine Erinnerung aus dem früheren Leben in der großen Welt stieg in ihm auf. So ein gelbes, schweres Klümpchen hatte auch in Ahnls Alraunkästchen gelegen, ein Goldkorn, das der alte Mann gefunden und seinem Alraun geopfert hatte.
Im Laubwald erlegte Peter zwei Eichhörnchen. Müde und hungrig langte er bei Eva an, drückte ihr die mitgebrachten Granate und Goldkörner in die Hand und begann, die Hörnchen abzubalgen. Dabei erzählte er eifrig vom schönen Moorsee mit seinen Baumgruppen, vom Treibholz, von den Raben und Geiern. Mit Entzücken schilderte er ihr das kunstvolle Nest des Rohrsängers, das unzugänglich für Schlangen und Marder, geborgen vor den Blicken der Raubvögel, auf hohen Stützen wie
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