Immortals after Dark 09 - Sehnsucht der Dunkelheit
einer Schere nach. »Darf ich sie dir schneiden?« Sie ging davon aus, dass er heftigen Widerstand leisten würde. Vermutlich trug seine Art die Haare gemäß irgendeinem Dämonenkriegerkodex immer lang. Aber nach kurzem Zögern nickte er. Wenn also nichts dagegensprach, sie zu schneiden, warum hatte er es dann nicht getan?
Weil er ein Mann ist? Wenn keine Frau in der Nähe war, würde wohl jeder Mann, den sie kannte, in einem bequemen Sessel voller Bierflecken vor dem Fernseher abhängen, müffelnde Shorts tragen und sich geistesabwesend im Schritt kratzen. Aber dieser Mann hier würde es tatsächlich zulassen, dass sie an ihm ein komplettes Umstyling Marke Dämon vornahm.
Ohne sich die Mühe zu machen, ihre Freude zu verbergen, sagte sie: »Bin gleich wieder da«, und lief zu den Rucksäcken der Soldaten. Sie schnappte sich ein paar T-Shirts, die sie als Waschlappen verwenden wollte, einen Kamm, einen Wegwerfrasierer und Rasierschaum. An dem Taschenmesser fand sie sogar eine kleine Schere.
Als sie zurückkehrte, war er von der Steinmauer aufgestanden und erwartete sie mit argwöhnischem Blick.
Sie setzte sich wieder hin, legte ihre Ausrüstung bereit und klopfte auf den Stein, damit er sich zu ihr setzte.
Er zögerte, ehe er ihrer Aufforderung Folge leistete.
»Okay, Dämon. Schritt eins: die Haare. Ich fang jetzt an.« Als sie endlich seine Zotteln entwirrt hatte, zitterte er beinahe. Da sie spürte, dass dies eine überaus heikle Situation war, ging sie mit größter Vorsicht vor. Der nervöse Blick seiner Augen verriet ihr, dass er ihr mehr gestattete als je zuvor einem anderen. Carrow kam sich vor, als ob sie einem Löwen einen Dorn aus der Pfote ziehen müsste.
Auch als sie ihm mit Sicherheit wehtat bei dem Versuch, seine verdreckten Zotteln mit einem Kamm zu entwirren, zuckte der Dämon nicht ein einziges Mal zusammen. Er gab keinen Ton von sich, ganz im Gegenteil – es schien ihn zu erregen.
Seine Augen wanderten ständig zu ihren Brüsten, und er bekam schon wieder diesen Schlafzimmerblick, der verriet, dass er sich gerade ausmalte, was er gerne alles mit ihnen anstellen würde. Offensichtlich stand der Dämon auf Möpse.
»Augen nach vorn, Dämon«, sagte sie.
Seine Antwort bestand in einem halbherzigen Knurren.
Nachdem sie sich schließlich ihre Niederlage im Kampf gegen die Knoten eingestehen musste, schnitt sie die schlimmsten einfach ab. Dann kürzte sie sein Haar im Nacken, sodass es ihm gerade bis über den Kragen reichen würde, wenn er denn einen tragen würde. Doch als sie begann, um die Hörner herumzuschneiden, krallte er seine Finger in den Felsen unter ihm. Carrow wusste, wie sensibel die Hörner eines Dämons waren, und diese hier wuchsen gerade, wurden immer länger. Sein Hals überzog sich mit einer tiefen Röte, und er schwitzte plötzlich.
Als sie einen der beiden versehentlich mit der Hand streifte, zerbröckelte der Fels unter seinen Händen. Nervös blickte sie auf das Werk der Zerstörung – und seine Erektion. »Malkom?«
Er nickte. Alles in Ordnung.
Behutsam setzte sie ihr Werk fort. Als sie mit dem Schneiden fertig war, trat sie einen Schritt zurück, um besser sehen zu können.
»Eine Riesenverbesserung.« Sicher, sein Gesicht war immer noch dreckig, mit dieser »Tarnfarbe« beschmiert und voller Bartstoppeln, aber sie konnte bereits sehen, dass zumindest eine grundlegende Attraktivität vorhanden war.
Ihre Neugier brachte sie beinahe um. Wie weit würde er sie gehen lassen?
»Und jetzt der Rest.« Sie riss eines der T-Shirts in vier Teile und begann, eines davon kräftig einzuseifen. »Das ist Seife. Dein neuer bester Freund.«
Als sie mit dem eingeschäumten Stoff über seine Stirn fuhr, schloss er die Augen, als würde er selbst diese kleine Berührung sehr genießen. Sie schrubbte die dicke Dreckschicht und legte bald glatte, gebräunte Haut frei. Wer hätte das gedacht? Seine Brauen waren hellbraun, mit einem leichten Goldschimmer. Er war womöglich blond …
Sie wusch seine Wangenknochen und die leicht schiefe Nase, dann schäumte sie den Rest seines Gesichts ein. Sie hatte noch nie jemanden rasiert – abgesehen von dem ein oder anderen Streich, bei dem Augenbrauen involviert waren – , aber sie war überzeugt, dass er nach ihrer Behandlung unmöglich schlechter aussehen konnte als jetzt.
Also zog sie den Rasierer nervös über seine hagere Wange und murmelte dabei: »Ich bin ein richtiger Henry Higgins.«
Alles, was unter der Farbe und den Stoppeln
Weitere Kostenlose Bücher