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Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Titel: Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
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Claude jedoch nicht davon abhalten, das Thema anzuschneiden, wenn er meint, dass er daraus einen Vorteil ziehen kann. Der Mann ist ja nicht unbedingt für sein Taktgefühl bekannt.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, für Webster zu arbeiten«, knurrte Peter und schüttelte den Kopf. »Die Erntehelfer sagen, dass er hundsgemein und verdammt brutal ist.«
    »Vielleicht kommt es gar nicht so weit. Ich habe schon mit Carla über die finanzielle Lage des Weinguts, Rolfes Überziehungskredit und die Absatzmöglichkeiten für den Wein, den wir soeben geerntet haben, gesprochen. Das Geld könnte eine Zeit lang knapp werden, aber ich hoffe ebenso wie du, dass sie sich dazu entschließt, das Weingut zu behalten.« Sie machte sich daran, das Geschirr abzuwaschen. »Bleibst du noch so lange, bis das Testament verlesen wird?«
    »Tom hat mich darum gebeten, als Zeuge sozusagen. Glaub aber bloß nicht, dass Rolfe mir irgendetwas vererbt hat.« Sein kantiges Gesicht verzog sich zu einer Grimasse.
»Ich werde den Kerl wirklich vermissen. Er war zwar ziemlich wortkarg, aber was soll’s? Er hat sich zu Tode geschuftet und jede Minute darauf verwendet, das Weingut aufzubauen. Nach Angaben seines Arztes hat seine Pumpe zum Schluss nicht mehr mitgemacht.«
    »Ich weiß. Wir werden ihn alle sehr vermissen«, sagte Angie leise. Peter hatte recht. Rolfe hatte seine Zeit nicht mit überflüssigem Geschwätz verbracht, selbst dann nicht, wenn er in geselliger Runde war. Seine Gespräche drehten sich einzig und allein um die Reben, die bevorstehende Weinlese und seine künftigen Pläne für Valley View. Außerdem hatte er selten über sein Leben in Australien gesprochen und niemals über seine Kindheit. Daher vermutete sie, dass er irgendein Trauma gehabt haben musste, das er in sein Unterbewusstsein verbannt hatte. Sie wusste jedoch einige persönliche Dinge über ihn - über sein Leben in Italien, wie er Gina begegnet war und sie geheiratet hatte und wie sie nach Neuseeland gezogen waren. Sie war sicher, dass selbst Carla nur wenig über Rolfes Kindheit wusste, weil er sich standhaft geweigert hatte, über die Vergangenheit zu reden.
    Carla steckte den Kopf durch die Küchentür. Sie warf Peter und Angie ein schiefes Lächeln zu. »Wenn ihr fertig seid, würde Tom gerne das Testament verlesen. Er meinte, es sei besser, es hier zu tun, damit wir nicht alle in sein Büro kommen müssen.«
    »Ich bin gleich so weit«, sagte Angie. Sie spülte sich den Schaum von den Händen und trocknete sie an einem sauberen Geschirrtuch ab. Um Carlas Augen hatten sich Sorgenfalten gebildet, und sie bemühte sich tapfer, die Haltung zu bewahren. Rolfes Tochter gelang es zwar, sich nach außen hin unter Kontrolle zu halten, aber in Wirklichkeit stand sie kurz davor umzukippen.

    Tom, Peter, Angie und Carla saßen um den Esszimmertisch. Sam, der an alldem nicht interessiert war, war mit seinem Meccano-Baukasten beschäftigt, den er so liebte und den Rolfe ihm geschenkt hatte.
    Tom saß am Kopfende des rechteckiges Tisches. Er fuhr mit der linken Hand über seine Glatze und strich die wenigen Haarsträhnen, die ihm noch geblieben waren, nach hinten, während seine Rechte einen Ordner und andere Dokumente aus einem Attachékoffer nahm und sie auf den Tisch legte.
    »Ein trauriger Anlass«, begann er. Dann räusperte er sich und setzte seine Brille auf. »Rolfe und ich waren gute Freunde, und ich werde ihn sehr vermissen, wie wir alle. Und weil wir ihn alle gut kannten, wissen wir, dass er gut organisiert war. Er hat ein einfaches Testament hinterlassen, das vor einem Jahr erneuert wurde, damit daraus klar ersichtlich ist, wer was bekommt.
    Da es sich um ein formelles Dokument handelt, bin ich gesetzlich verpflichtet, es ganz vorzulesen. Daher sollten irgendwelche Fragen in diesem Zusammenhang erst nach der Verlesung gestellt werden.«
    Carla blinzelte heftig, um die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Nicht jetzt. Später kannst du dir die Augen ausheulen, aber zunächst einmal musst du dies durchstehen, redete sie sich gut zu. Das Testament legte unerbittlich Zeugnis davon ab, dass ein geliebter Mensch gestorben war und diese Welt für immer verlassen hatte. Als Derek gestorben war, hatte sie all das schon einmal durchlitten. Nicht, dass ihr verstorbener Mann viel zu vererben gehabt hätte. Außer einigen sentimentalen, wertlosen Schmuckgegenständen, dem Schmuck seiner Mutter und einigen Aktien, die treuhänderisch verwaltet wurden und Sam zustanden, hatte

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