Inselwaechter
Bekleidungsgeschäftes hier in Lindau – Biedermann. Frau Mahler hat am Freitagabend einen roten Schal dort erworben. Ein sehr edles Stück. Es war der Schal, den sie auch am Hafen unten getragen hat. Das steht zweifelsfrei fest. Herr Grohm hat Frau Agnes Mahler zuletzt am Freitagnachmittag gesehen. Da war er zusammen mit seiner Kollegin Wilms in der Kunstauktion im Haus Zeller. Diesen Schal hat Frau Mahler aber erst danach gekauft. In ihrem Hotelzimmer wie auch in ihrer Münchner Wohnung gibt es keinen weiteren roten Schal. Das haben uns auch Frau Schirr und Frau Wilms inzwischen bestätigt. Wie also, Herr Grohm, konnten Sie von diesem roten Schal wissen, den Sie so empathisch beschrieben haben? Doch nur, wenn Sie Frau Mahler am Samstagmorgen begegnet sind, doch nur, weil sie ihr so nahe gekommen sind, dass Sie diesen Schal haben rot leuchten sehen.«
Der Anwalt ging auf das Gesagte überhaupt nicht ein. »Inwieweit Ihre Bandmitschnitte überhaupt vor Gericht verwertbar sein werden, angesichts Ihres repressiven und vorverurteilenden Verhaltens meinem Mandanten gegenüber, wird an anderer Stelle zu prüfen sein. Ich wiederhole: Mein Mandant war nicht auf der Mole und er hat Frau Mahler nicht getötet.«
Lydia Naber lächelte einnehmend. »Na, immerhin gehen Sie zu Recht davon aus, dass es die Sache des Gerichts sein wird, die Fakten gegeneinander abzuwägen. Herr Grohm wird bis dahin in Haft bleiben, denn seine Einlassungen sind von geringer Überzeugungskraft, um es wohlwollend auszudrücken.«
Was die Aufzeichnungen von Agnes Mahler hinsichtlich Medikamentennamen und Dosierungen anging, hielt sie sich bedeckt. Ebenso wie über die laufenden Ermittlungen in den durch Grohms Stiftung betreuten Heimen. Noch durfte er glauben, sie wüssten davon nichts. Nachdem er nochmals mit dem Betrug bezüglich seines Doktortitels konfrontiert worden war und sein Anwalt kategorisch blockte, beendeten sie die Vernehmung. In der Türe dann drehte sich Lydia Naber noch einmal um. »Sie fragten mich, ob wir einen anderen Verdächtigen hätten. Wir fahren jetzt zu Herrn Frederic Gahde, den wir festgenommen haben. Es wird spannend werden, was er zu berichten hat.«
Es war wie ein Leberhaken für Grohm.
*
Kimmel stand immer noch unter Strom. Die ganze Zeit hatte er am Telefon gehangen, um die Sache im Taunus über die Bühne zu bringen. Es hatte einige Überzeugungskraft gebraucht den Kollegen dort zu erklären, dass es nicht nur darum ging Frederic Gahde festzunehmen, sondern auch darum, mögliche Spurenträger zu finden und sicherzustellen. Die Kollegin japste laut, als er von dem Kajak und der Kleidung berichtete. Letztendlich gelang es ihm Verständnis zu erzeugen. Der Transport lief in Stafette über Aschaffenburg, Würzburg und Ulm ab. Während Kimmel also noch nachdachte, ob er etwas vergessen haben könnte, diskutierten die anderen die Sachlage.
Robert Funk war aufgebracht. »So blöde ist die Geschichte mit der gefundenen Tasche auch wieder nicht. Da muss er nur an den entsprechenden Richter geraten und schon hüpft er aus der Schlinge. Wenn man nur nachweisen könnte, wo er sie wirklich herhat. Aber wie?«
Lydia Naber war zu ihrer eigenen Überraschung ganz ruhig. »Er ist sich so sicher und immer wieder diese Betonung, dass er nicht an der Mole gewesen sei …«
»… die Handyauswertung hat auch nichts ergeben«, fügte Wenzel an, »wär ja auch zu schön gewesen, wenn die beiden Samstagmorgen miteinander telefoniert hätten.«
»Seid ihr mit dem Inhalt der Tasche schon durch, war doch ein Haufen an Papierkram, oder?«, fragte Kimmel.
»Es steht nur noch ein Telefonat aus. Ein Notar in München, den wir noch nicht erreicht haben. Die Nummer war in ihren Kontakten als wichtig gespeichert. Grohm ist da nicht rangekommen wegen der PIN.«
Funk dachte laut: »Wieso hat der die Tasche denn nicht einfach verschwinden oder bei dem Gahde gelassen? Denn eine mögliche Variante wäre ja, dass dieser Gahde mit dem Kajak in den Segelhafen ist, der Mahler an bekannter Stelle aufgelauert hat … und …«
Wenzel fiel skeptisch ein »… und ist dann mit dem Kajak und der Tasche davon? Das kann ich mir nicht vorstellen. Zu kompliziert.«
Schielin mischte sich ein. »So Unrecht hatte der Anwalt nicht. Aus Grohms Perspektive betrachtet musste der sich ja wirklich verfolgt vorkommen und er hat unsere Befragungen subjektiv als Nachstellung empfunden. Ich denke, er hat sich nicht mehr getraut diese Tasche zu beseitigen. Wir waren
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