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Im Schatten des Mondlichts - das Erbe

Im Schatten des Mondlichts - das Erbe

Titel: Im Schatten des Mondlichts - das Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Bidell
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Abschürfungen an den Handgelenken nichts zu fehlen. Also, wie heißt du und woher kommst du?«
    »Samuel McConnor. Aus Seattle. Was ich in Barcelona mache ...?«
    »Du weiß also nicht, wie du hierher gekommen bist, oder was mit dir geschehen ist? Wohnst du in einem Hotel hier in der Stadt?«
    Eine kurze Pause trat ein.
    »Du erinnerst dich an nichts?« Ikers besorgte Stimme klang glaubwürdig. Naomi konnte kaum fassen, wie gut er seine Rolle spielte.
    »Nein. An überhaupt nichts«, flüsterte Sammy. »Welchen Tag haben wir?«
    »Sonntag, den 18. Juli«, antwortete Iker.
    »Das Letzte, woran ich mich erinnere, ist die Silvesterfeier mit meinen Kumpels in Seattle Neunzehnhundertachtundneunzig. Aber was war bloß im letzten halben Jahr?« Sammys Stimme klang verzweifelt.
    »Es ist besser, wenn ich die Polizei anrufe und einen Arzt.« Naomi hörte, wie er die Tasten des Telefons drückte. »Dir fehlt nicht nur ein halbes Jahr, sondern dir fehlt die Erinnerung an fast fünfzehn Jahre. Irgendetwas muss dir zugestoßen sein, was diese Gedächtnislücke ausgelöst hat. Vermutlich sucht man schon seit Jahren nach dir.«
    Diese Nachricht hatte Sammy offenbar die Worte geraubt. Nach wenigen Sekunden hörte Naomi, wie Iker die Polizei anrief und auf Spanisch einige Erklärungen ablieferte.
    Während Iker sprach, schlich sie die Treppenstufen hoch und betrat ihr Apartment, wo sie sich mit Roman und Kai die nächsten Stunden verstecken würde.
    Naomi erzählte Roman jedes Wort und endete damit, dass Sammy sich an nichts mehr erinnern konnte. »Niemals hätte ich gedacht, dass der Kuss Sammys gesamtes Erinnerungsvermögen auslöschen könnte. Vermutlich hat er sich in jener Silvesternacht zum ersten Mal verwandelt. Darum fehlt ihm jegliche Erinnerung an die folgende Zeit. Was auch in den vergangenen Jahren passiert sein mochte, alles steht irgendwie im Zusammenhang mit unserem Leben als Seelenbegleiter.«
    »Naomi, das ist seine gerechte Strafe für alles, was er angerichtet hat. Vielleicht kann er jetzt neu anfangen. Wir werden jetzt auf alle Fälle endlich ohne Angst aus dem Haus gehen können.« Roman rutschte dichter an Naomi heran, die an der Wand gelehnt auf dem Fußboden saß. »Und weißt du was? Sobald du fit genug bist, gehen wir groß Essen, bummeln dann durch den Stadtpark und holen uns ein Eis in der Fußgängerzone.« Roman lächelte. »Ich kann noch gar nicht glauben, dass wir endlich sorglos durch die Stadt spazieren können.«
    »Ob ich dich für eine Joggingtour am Meer begeistern kann?«, fragte Naomi und sah sich schon an den Segelbooten entlang laufen, die Seeluft tief in ihre Lungen saugen und das Rauschen der Wellen, die an den Strand schwappten, genießen.

Neunzehn
    Vier Tage später fuhr Iker an den Flughafen, um Romina und Leandra abzuholen. Am Telefon hatte Naomi vermieden, über die vergangenen Tage zu sprechen. Sie würden früh genug erfahren, was sich während ihrer Abwesenheit abgespielt hatte.
    Die Polizei hatte Sammy mitgenommen und mithilfe des amerikanischen Konsulats seine Sozialversicherungsnummer herausgefunden. Die ersten Ziffern bestätigten, dass sie tatsächlich in Seattle ausgestellt worden war. Aufgrund der Angaben, wo er früher gewohnt hatte und über den Namen seiner Eltern war es für die Behörden kein großer Aufwand mehr gewesen, seinen damaligen Wohnort festzustellen. Er war bereits an die Behörden in Seattle überstellt worden, die ihn zunächst in eine Rehaklinik überwiesen hatten. Die Polizeibeamten in Barcelona hatten sich recht auskunftsfreudig gezeigt und Iker mitgeteilt, dass sie leider keine lebenden Verwandten mehr ermitteln konnten. Er habe zwar einen Bruder, der in England wegen schwerer Körperverletzung gesucht wurde, doch der sei spurlos verschwunden. Da Sammy jedoch außer seines Gedächtnisverlusts gesund sei, solle er nach einem kurzen Klinikaufenthalt bald entlassen werden und ein staatliches Arbeitsprogramm antreten.
    Naomis Rücken heilte gut, und auch Roman klagte nicht mehr über Schmerzen in der Schulter. Auf die Wunde an seiner Augenbraue wies nur noch ein leicht verschorfter Riss hin.
    Iker hatte die letzten Tage immer wieder verwundert reagiert, wenn er Kai hochgenommen hatte und dieser auf seinem Arm noch lauter brüllte, als auf Romans oder Naomis. Manchmal fiel es Naomi schwer zu glauben, dass sich ihr Leben jetzt in normalen Bahnen abspielen würde und sie sich keine Sorgen um Kais Zukunft machen musste. Ihm lag die Welt zu Füßen, und er

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