In den Armen des Meeres
diesem Augenblick wollte er ihn ermorden.
»Tu es nicht!«, schrie Elysse und kam zu ihm gelaufen. »Bitte, Alexi ... für mich – für uns!«
Am liebsten hätte er dem Kerl den Hals umgedreht. Janssens Augen traten bereits hervor. Aber so sollte ihre Zukunft nicht beginnen. Er musste noch so viel erreichen.
Gautier kam und brachte eine Waffe mit. Alexi ließ Janssen los und stöhnte bei der Bewegung. Die Wunde in seiner Schulter brannte wie Feuer. Elysse half ihm auf, während Gautier die Waffe auf Janssen richtete.
Besorgt legte Elysse einen Arm um ihren Mann. »Du bist verletzt. Er hat dir eine Stichwunde zugefügt.«
Lorraine, die ebenfalls herbeigelaufen war, reichte ihr ein Taschentuch, das Elysse ihm auf die Schulter presste. »Es ist nur eine verdammte Fleischwunde«, beruhigte er sie. Dann sah er Gautier an. »Fesseln Sie ihn. Er wird nach Cape Coast gebracht, wo er wegen Piraterie und wegen der Entführung meiner Frau angeklagt wird. Unser Wort wird gegen seines stehen – ich werde Sie vor einer Anklage schützen.«
Gautier atmete erleichtert aus. »Danke, Monsieur.«
Elysse schlang die Arme um ihn. Sie zitterte. »Danke.«
Er hielt sie ganz fest. Und es fühlte sich vollkommen richtig an.
In der Schiffskabine sah Elysse zu, wie Alexi sich bei dem Chirurgen bedankte und ihn zur Tür begleitete. Sie war noch nie an Bord der Coquette gewesen, schon gar nicht in seiner Kabine, und sie war überrascht, wie einfach und pragmatisch der kleine Raum eingerichtet war. Sie hockte auf seiner Bettkante, einer schlichten Koje mit feinen Decken und einem Bücherregal, das in die Wand darüber eingelassen war. Auf dem Boden lag ein schöner orientalischer Teppich, und es gab einen Esstisch mit vier Stühlen, offensichtlich aus Spanien. Unter einem Bullauge stand ein schwerer Schreibtisch mit reichen Verzierungen. Der größte Teil der Tischplatte war von Seekarten bedeckt.
Alexi schloss die Tür und wandte sich zu Elysse um. Er trug kein Hemd. Seine Schulter war mit Jod eingerieben worden, und die Wunde genäht und verbunden. Während der Behandlung hatte er sich tapfer gehalten, obwohl Elysse der Meinung war, ein Schluck Brandy hätte den Schmerz der Chirurgennadel zu lindern vermocht. Sie hätte auch seine Hand gehalten, wenn er es erlaubt hätte, aber er hatte sie ungläubig angesehen, als er begriff, was sie tun wollte. Stattdessen hatte sie während des Eingriffs ihre eigenen Hände umklammert.
Sie war frei. Das Grauen des letzten Monats war vorüber, Alexi liebte sie – und offensichtlich hatte er das immer getan.
Nun lächelte er sie an. »Ich kann nicht glauben, dass du hier bist.«
Zitternd sah sie ihn an. Wenn er atmete, dann bewegten sich die Muskeln auf seinem Oberkörper. Dem Anblick von so viel männlicher Kraft hatte sie nichts entgegenzusetzen. Sie war hier bei ihm, auf seinem Schiff. Sie war keine Gefangene mehr. Und sie liebten einander ... »Ich habe nie aufgehört, daran zu glauben, dass du mich findest.« Tränen traten ihr in die Augen. »Wir sind endlich zusammen.« Sie sah ihn an und dachte nicht nur an ihre Entführung, sondern auch an die Trennung während der vergangenen sechs Jahre.
Sein Blick blieb unverwandt auf sie gerichtet. »Ja, wir sind zusammen.« Er hielt inne, regte sich nicht, nur sein Brustkorb hob und senkte sich bei jedem Atemzug. »Ich hatte Angst. Nein, ich war in Panik. Ich war von Panik erfüllt bei dem Gedanken, dich nicht wiederzufinden – und dass man dir etwas angetan haben könnte.«
»Ich hatte großes Glück.«
»So etwas kannst auch nur du sagen.« Langsam bewegte er sich vorwärts. Ihr Herz schlug schneller. Ein jähes Begehren erfasste sie, sie wollte in seinen Armen liegen, sich in der Leidenschaft verlieren, die ihre Liebe mit sich brachte. Doch gehörte die schreckliche Feindseligkeit der letzten sechs Jahre wirklich der Vergangenheit an? Alexi hatte ihr seine Liebe erklärt, und alles war verziehen, aber er kannte noch immer nicht die Wahrheit.
Als er sich neben sie setzte, nahm seine Miene einen ernsten Ausdruck an. Er ergriff ihre Hand. »Bist du sicher, dass der Schlag von Janssen das Schlimmste war, was dir geschehen ist? Du musst mir die Wahrheit sagen, Elysse.«
Sie nickte. »Ich wurde mit großem Respekt behandelt, Alexi. Die ganze Zeit über. Es war schrecklich, in dem kleinen, schäbigen Zimmer eingesperrt zu sein, aber ich habe jeden Tag mit Laurent zu Abend gegessen, und ich hatte Bücher zum Lesen. Ich durfte auch Briefe
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