Immer dieser Knasterbax
basta!“ Mit einer barschen Handbewegung
schnitt er dem Mann jedes weitere Wort ab. Dann wandte er sich an den Jungen.
„Verdienst du schon Geld?“
„Nein“, antwortete der Junge,
„ich muß noch sechs Jahre zur Schule gehen.“
„Gut“, sagte Knasterbax, „wenn
du verdienst Geld, kommst du sofort und gibst liebes Mann zwanzig Mark,
verstanden?“
Der Junge nickte eifrig. Der
Mann aber war mit dieser Anordnung nicht einverstanden.
„Soll ich sechs Jahre auf meine
Scheibe warten?“ brüllte er. „Sein Vater hat Geld, der kann den Schaden
bezahlen!“
„Vater hat nix gemacht kaputt“,
erklärte Knasterbax. „Was Sohn macht kaputt, muß Sohn auch bezahlen.“
Nach diesen Worten ließ er den
Mann stehen, drehte sich um und ging fort. Die Kinder, die die erstaunliche
Rechtsprechung schweigend miterlebt hatten, sprangen johlend auseinander und waren
im Nu verschwunden.
Der Mann brauchte eine Weile,
bis er die Sachlage begriff. Als er wieder Luft kriegte, stampfte er zornig mit
den Füßen auf und verwünschte alle Männer, die eine grüne Uniform trugen, und
die Gastarbeiter unter ihnen ganz besonders, aber nur sehr leise, damit er
nicht noch einmal fünf Mark für eine Beleidigung bezahlen mußte.
Während der Räuber in
Polizeiuniform mit langen Schritten durch die Stadt marschierte und ein
strenges Gesicht machte, weil das immer gut zu einer Uniform paßt, saß der
Polizist in Räuberkleidung am Waldrand und biß hungrig in einen dicken Stengel Futterkohl. Neben ihm lag eine gelbe Rübe, die er
sich als Leckerbissen noch ein bißchen auf heben wollte. Es knirschte und
knarrte, als wenn zehn hungrige Hasen Karotten benagten. Siebenschütz spuckte
die Rinde des blaugrünen Stengels aus und schob das
würzige Mark bis auf den letzten Rest in den Mund. Schon griff er nach der
Steckrübe, als er einen Bauern mit einem Pferdewagen auf den Wald zufahren sah.
Der muß mir helfen! dachte er. Drei Wochen Räuberleben sind genug. Ich habe es
satt, in Scheunen und Strohhaufen zu schlafen und Futterkohl zu essen.
Schließlich bin ich ein Schutzmann!
Mit den Händen kämmte er sich
die Haare, so gut es ging, zupfte sich den Bart zurecht und glättete die verbeulte Räuberhose ein wenig. Dann stand er auf und ging dem
Bauern entgegen. „Heda, mein Herr!“ rief er. „Können Sie mir nicht aus der Not
helfen?“
Der Bauer schreckte auf. Er
hatte soeben im angenehmen Halbschlummer darüber nachgesonnen, was er mit dem
vielen Geld machen wollte, das er für seine Kartoffeln auf dem Markt bekommen
hatte und in einer dicken Brieftasche auf der Brust trug. Nun stand plötzlich
ein Räuber am Weg und rief ihn an. Der wollte bestimmt sein Geld haben.
„Hören Sie“, sagte Siebenschütz
dringend, „ich bin Polizist, der berühmte Räuberfänger Siebenschütz, Sie haben
bestimmt schon von mir gehört. Der Räuber Knasterbax hat mich überlistet und
meine Uniform angezogen. Seien Sie so gut und geben Sie mir einen andern Anzug,
damit keiner mich länger für einen Räuber hält!“
Der Bauer nahm die Peitsche in
die Hand und blickte von oben auf den Lumpenkerl hinab. Das wollte ein Polizist
sein? Niemals! Er glaubte ihm kein Wort. Sicherlich wollte der Bursche nur
einen seiner gemeinen Tricks an ihm ausprobieren. Aber damit sollte er kein
Glück haben! So klug wie der Räuber war er auch. Wenn nicht noch klüger!
„Steig auf!“ rief er dem
Tagedieb zu. „Ich fahre dich zur Polizei. Es ist nur zwei Kilometer von hier.
Dort wird man dir bestimmt eine neue Uniform geben, wenn du ein wirklicher
Schutzmann bist.“
Siebenschütz schüttelte heftig
den Kopf.
„Lieber, guter Mann“, sagte er,
„das geht nicht! Die Polizei glaubt mir nicht, weil ich keinen Ausweis habe.
Der ist in meiner Uniform.“
„Soso“, sagte der Mann, „aber
ich soll dir glauben? Du bist ja ein ganz Schlauer!“
„Sie müssen mir glauben“,
flehte der Polizist. „Wenn ich erst anderes Zeug habe, kann ich beweisen, daß
ich kein Räuber bin.“
„Wer einem Räuber anständiges
Zeug gibt, kommt ins Gefängnis“, sagte der Bauer. „Und du bist ein Räuber. Oder
hast du die Steckrübe da in deiner Hand etwa nicht von meinem Feld gestohlen?“
„Natürlich habe ich das!“
schrie Siebenschütz verzweifelt. „Soll ich denn verhungern!?“
„Das wäre das Beste“, rief der
Bauer, „von mir kriegst du nicht mal einen andern Hut!“ Und er gab den beiden
Pferden einen Schlag mit der Peitsche, daß sie zu traben anfingen und
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