Das Siegel von Arlon [Adrian Pallmer, Band 1] (Adrian Pallmers magische Abenteuer) (German Edition)
Der geheimnisvolle Brief
Angefangen hatte alles vor einem halben Jahr, als Adrian auf ganz eigenartige Weise erfahren hatte, dass sein Großvater, den er nie gekannt und schon gar nicht getroffen hatte, gestorben war. Eigentlich wusste er damals überhaupt nichts über ihn.
Und dann lag völlig unerwartet eines Abends dieses mysteriöse Päckchen vor ihrer Tür. Schon auf den ersten Blick sah es ganz sonderbar aus. Es war nicht in Papier, sondern in dünnes, dunkles Leder eingepackt und auf seiner Oberseite stand in einer silbrig glänzenden Schrift:
Für Georg und Adrian Pallmer
- persönlich -
Keine Adresse, kein Absender. Über den Namen war noch ein eigenartiges Wappen mit einem Drachenkopf in die Oberfläche eingeprägt.
Ansonsten war kein Hinweis zu erkennen, von wem das Päckchen sein könnte. Georg Pallmer, Adrians Vater, war der Erste, der es fand, als er am Abend zum Schuppen gehen wollte, um neues Kaminholz zu holen. Er blieb wie angewurzelt stehen und schaute minutenlang in Gedanken versunken hinab auf das kleine Paket. Erst als Sandy, Adrians neunjährige Schwester vorbeihuschte, erwachte der Vater aus der Starre, hob das Päckchen auf, ging, ohne ein Wort zu sagen, in sein Arbeitszimmer und legte es ohne etwas zu sagen vor sich auf den Tisch.
Doch Sandy hatte das natürlich bemerkt und rief den Anderen, die im Wohnzimmer saßen, zu, »Seht mal, Papa hat ein Geschenk bekommen!«
Und da ja alle neugierig waren und wissen wollten, worum es ging, stand plötzlich die ganze Familie im Arbeitszimmer und schaute auf das kleine Paket - gerade als Herr Pallmer begonnen hatte, es näher zu untersuchen. In genau diesem Moment begann das Wappen zu leuchten, erst ganz leicht, aber innerhalb weniger Sekunden wurde es zu einem gleißenden Schein, sodass die ganze Familie automatisch ihre Hände vor die Augen hielt, um nicht geblendet zu werden.
Genauso plötzlich war das Licht aber auch wieder verschwunden und auf dem Tisch stand das wie von Geisterhand geöffnete Päckchen. Von innen war es mit glänzendem, schwarzem Samt ausgekleidet. In der Schachtel lagen ein goldenes Amulett mit dem Relief des gleichen Wappens wie auf der äußeren Hülle, ein kleiner, zugeschnürter Lederbeutel und ein Stück vergilbtes, unbeschriebenes Papier, das so aussah, als ob es einfach von einem größeren Stück abgerissen worden war. Ansonsten war die Kiste leer.
Alle schauten wie gebannt in die Schachtel, aber keiner wagte, sich auch nur zu bewegen. Da seine Eltern und Schwestern sich nicht rührten, trat Adrian an den Tisch heran und griff sich den Papierfetzen, in der Hoffnung, darauf einen Hinweis zu finden, was das alles zu bedeuten hatte.
In dem Moment, als sein Finger das Papier berührte, erschien darauf nach und nach eine schön geschwungene Schrift, als ob jemand mit einer unsichtbaren Feder eine Mitteilung schreiben würde. Aber noch bevor Adrian die Botschaft lesen konnte, war sein Vater an seine Seite gesprungen, riss ihm den Zettel aus der Hand und stieß ihn mit voller Wucht zur Seite, dass er durch das halbe Zimmer flog und krachend im Bücherregal an der gegenüberliegenden Wand landete. Dabei brachen mehrere Regalbretter heraus und ein Schwall von Büchern ergoss sich über Adrian, der vor dem Regal in die Knie gegangen war. Die große bauchige Vase aus Meißner Porzellan, die oben auf dem Regal stand, verlor das Gleichgewicht, fiel herunter und zerschmetterte auf dem Boden in tausende Teile. Über diesem Getöse schrie noch der Vater.
»FASS DAS NICHT AN!«
Adrians Mutter und Schwestern standen wie versteinert in der Tür. Adrian spürte, wie der Schmerz langsam seine ganze rechte Seite erfasste, ganz besonders dort, wo er das Regal getroffen hatte. Aber noch stechender als der Schmerz war der Gedanke daran, dass sein Vater ihn gleichermaßen grundlos wie brutal angegangen war. Oder gab es doch einen Grund, den er nicht kannte?
Fragend blickte er aus dem Bücher- und Scherbenhaufen hervor, erst zu seinem Vater, der noch immer vor Anspannung ganz rot im Gesicht war und zitterte und dann hinüber zu seiner Mutter. Dabei bemerkte er, wie sich die Augen der Eltern für einen kurzen Moment trafen. Und sie schienen sich ohne Worte zu verstehen.
Herr Pallmer warf den Papierfetzen wieder zurück in die Kiste. Sobald der Zettel seine Finger verließ, verblasste die Schrift augenblicklich und er sah wieder so aus wie am Anfang. Der Vater nahm dann das offene Päckchen in die Hand, lief an seiner
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