Im Reich der Feuergöttin
Töchter in die Welt gesetzt haben (und womöglich keinen einzigen Sohn), oder daß eine ihrer Töchter gar zur „Göttin“ auserwählt wurde, das sie ein Männerrudel siegreich gegen den Feind geführt haben, dem Stamm Wohlstand und Ansehen brachten oder aber auch durch besondere Standfestigkeit den Einflüssen der Dunklen Mächte widerstanden, deren Einfluß hier überaus stark ist. Danach erst folgen die Handwerkerinnen und die Händlerinnen, deren Ansehen mit ihrer Geschicklichkeit und Tüchtigkeit wächst. Der Tauschhandel mit den Stämmen anderer Inseln blüht, Währung gibt es keine, sieht man davon ab, daß Schmuck- oder Zaubersteine feststehende Werte haben. Die Männer besitzen kaum Rechte. Sie sind Jäger, Fischer und Beschützer des Stammes, doch werden sie von Frauen angeführt, die absolute Befehlsgewalt über sie haben. Einen besonderen Status genießt nur der Held. Das ist ein Mann, der sich durch besonderen Mut, Stärke und Klugheit von alten anderen unterscheidet. Solch ein Held wird stets dann in den Einsatz geschickt, wenn es gilt, einer Bedrohung Herr zu werden, der mit den geistigen Waffen der Frauen nicht beizukommen ist. An diesem Beispiel zeigt es sich, das die Tau-Frauen die körperliche Überlegenheit ihrer Männer zwar eingestehen, diese aber in keiner Weise würdigen. Die Rohkraft des Mannes ist in diesem Matriarchat dem Verstand der Frau unterlegen. Selbst ein gefeierter Held wie Honga ist einer jeden Frau des Stammes untergeordnet, wiewohl er aber einen gewissen Schutz und Status geniest, ein Taburecht. Auf der untersten Stufe stehen die „Schmutzigen“, die sich nur für Grob- und Schwerarbeiten eignen. Die Männer wohnen in bis zu 150 Schritt (100 Körperlängen) langen Pfahlbauten, den sogenannten Männerhäusern, darum gruppieren sich die Hütten der Frauen, in denen sie allein oder mit ihren Töchtern leben. Männliche Kinder werden schon bald nach der Geburt in die Männerhäuser umgesiedelt, werden nur zu gewissen Zeiten von Ammen betreut und haben in den seltensten Fällen eine längerwährende Bindung zu ihren Müttern. Das ausschließliche Verkehrsmittel der Tau ist das Boot. Es gibt Einbäume, Doppelboote und Auslegerboote, ebenso Flöße; größere Schiffe dagegen nicht. Es gibt weder Reit- noch Zugtiere, was wegen der verhältnismäßig geringen Entfernungen zu Lande kein Nachteil ist. Als Ausnahmeerscheinung gibt es aber auch den Flugdrachen.
Waffen und Werkzeuge bestehen ausschließlich aus natürlich vorkommenden Produkten wie Tierknochen, Fischbeinen und Steinen (Obsidian!). Bekannt sind Äxte, Messer, Pfeil und Bogen und Wurfwaffen. Bei den Speeren überwiegt der Dreizack, der sich besonders für den Fischfang bewährt hat. Schwerter findet man dagegen selten. Metallgewinnung und -Verarbeitung kennen die Tau nicht. Ihre Kultur steht auf der Stufe der Steinzeit. Waffen aus Eisen, wie sie sich im Besitz der Feuergöttin finden, stammen aus den Ländern von südlich der Großen Barriere und sind Geschenke oder Leihgaben der Amazonen.
Die Kleidung ist zweckmäßig und einfach, besteht zumeist aus Fellen und Häuten von Land- und Meerestieren’, aber auch aus den weniger widerstandsfähigen Pflanzenfasern. Durch den Vulkanismus der Insel herrscht warmes Klima mit hoher Luftfeuchtigkeit und mitunter tropischen Verhältnissen. Die Tau schmücken sich mit Tiertrophäen und Fetischen zum Schutze gegen die Mächte aus der Schattenzone. Die Tau bestatten ihre Toten auf dem Meer; sie schicken sie auf Flößen oder sargähnlichen Einbäumen in die Totensee hinaus. Der Glaube an Seelenwanderung und Wiedergeburt ist nicht fremd, aber nur dem „Helden“ oder der „Göttin“ gesteht man mehrere Leben zu.
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