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In seiner Hand

Titel: In seiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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geduldige, sie umsorgende Geliebte und der geschäftige, leidenschaftslose Schlachter.
    Offenbar setzte sie sich zur Wehr, denn er verpasste ihr einen weiteren leichten Klaps.
    »Was ist denn los, mein Liebes?«, fragte er. Ich nahm an, dass sie unter ihrer Kapuze mit einem Stöhnen reagierte, auch wenn ich es nicht hören konnte. »Tu ich dir weh? Was? Was ist? Einen Moment, Liebes.«
    Während er sie von ihrem Knebel befreite, konnte ich seinen keuchenden Atem hören. O ja, ich erinnerte mich nur allzu gut an dieses heisere Atemgeräusch.
    »Was ist los?«, fragte er noch einmal. »Du hast versucht, dich zu befreien.«
    Nun, da sie den Knebel los war, musste sie erst einmal husten.
    »Ist ja gut, mein Liebling. Nicht so hektisch, denk an die Schlinge um deinen Hals!«
    »Ich habe keine Luft mehr bekommen!«, stieß sie hervor.
    »Ich dachte, ich muss sterben!«
    »Ist das alles?«
    »Nein, nein!«
    Ein Verdacht begann sich in mir auszubreiten wie ein Tintenfleck, wurde rasch zur Gewissheit. Obwohl mir nun klar war, was gleich passieren würde, hatte ich keine Angst. Ich war bereits gestorben. Es spielte keine Rolle mehr.
    »Was denn noch?«
    »Ich will nicht sterben«, sagte sie. »Ich werde alles tun, um am Leben zu bleiben.«

    »Du dummes kleines Luder. Ich hab es dir doch gesagt.
    Ich will nichts von dir. Sie haben das Lösegeld nicht bezahlt. Habe ich dir das schon gesagt? Sie haben das Lösegeld nicht bezahlt. Und weißt du, warum nicht? Weil ich gar keines verlangt habe. Ha, ha, ha.«
    Er lachte über seinen eigenen Witz.
    »Und wenn ich Ihnen etwas verraten würde? Etwas wirklich Wichtiges? Würden Sie mich dann leben lassen?«
    »Was denn zum Beispiel?«
    »Würden Sie?«
    Er schwieg einen Moment. Offenbar war er tatsächlich beunruhigt.
    »Sag mir erst, was du weißt«, antwortete er in sanfterem Ton.
    Sarah sagte nichts, schluchzte bloß.
    »Raus damit, verdammt noch mal!«
    »Versprechen Sie es mir? Versprechen Sie mir, mich am Leben zu lassen?«
    »Erst musst du es mir sagen«, entgegnete er. »Dann lasse ich dich gehen.«
    Nun folgte eine lange Pause. Ich konnte Sarah keuchen hören. Ich wusste genau, was sie sagen würde.
    »Es ist jemand hier. Jetzt lassen Sie mich gehen.«
    »Was sagst du da?«
    Im selben Moment, als er aufstand, um sich umzusehen, trat ich aus dem Schatten. Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, mich auf ihn zu stürzen, doch es wäre zwecklos gewesen. Uns trennten fast zehn Meter. Ihm blieb zu viel Zeit. Ich warf einen Blick auf das Tor hinter ihm. Es hätte genausogut auf dem Mond sein können. Er kniff die Augen zusammen. Im hinteren Teil des Raums, wo ich stand, weit weg vom Tor, war es nach wie vor ziemlich dunkel.
    »Du?« fragte er und vergaß vor Verblüffung, den Mund wieder zuzuklappen. »Abbie. Wie zum Teufel bist du …?«
    Ohne Sarah anzusehen, trat ich einen Schritt auf ihn zu.
    Dabei blickte ich ihm direkt in die Augen.
    »Ich habe dich gefunden«, sagte ich. »Ich wollte dich finden. Es hat mich einfach wieder hergezogen.«
    »Ich habe überall nach dir gesucht.« Er blickte sich um.
    Offenbar befürchtete er, es könnte noch jemand hier sein.
    »Ich bin allein«, beruhigte ich hin. Ich hielt ihm meine Handflächen hin. »Schau. Ich habe nichts.«
    »Was zum Teufel tust du hier?«, fragte er. »Jetzt hab ich dich. Du bist mir entwischt, aber jetzt hab ich dich.«
    Ich lächelte ihn an. Inzwischen war ich völlig ruhig.
    Nichts spielte mehr eine Rolle. Ich dachte wieder an jene Tage in der Dunkelheit. Stellte mir vor, wie meine Zunge gegen den faulig schmeckenden Knebel drückte.
    Versuchte mich zu erinnern. Alles noch einmal zu durchleben.
    »Was meinst du mit: ›Du hast mich?‹«, fragte ich. »Ich bin zurückgekommen. Ich wollte zurückkommen.«
    »Das wird dir noch Leid tun«, entgegnete er. »Das wird dir noch verdammt Leid tun.«
    Ich trat einen weiteren Schritt vor.
    »Was willst du mit ihr?«, fragte ich. »Ich habe euch zugehört.« Ich wagte gleich noch einen Schritt. Nun trennten uns nur noch wenige Meter. »Ich habe gehört, wie du sie Liebes genannt hast. Dabei hatte ich das Gefühl, das hätte eigentlich ich sein sollen. Ist das nicht komisch?«
    Sein Blick wurde wieder misstrauisch.

    »Das ist gar nicht komisch«, antwortete er.
    Ich trat noch einen Schritt auf ihn zu.
    »Du hast mir gefehlt«, erklärte ich.
    »Warum bist du dann davongelaufen?«, fragte er.
    »Ich hatte Angst«, antwortete ich. »Aber hinterher habe ich nachgedacht. Du hast mich

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