Im Sog der Gefahr
»Das ist eine ernste Sache. Du hättest sterben können. Was zum Teufel hast du dir nur dabei gedacht, dich auf einen Mann mit einer Waffe zu stürzen?«
Er sah sie unverwandt an, bis sie nicht mehr ärgerlich war. »Das würde ich jederzeit und immer wieder tun. Wenn du mit diesem Teil von mir nicht leben kannst, dann gehst du besser jetzt gleich.« Allerdings würde er sie auf gar keinen Fall gehen lassen.
Sie stützte das Gesicht in die Hände und sah unendlich erschöpft aus. Dass er angeschossen worden war, hatte ihr nicht gerade gutgetan. »Wie soll das mit uns funktionieren? Du hast deinen Job in Bamfield. Ich weiß nicht mal, ob ich überhaupt noch einen Job habe, wenn diese ganze Sache vorbei ist. Vielleicht sollte ich kündigen.«
»Wage es nicht, zu kündigen. Ich bin so stolz auf dich. Du bist eine so gute Polizistin.«
Und schon war sie wieder bei ihm, im Hier und Jetzt, und musste sich mit ihm auseinandersetzen, statt mit ihren Ängsten und Sorgen. Und wer hatte keine Ängste und Sorgen? Er strich mit dem Daumen über ihre Hand. »Ich kann überall arbeiten. Und irgendetwas sagt mir, dass Thom mich nicht mehr zu seinem Schutz braucht.«
»Dryzek und seine Kumpane wurden verhaftet«, bestätigte sie. »Er hat zu Protokoll gegeben, Milbank sei dafür verantwortlich gewesen, dass Thom damals vor deinem Austritt aus der Army zusammengeschlagen wurde. Sowohl er als auch Ferdinand leugnen den Schmuggel, aber die Jungs von der Drogenfahndung bearbeiten sie. Die gehen mit Sicherheit in den Knast.« Sie wagte ein kleines Lächeln. »Mike Toben hat eine üble Gehirnerschütterung, aber er wird wieder … soweit das möglich ist, wenn man bedenkt, was er gerade über seine Eltern erfahren hat. Ich muss noch mit ihm sprechen.« Sie biss sich auf die Lippe. Nach allem, was passiert war, schien ihr das zu widerstreben.
Draußen im Gang entdeckte er Thom und Laura. Aber was ihn wirklich erstaunte, war Brent, der in ein Gespräch mit einem großen, breitschultrigen Mann in Polizeiuniform vertieft war. Da prallten buchstäblich Welten aufeinander.
Er wandte sich wieder der vielschichtigen und ganz besonderen Frau an seiner Seite zu. »Ich mache mir nicht viel aus Geld, was mich auf lange Sicht wohl zu einer schlechten Partie macht. Vertrauen und Treue sind die Dinge, die mir immer wirklich wichtig waren. Und jetzt auch Liebe. Ich liebe dich. Ich vertraue dir, und ich werde dir bis ans Ende meiner Tage treu sein. Über den ganzen Rest können wir uns währenddessen verständigen, bis auf die Tatsache, dass ich mich für dich vor eine Kugel werfen würde. Das steht fest.«
Sie versuchte, zu lächeln, aber sie sah völlig mitgenommen aus. Ihr Haar war zerzaust, sie hatte verblasste, gelbstichige Blutergüsse unter den Augen und trug ein blutverschmiertes Hemd – sein Blut, Gott sei Dank.
»Ich sollte dich gleich hier und jetzt fragen, ob du mich heiraten willst. Die Schuldgefühle wegen meiner Schusswunde sollten dich schneller zum Altar treiben, als du kalte Füße kriegen und deine Meinung ändern kannst.«
Entrüstet öffnete sie den Mund. »Ich bin nicht schuld daran, dass du angeschossen wurdest. Und wenn Schuldgefühle als Basis wirklich deine Vorstellung von einer gesunden Beziehung sind, dann musst du noch eine Menge lernen.«
Er schluckte den dicken Kloß hinunter, der sich in seinem Hals bildete. »Ich weiß. Ich habe so etwas noch nie gemacht.«
Wieder schwammen Tränen in ihren Augen, aber zum Glück wurden sie von schweren Schritten unterbrochen, als ein großer Mann in schicker Uniform auf sie zukam. Holly wandte sich um, hob den Blick und fiel dem Mann um den Hals.
»Sie müssen Finn Carver sein.« Der Mann streckte ihm die Hand entgegen.
»Sie müssen mein zukünftiger Schwiegervater sein.«
Der Mann lachte, und Holly legte eine Hand auf seinen uniformierten Arm. »Die Kunst der Romantik musst du ihm noch beibringen, Daddy.«
»Oh, ich weiß nicht, nach allem, was man so hört, habt ihr zwei das schon ganz gut drauf.«
Hollys Gesicht wurde feuerrot, und selbst Finn spürte, wie ihm die Hitze in die Wangen stieg.
»Ich möchte mich bei dir bedanken, Sohn.« Feierlichkeit leuchtete in seinen braunen Augen. »Dafür, dass du das Leben meines Officers gerettet hast. Und das Leben meiner Tochter.«
Finn war ziemlich sicher, dass er jetzt ebenfalls weinte, nahm aber an, dass er dank der Schusswunde wohl damit durchkommen würde. »Gern geschehen, Sir.«
Und dann kam sein Bruder gefolgt von
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