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Inferno

Inferno

Titel: Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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kleine Diele in ein beengtes, schwach erleuchtetes Badezimmer. Im Spiegel über dem Waschbecken sah er zum ersten Mal seit der Flucht aus dem Krankenhaus sein Spiegelbild.
    Nicht gut . Langdons dichtes Haar war verfilzt, und seine Augen sahen blutunterlaufen und müde aus. Sein Kinn war von einem Stoppelbart bedeckt.
    Sienna drehte den Wasserhahn auf und hielt Langdons verletzten Unterarm unter das eisige Wasser. Es brannte, doch er hielt mit zusammengebissenen Zähnen still.
    Sienna nahm einen frischen Waschlappen und benetzte ihn mit antibakterieller Seife. »Vielleicht möchten Sie wegsehen.«
    »Keine Sorge, es macht mir nichts …«
    Sie schrubbte die Wunde gründlich, und glühendheißer Schmerz schoss Langdons Arm hinauf. Es kostete ihn all seine Konzentration, nicht protestierend aufzuschreien.
    »Wir wollen schließlich nicht, dass sich die Wunde entzündet«, sagte sie und schrubbte noch fester. »Abgesehen davon – wenn Sie die Behörden informieren wollen, sollten Sie wacher sein, als Sie es jetzt sind. Nichts aktiviert die Adrenalinproduktion besser als Schmerz.«
    Langdon hielt weitere volle zehn Sekunden durch, bevor er den Arm entschlossen wegriss. Genug! Zugegebenermaßen fühlte er sich stärker und wacher; das Brennen in seinem Arm überschattete die Kopfschmerzen völlig.
    »Gut«, sagte sie, drehte das Wasser ab und tupfte den Arm mit einem sauberen Handtuch trocken. Anschließend legte sie ihm einen kleinen Verband an. Langdon fiel etwas auf, das ihn zutiefst durcheinanderbrachte.
    Seit nahezu vier Jahrzehnten hatte er eine antike Mickey-Mouse-Sammleruhr getragen, ein Geschenk seiner Eltern. Mickeys lachendes Gesicht und seine wild kreisenden Arme hatten ihn tagein, tagaus ermahnt, häufiger zu lächeln und das Leben nicht so ernst zu nehmen.
    »Meine … meine Uhr!«, stammelte er. »Sie ist weg!« Ohne die Uhr fühlte er sich mit einem Mal unvollständig. »Hatte ich sie an, als ich ins Krankenhaus kam?«
    Sienna musterte ihn ungläubig angesichts der Tatsache, dass er wegen einer derart trivialen Angelegenheit so aufgebracht reagierte. »Ich erinnere mich an keine Uhr. Machen Sie sich einfach sauber, okay? Ich bin in ein paar Minuten wieder da, und dann finden wir gemeinsam heraus, wie wir Hilfe für Sie organisieren.« Sie wandte sich zum Gehen, stockte jedoch und sah ihm im Spiegel in die Augen. »Während ich weg bin, denken Sie besser genau darüber nach, warum jemand Sie töten will. Ich könnte mir vorstellen, dass das die erste Frage ist, die Ihnen die Behörden stellen werden.«
    »Warten Sie – wo gehen Sie hin?«
    »Sie können nicht halbnackt mit der Polizei reden, richtig? Ich organisiere ein paar Sachen zum Anziehen. Mein Nachbar hat ungefähr Ihre Größe. Er ist nicht zu Hause, und ich versorge seine Katze. Er ist mir was schuldig.«
    Mit diesen Worten wandte sie sich ab und war verschwunden.
    Robert Langdon drehte sich zu dem winzigen Spiegel über dem Waschbecken um. Er erkannte die Person kaum wieder, die ihm entgegenblickte. Jemand will meinen Tod. In Gedanken hörte er die Aufzeichnung seines eigenen delirierenden Gemurmels.
    Very sorry. Very sorry.
    Er durchforstete sein Gedächtnis nach einem Erinnerungsfetzen … irgendetwas. Er fand nichts als Leere. Langdon wusste nur, dass er in Florenz war und einen Streifschuss am Kopf hatte.
    Während er in seine eigenen müden Augen starrte, hoffte er fast, dass er im nächsten Moment im bequemen Lesesessel seines Wohnzimmers aufwachen würde, ein leeres Martiniglas in der einen Hand und eine Ausgabe von Die toten Seelen in der anderen, und dass er sich lediglich fest vornehmen müsste, niemals wieder Bombay Sapphire mit Gogol zu mischen.

KAPITEL 7
    Langdon streifte sein blutiges Krankenhausnachthemd ab und wickelte sich ein Handtuch um die Hüften. Nachdem er sich Wasser ins Gesicht gespritzt und den Unterarm gesäubert hatte, betastete er vorsichtig die Stiche an seinem Hinterkopf. Die Narbe schmerzte, doch wenigstens war sie kaum noch zu sehen, wenn er die Haare über die Stelle strich. Die Koffeinkapseln zeigten schon Wirkung, und endlich begann sich der Nebel in seinem Kopf zu lichten.
    Denk nach, Robert, versuch dich zu erinnern!
    Das kleine fensterlose Badezimmer entfachte plötzlich seine Klaustrophobie, und Langdon trat hinaus und durchquerte die Diele bis zu der halb offenen Tür, durch die natürliches Licht fiel. Der Raum dahinter war ein improvisiertes Arbeitszimmer mit einem billigen Schreibtisch, einem

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