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In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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albern genug.
    »Das bin ich jetzt!«
    Damit hatte sie mich bezwungen. Ich war in die Ecke getrieben worden, machtlos, verzweifelt. In heller Wut sagte ich zu Pogo: »Wenn ich nur eine Pistole hätte!«
    Pogo lachte nicht und triumphierte nicht. Er bat nur: »Kate, gib mir eine Chance, die verlorenen Jahre wiedergutzumachen! Die Zeit mit dir war so wundervoll — laß sie mich noch einmal mit ihr erleben!«
    »Man kann die Vergangenheit nicht zurückholen.«
    »Ich kann es — mit ihr! Denk an alles, was wir zusammen erlebt haben...«
    Ich hielt mir die Ohren zu. »Nein! Ich will es nicht und kann es nicht!«
    »Ich kann es!« wiederholte er lauter. »Ich sehe alles wieder vor mir! Dich, wie du zuerst nach Paris kamst. Unsere erste kleine Wohnung auf der Insel St. Louis. Wie ich dich an der Hand durch die Pariser Straßen zum Cordon Bleu führte. Wie du für mich die beste Köchin der Welt werden wolltest und Angst hattest, du wärst zu dumm dazu.«
    »Jessica kann kochen«, sagte ich.
    Ohne es zu beachten, fuhr er fort: »Kate, denk an die Insel Skyros, auf der Rupert Brooke begraben liegt. Es regnete, aber du wolltest unbedingt gehen. Der Weg von der See zur Lichtung war verwachsen und vernachlässigt, und als du deine Blumen auf das Grab legtest —«
    »Nein! Nein!« sagte ich und kämpfte gegen die Tränen an.
    » —da hatten wir die romantische Idee, die Sonne würde hervorkommen, aber sie tat es nicht... Und der heiße Tag auf Sizilien, als wir den Jungen mit der Holztrompete trafen, der wie ein Renaissance-Page aussah und dir aus der Hand weissagte.«
    Ich bekam kein Wort über die Lippen.
    Er holte tief Luft. Er wollte mich mit Erinnerungen in die Enge treiben. »Kate — vor zwei Jahren bin ich durch die Straßen von Draguignan gegangen und habe an dich gedacht. Ich bin auf den Hügel zur alten Ruine gestiegen und in das Burgverlies, in dem wir Drachen gesucht und nur eine Schildkröte gefunden haben...«
    Ich wollte ihn nicht weiterreden lassen. »Man kann es nicht noch einmal erleben.«
    »Doch!« sagte er mit sanfter Stimme. »Man kann.«
    »Nein. Und es ist Unrecht!«
    »Nur, wenn man allein ist«, sagte er. »Kate — laß mich mit meiner Tochter zurückgehen, wo wir waren!«
    »O Gott!« sagte ich und weinte hilflos. Er hatte es geschafft. Ich war wieder jung, spürte die ganze Süße des Jungseins; die Erregung, die Sonne glühten in meinem Blut — und doch wußte ich zugleich nur zu gut, daß ich nicht mehr jung war.
    Jessica sah, daß ich weinte, und trat dicht an mich heran. »Mutter?«
    Ich wischte mir die Tränen mit der Hand ab und sagte: »Es kommt nur von dieser verdammten Schildkröte!«
    Pogo rief: »Wir gehen!« und wandte sich zur Tür.
    Jessica umarmte mich stürmisch.
    »Geht!« sagte ich. »Geht schnell!«
    Sie mußten erst noch meinem Vater Auf Wiedersehen sagen, dann mir, dann mich küssen, ihre Dankbarkeit aussprechen; und ich wünschte nur, daß sie gingen, schnell und ohne Umstände, und mich meinem Kummer überließen.
    Meine Tochter lachte, als sie hinausging, und weinte zugleich. Und im letzten Augenblick, gerade, als sie hinter Pogo her durch die Tür rannte, regte mein mütterliches Gefühl sich noch einmal, und ich rief: »Jessica — hast du auch bestimmt deinen Paß nicht vergessen? Und die kleine gelbe Karte, die dazu gehört? Die Bescheinigung über die Pockenimpfung! Sie lassen dich sonst nicht ins Land zurück!«
    Sie antwortete nicht. Sie war fort. Ich hörte die Haustür zuschlagen.
    Mein Vater sagte: »Katherine, ich wette mit dir tun zehn Cent, daß sie sie doch wieder ins Land lassen. Mit oder ohne gelbe Karte.«
    »Nein«, sagte ich. »Es ist gegen die Vorschriften.«
    Er legte seine Karten für ein neues Spiel aus, und für mich gab es nichts weiter zu tun: ich setzte mich und sah ihm zu.

    ENDE

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