In sanguine veritas - Die Wahrheit liegt im Blut (German Edition)
wiederholte er.
Etwas knallte gegen das Rollo und ich schrie erschrocken auf. Ängstlich vergrub ich meinen Kopf an Elias’ Schulter. Ich wollte erst gar nicht hinsehen.
„ Vor unserem Fenster ist nur ein Krieger“, entwarnte Melissa uns.
„Geht es euch gut?“, schrie der Vampir von draußen. „Ein paar sind eingedrungen.“
Meine Kehle schnürte sich zu.
„Es geht uns gut“, sagte Melissa und schloss das Rollo, um sich in der Nähe der Tür neu zu positionieren.
Unten hörte ich, wie Möbel zerstört wurden, Glas splitterte und immer wieder erklangen Schreie. Ich versuchte meinen Verstand einigermaßen klarzuhalten und mich auf Elias zu konzentrieren. Anastasija beugte sich über ihren Bruder und begann unter seinem schmerzvollen Wimmern die Wunde sauber zu lecken und sie zu verschließen. Mit einem Arm hielt sie dabei sein rechtes Bein fest, mit dem er verzweifelt versuchte, sie wegzuschieben. Er brauchte mehr Blut, aber von mir hatte er bereits getrunken, Ana hatte sich gerade erst von einer Attacke erholt und Melissa musste die Tür bewachen. Blieben von den Vampiren, die ich kannte, noch Heinrich, Jana, Hannah und Jan. Hannah fiel natürlich aus. Ich fasste einfach allen Mut zusammen und stellte die Frage in den Raum.
„Gibt es hier irgendwen, der satt genug ist, um ihm etwas Blut abzugeben?“
„Mir geht es gut“, protestierte Elias weiter. Dem Himmel sei Dank, begann Heinrich seinen Ärmel hochzukrempeln und setzte sich auf das Bett neben meinen Vampir.
„Trinkt, Prinz.“ Elias zögerte, doch ich strafte ihn mit einem so bösen und mahnenden Blick, dass er unsicher zubiss. Als er wieder abließ, fauchte Heinrich ihn an. „Trinkt mehr! Ihr wisst, dass es noch lange nicht gefährlich ist. Ich kann noch viel Blut abgeben.“
Eine fremde Vampirin gesellte sich dazu und verneigte ihren Kopf vor mir.
„Es wäre mir eine Ehre, den Prinzen nähren zu dürfen.“
Ich war überwältigt davon, dass sie mich um Erlaubnis bat , und ich nickte verblüfft. Letztlich trank Elias auch von ihr und danach wirkte er fast wieder normal.
„Danke“, flüsterte er der Vampirin und Heinrich zu.
Eine Weile lang herrschte Stille, dann schreckten wir zusammen, als wir Geräusche auf der Treppe vernahmen. Die Schritte waren hastig, endeten jedoch abrupt. Mit einem Rumpeln stürzte derjenige wieder nach unten.
„Sie kommen hoch“, fauchte Melissa und zog ihre Schwerter.
„Nein“, jammerte Jana und drückte Hannah an ihr Herz. Die Kleine musste unter einer Art Schock stehen, denn sie gab kein einziges Wort von sich. Draußen hörte ich, wie Magdalena mehr Leute ins Haus schickte, und in dem Moment wünschte ich mir, nicht so schwach und zerbrechlich zu sein. Wieder donnerten Schritte auf der Treppe und diesmal hielt sie niemand auf. Das erste Pochen und Knallen an unserer Türe ließ nicht lange auf sich warten. Einige der Vampire drückten den Schrank fest dagegen, aber auch dieses Hindernis würde sie nicht ewig aufhalten.
Gelähmt vor Angst sah ich meinen Vampir an. Er sprang auf und riss das Rollo hoch, öffnete das Fenster und sah hinaus.
„Sie warten da unten auf uns“, sagte er und schloss es wieder.
„Verdammter Mist !“, fluchte Melissa und versuchte weiterhin den Schrank an seinem Platz zu halten.
Elias sah hinüber zu Jana, welche immer noch weinend den Kopf schüttelte. Er nahm ihr Hannah ab und drückte sie mir in die A rme.
„Unter das Bett, schnell!“, befahl er mir mit flehenden Augen.
Ich tat, was er mir sagte, und drückte die kleine Vampirin fest an mich. Dabei streichelte ich ihr immer wieder über den Kopf und sprach ihr beruhigend zu – und das, obwohl sie keinen Mucks von sich gab. Es diente wohl eher dazu, mich selbst zu beruhigen. Wenn ich doch nur irgendwie helfen könnte! Hier zu liegen und auf den Tod zu warten, war das Grausamste überhaupt. Hannah schien langsam und leise wimmernd zu sich zu kommen und drückte sich fester an mich.
Das Poltern und Donnern an der Tür stoppte.
„Übergebt mir die Wandlerin und es wird keinem etwas geschehen“, tönte Bens Stimme von draußen.
„Nur über meine Leiche“, knurrte Elias zurück.
„Wie ihr wollt“, antwortete Ben vollkommen gleichgültig und der Lärm setzte wieder ein.
Ich sprach ein Stoßgebet zum Himmel, dass irgendetwas passi eren würde, was uns rettete, und ich weiß nicht, ob ich plötzlich bei Gott einen Stein im Brett hatte, aber in der Tat schienen die Vampirkrieger nachgerückt zu sein. Der
Weitere Kostenlose Bücher