Immortals after Dark 05 - Verfuehrung der Schatten
Prolog
Rothkalina, das Königreich der Wutdämonen
Ein längst vergangenes Zeitalter
Cadeon Woede stieß zuerst auf die kopflosen Leichen seines Pflegevaters und seiner Pflegebrüder. Alle drei waren bei der verzweifelten Verteidigung ihres Heims umgekommen.
Ihre Überreste lagen auf dem Boden verstreut, nahe eines zerstörten Teilstücks der Barrikaden, die ihren Hof umgaben. Cadeon erkannte in dem grausamen Gemetzel das Werk von Wiedergängern – lebenden Leichen, die von Omort dem Unsterblichen ausgesandt worden waren, dem am meisten gefürchteten Feind ihres Königreichs.
Er blickte sich um und erschauerte. Sein Verstand weigerte sich, zu akzeptieren, was er sah …
Die Mädchen …
Wie der Blitz stürmte er auf den kleinen Hügel hinauf, zu den schwelenden Überresten des Hauses seiner Familie. Möglicherweise war es seinen Pflegeschwestern gelungen, in den Wald zu fliehen. Mit wild pochendem Herzen durchsuchte er die Ruine, während er unablässig dafür betete, dass seine Suche erfolglos bleiben möge. Schweiß lief ihm über das Gesicht und in die Augen und vermischte sich mit Ruß und aufwirbelnder Asche.
An dem Ort, wo sich einst die Herdstelle befunden hatte, fand er die Überreste seiner jüngeren Pflegeschwestern. Sie hatten sie verbrannt, und zwar bei lebendigem Leib. Ihre Muskeln hatten sich in der Hitze zusammengezogen, ihre kleinen Körper auf dem Boden zusammengerollt.
Er taumelte nach draußen und würgte, bis seine Kehle ganz rau war. Niemand hatte überlebt.
Er fuhr sich mit dem Unterarm übers Gesicht und torkelte auf eine alte Eiche zu, an der er sich zu Boden gleiten ließ. Innerhalb eines einzigen Tages hatte man ihm alles genommen, was er auf dieser Welt geliebt hatte.
Die Bedrohung durch Omort war schon seit vielen Jahrzehnten spürbar, doch der dunkle Hexenmeister hatte sich mit seinem Angriff Zeit gelassen. Cadeon fürchtete zu wissen, warum.
Mein eigener Fehler. Er vergrub sein Gesicht in den Händen. Dies alles ist meine Schuld.
Für die meisten, die ihn kannten, war Cadeon ein einfacher Bauer ohne besondere Verpflichtungen. Aber er war von Geburt ein Prinz und der einzige Thronerbe seines Bruders. Ihm war befohlen worden, nach Burg Tornin zurückzukehren, um den Königssitz zu verteidigen.
Cadeon hatte den Befehl verweigert. Wer Tornin beherrscht, beherrscht das Königreich …
Plötzlich drückte sich kalter Stahl gegen Cadeons Hals. Er blickte teilnahmslos auf. Ein Dämon hatte sich hinter dem Baum versteckt gehalten und bedrohte ihn jetzt. Ein Wutdämon.
„Mein Herr wusste, dass du zurückkommen würdest“, sagte der Krieger. Seine Waffe und seine Kleidung verrieten, dass er ein Auftragsmörder war, den Omort gesandt hatte. Ein Verräter seiner eigenen Art.
„Bring’s endlich hinter dich“, flüsterte Cadeon, während sein Blut über die Klinge des Schwertes rann. Ihm war jetzt alles egal. „Worauf wartest du no…“
Ohne Vorwarnung steckte plötzlich ein Pfeil im Hals des Assassinen. Er ließ sein Schwert fallen und umklammerte mit beiden Händen den Pfeil, wobei er sich nur selbst den Hals mit den eigenen Klauen zerfleischte. Cadeon sah ohne jede Gefühlsregung zu. Als der Bastard auf die Knie sank, tauchte ein Reitertrupp auf.
Der Anführer trug leichte Rüstung und einen furchterregenden schwarzen Helm. Einen Helm, der weithin bekannt war. Es war König Rydstrom, Anführer aller Wutdämonen. Cadeons leiblicher Bruder.
Rydstrom setzte den Helm ab und offenbarte sein von Narben entstelltes Antlitz. Den meisten jagte allein dieser Anblick einen Mordsschrecken ein.
In Cadeons Adern wallten Groll und Verbitterung auf. In Gedanken erinnerte er sich an das letzte Mal, dass er Rydstrom gesehen hatte. Damals war Cadeon erst sieben gewesen. Als der Erbe seines Bruders war er vor zwölf Jahren von der königlichen Familie getrennt und fortgeschickt worden, um von nun an versteckt in der Anonymität zu leben, weit weg von Tornin, das häufig das Ziel von feindlichen Übergriffen war.
Die Erinnerung an seine Verbannung überwältigte ihn … Als Cadeons Kutsche sich in Bewegung gesetzt hatte, hatte Rydstrom – der für ihn einmal mehr wie ein Vater gewesen war – mit durchgedrückten Schultern und ausdrucksloser Miene dagestanden.
Cadeon wusste noch, dass er sich in diesem Moment gefragt hatte, ob es seinem Bruder überhaupt etwas ausmachte, dass er fortging.
Jetzt verschwendete der König keinen Atem auf eine Begrüßung seines jüngeren Bruders und
Weitere Kostenlose Bücher