Immortals after Dark 05 - Verfuehrung der Schatten
Menschenfrau namens Néomi.
Ungewollt stieg vor seinem inneren Auge das Bild auf, wie sein Schwert in Néomis Leib fuhr … Er verdrängte es. Cade war ein Meister darin, unangenehme Tatsachen zu verdrängen.
Selbst wenn sie den Vampir gefangen genommen und gefoltert hätten, um die gewünschte Information aus ihm herauszubekommen, gab es doch nichts, was sie ihm hätten antun können, das schlimmer gewesen wäre, als ihm seine Braut zu nehmen. Also würden sie auf diesem Weg nicht weiterkommen.
Wieder einmal Cades Schuld.
„Omort kennt unsere Absichten vermutlich bereits“, sagte Rydstrom. „Er wird dabei nicht einfach untätig zusehen – er wird jeden losschicken, der ihm zur Verfügung steht, um uns davon abzuhalten, das Gefäß zu Groot zu schaffen.“
„Kommt mir schon ein bisschen ironisch vor: Ausgerechnet wenn ich herausfinde, dass meine Frau kein für mich verbotener Mensch mehr ist, muss ich sie ausliefern.“
„Du kannst doch gar nicht sicher sagen, dass sie die Deine ist. Und selbst wenn, darfst du deine Verantwortung nicht aus den Augen verlieren. Das letzte Mal, als das Königreich von dir abhing …“ Er verstummte. „Jetzt musst du das Richtige tun.“
Bei der Erinnerung an sein Versagen stiegen erneut Schuldgefühle in ihm auf, und Cade stieß Holly von sich. Blitzartig setzte sie sich kerzengerade hin, offensichtlich war es ihr peinlich, dass sie sich immer noch an ihn geklammert hatte.
„Dann muss ich also nicht zum Haus zurückfahren“, sagte Rydstrom. „Wir treffen uns um elf Uhr an der Tankstelle nördlich vom See und machen uns dann auf den Weg.“
„Ich bin da, Punkt elf Uhr.“
Nachdem er das Gespräch mit Rydstrom beendet hatte, rief Cade Rök an, seinen Stellvertreter und Mitbewohner. „Ich habe vorhin versucht, dich zu erreichen, damit du mich unterstützt“, sagte Cade auf Dämonisch. „Kurz bevor ich dann ganz auf mich allein gestellt den Schlupfwinkel der Demonaeus-Brüder gestürmt habe.“
„Ach, echt?“, fragte Rök gelangweilt. „Da hatte ich gerade ’ne Tussi da.“
„Wann hast du das nicht? Ich brauch dich bei mir zu Hause.“
„Was ist denn los?“, fragte Rök, um gleich darauf eine weibliche Stimme zum Schweigen zu bringen, die „Komm zurück ins Bett“ murmelte.
Rasch berichtete Cade, was inzwischen vorgefallen war. Er endete mit: „Sei einfach in zehn Minuten zur Stelle.“
Sobald er das Telefonat beendet hatte, blickte Cade zu Holly hinüber, die wie betäubt durch das zerstörte Fenster hinaussah. Ihr Haar begann langsam zu trocknen und hing in wirren rötlich blonden Locken um ihr Gesicht. Er wartete seit über einem Jahr darauf, ihre Haare einmal aus diesem engen Knoten befreit zu sehen, den sie ständig trug, und hatte sich diese Situation schon tausendmal vorgestellt.
Mit Locken hatte er nicht gerechnet. Wie sie sie hassen musste. Bestimmt betrachtete sie sie als einen weiteren Aspekt ihres Lebens, den sie nicht kontrollieren konnte.
Sie wirkte so verloren. Er ballte die Hand zur Faust, um sich davon abzuhalten, sie noch einmal zu berühren. Er musste stark bleiben. Cade durfte ihr unter keinen Umständen noch mehr verfallen.
Nach all den Monaten, die er sie beobachtet hatte, faszinierte sie ihn mehr und mehr. Während er oben auf dem Dach des Hauses neben dem ihren gesessen hatte, hatte er ihren strengstens reglementierten Tagesablauf beobachtet. Dazu gehörte unter anderem, dass sie eine Stunde in ihrem privaten Swimmingpool auf dem Dach Bahnen schwamm, drei Stunden pro Tag an ihrer Dissertation arbeitete und dass sie je eine Stunde morgens und abends ihre sowieso schon makellose Wohnung putzte.
Anfangs hatte Cade sich nur verwundert am Kopf gekratzt, angesichts der sich ständig wiederholenden Verhaltensweisen und der Putzsucht dieser seltsamen kleinen Sterblichen. Doch inzwischen zuckte er darüber einfach nur die Schultern. Das war ein Teil dessen, was Holly so einzigartig machte.
Wenn er sie in der Universität beobachtet hatte, hatte sie manchmal gedankenverloren dagesessen und war mit ihren Lippen über ihre Perlenkette gefahren, oder sie hatte von einem Geistesblitz beflügelt wie wild auf ihrer Tastatur herumgetippt.
Cade hatte sie auch mit ihrem Freund zusammen beobachtet. Es hatte ihm jedes Mal ein wildes Vergnügen bereitet, wenn sie diesem Wichser nicht die Lippen dargeboten, sondern ihren Kopf im letzten Moment gedreht hatte, sodass sein Mund nur ihre Wange berührte. Dieser Mann hatte nie die Nacht bei ihr
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