In Den Armen Des Schicksals
kleineren Schatten neben sich. Iain lächelte, als er das Bild wieder vor sich sah. „Johns Sohn, natürlich. Das ist tatsächlich lange her. Und jetzt sind Sie wieder im Dorf zurück.“
„Aye. Wer hätte das gedacht, nach all den Jahren?“
„Wie geht es Ihrem Vater?“
„Er ist schon seit zehn Jahren tot.“
„Mein Beileid.“
„Danke. Aber ich kann mich glücklich schätzen, dass ich ihn so lange hatte.“ Alasdair lächelte.
An Alasdair Melville mochte nichts Auffallendes sein, aber er besaß ein Lächeln, das seinen Patienten mit Sicherheit sofort Zuversicht einflößte. Iain spürte Kompetenz und Entschlossenheit.
„Wo ist jetzt unsere Badenixe?“, fragte Alasdair.
„Sie sitzt putzmunter in der Küche. Ich glaube, ehrlich gesagt, nicht, dass ihr etwas fehlt.“
„Möglich, aber das würde ich doch gern selbst feststellen.“
„Das wird sicherlich nicht nötig …“
Alasdair hob eine Hand. „Es ist nötig, wenn ich es wagen will, zu Dr. Sutherland zurückzukommen. Wenn ich sie nicht untersuche, ende ich wie sein letzter Kollege.“
„Wie ist sein letzter Kollege denn geendet?“
Alasdair fuhr sich in einer vielsagenden Geste mit dem Zeigefinger quer über den Hals.
Iain lachte und geleitete den Arzt den Korridor hinunter. „Was hat Sie nach all den Jahren zurückgeführt, Melville? Ich hätte gedacht, Sie müssten sich glücklich schätzen, überall anders zu sein, anstatt mit dem Mann zusammenzuarbeiten, der Sie auf die Welt geholt hat.“
„Tatsächlich? Nein, das hier gefällt mir. Sie wissen schon, Kindheitserinnerungen und so. Und ich suchte nach einer guten altmodischen Praxis, wo ich die Menschen kennenlernen kann und wo ich es mit jeder Art von Krankheit zu tun bekommen kann. Das fordert einen.“
„Nun, dann sind Sie hier wohl richtig.“ Iain bog in die richtigen Gänge ab und stand schließlich vor der Küchentür. „Heute werden Sie allerdings nichts Interessantes zu sehen bekommen. Sowohl Billie als auch mir geht es so gut, wie man erwarten kann.“
„Billie also, ja?“
Iain drückte die Tür auf. „Billie, der Arzt ist hier.“
Doch da saß keine junge Frau mehr am Küchentisch, wo er sie zurückgelassen hatte. Iain bekam schon einen Schreck, bis er sie beim Herd erblickte, wo sie die kupfernen Pfannen und Töpfe umsortierte, die von dem Metallgitter herunterhingen. „Könnten Sie mir vielleicht sagen, was Sie da tun?“
„Die hingen alle verkehrt, Iain. Ein guter Koch hat seine wichtigsten Werkzeuge immer griffbereit in Reichweite.“
„Sie sollten halb tot sein, junge Frau, und weder meinen Hund dressieren noch meine Küche umorganisieren.“
„Ich konnte noch nie gut still sitzen, selbst wenn ich gerade dem Tod von der Schippe gesprungen bin.“ Sie lächelte zerknirscht, dann kam sie mit ausgestreckter Hand auf Alasdair zu. „Ich habe das Gefühl, dass ich hier nicht dem alten Dr. Sutherland gegenüberstehe.“
Alasdair stellte sich vor, und Iain fiel auf, dass der junge Arzt Billies Hand einen Augenblick länger hielt, als die Höflichkeit es verlangte.
„Mir geht es gut“, sagte Billie. „Mir geht es sogar ganz prächtig. Vielleicht nur ein bisschen wackelig in den Knien, aber das vergeht schon wieder.“
„Na, umso besser“, meinte Iain trocken. „Da in der Ecke stehen Putzeimer und Schrubber. Dann können Sie sich ja jetzt die Böden vornehmen. Wenn Sie den Küchenboden geschrubbt haben, dann machen Sie gleich im ganzen Haus weiter.“
„Sie können so wunderbar böse schauen, Iain. Ich bin schon ganz schrecklich eingeschüchtert. Tut eigentlich jeder immer genau das, was Sie sagen?“
Alasdair lachte. „Hat er Sie herumkommandiert, Miss …?“
„Harper“, ergänzte sie bereitwillig. „Nein, dafür ist er viel zu vornehm. Er hebt nur tadelnd eine Augenbraue, damit ich mir klein und unbedeutend vorkomme.“
Iain wusste, dass sein Stirnrunzeln jetzt von einem Lächeln ersetzt worden war, ebenso wie er wusste, dass das nicht klug war. Billie Harper war wie unerwarteter Sonnenschein in einem wolkenverhangenen Leben. „Unbedeutend ist das Harmloseste, als was Sie sich fühlen werden, wenn Sie sich jetzt nicht da hinsetzen und sich von diesem Mann untersuchen lassen.“
Ihre Augen funkelten. Sie sah ihn unter diesen lächerlich wunderbaren Wimpern hervor an, und etwas tief in Iain reagierte darauf mit einem stillen Jubel. „Ich weihe mein Leben, Euch zu gehorchen, Mylord.“
Und einen Moment lang wünschte Iain, es könnte
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