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Inspector Alan Banks 06 Das verschwundene Lächeln

Titel: Inspector Alan Banks 06 Das verschwundene Lächeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Augenhöhe.«
      »Ich verstehe immer noch nicht, was das mit Gemma zu tun hat«, sagte Banks, der sich allmählich Sorgen machte, dass Gristhorpe ernsthafter verwundet worden war, als er vorgab.
      »Nicht?« Gristhorpe reichte ihm den Kelch. »Siehst du diese Gravur?«
      Banks betrachtete den Kelch. »Ja.«
      »Das ist das Banner der Wallfahrt der Gnade. Siehst du die fünf Wunden Christi? Ich erkläre es dir, dann kannst du nachschauen, ob ich Recht habe.«
      Verwirrt schlug Banks seine Beine übereinander und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
     
    * IV
     
    In der späten Dämmerung verließ Banks Eastvale. Es war die Zeit des Abends, in der sowohl das Grün der Wiesen auf den Berghängen als auch das Grau der Kalksteinhäuser und Natursteinmauern nur noch verschiedene Schattierungen der Dunkelheit sind. Aber der Fluss schien mit einem Licht, das er am Tage gespeichert hatte, aus eigener Kraft zu glitzern und schlängelte sich durch die bewaldeten Flussauen, die als Leas bekannt waren.
      Während er fuhr, erinnerte sich Banks an Gristhorpes Worte: »In der Geschichte Yorkshires begann die Wallfahrt der Gnade als religiöser Aufstand gegen Henry VIII., ausgelöst durch die Schließung der Klöster im Jahre 1536. Harkness' Haus ist später gebaut worden, dieser Kelch ist also wahrscheinlich ein kostbares Familienerbstück und war für denjenigen, der ihn besaß, ein mächtiges Symbol. Im siebzehnten Jahrhundert war es in diesem Teil des Landes häufig gefährlich, römisch-katholischen Glaubens zu sein; trotzdem hielten die Menschen an ihrer Konfession fest. Doch sie vermieden unnötige Risiken. Wenn sie also inkognito umherwandernde Priester in ihre Häuser einluden, damit die eine Messe zelebrierten oder ihnen die Beichte abnahmen, wussten sie, dass sie jeden Moment mit Soldaten rechnen mussten, die an ihre Tür hämmerten. Und deshalb haben sie Verstecke für die Priester gebaut, Hohlräume in den Mauern, in denen die Priester verschwinden konnten. Manche dieser Verstecke waren sogar noch raffinierter gebaut. Sie führten zu unterirdischen Gängen und Fluchtwegen.
      Ich bin in Lyndgarth aufgewachsen, von Harkness' Haus nur ein Stück den Berg hinauf«, war Gristhorpe fortgefahren, »und als wir Kinder waren, hat es immer Gerüchte über das alte De-Montfort-Haus gegeben, wie es damals genannt wurde. Wir glaubten, dass es dort spuken würde und dass das ganze Gelände mit Geheimgängen durchzogen sei. Du kennst ja die Fantasie von Kindern. Wir sind natürlich nie hineingegangen, aber wir haben uns Geschichten darüber ausgedacht. Ich hatte das alles völlig vergessen, bis wir gestern Abend dort hingefahren sind - und ich muss zugeben, alles ist so schnell passiert, dass es mir sofort wieder entfallen ist. Bis ich diesen Kelch sah. Da begann ich nachzudenken. Das Datum passt, deshalb ist es einen Versuch wert, meinst du nicht?«
      Banks hatte zugestimmt. Er bog in die Auffahrt und hielt vor der Polizeiabsperrung. Der wachhabende Beamte kam auf ihn zu, und als er Banks erkannte, ließ er ihn durch.
      Als er an dem im Garten arbeitenden Team der Spurensicherung vorbeikam, grüßte Banks nickend. Als Reaktion schüttelten die Männer ihre Köpfe: Sie hatten noch nichts entdeckt. Das Grundstück sah wie ein Filmset aus: Die hellen Bogenlampen warfen Schatten von grabenden Männern, außerdem war es durch den Lärm der Bohrer und das Brummen des Generators so laut, dass man die über diesen Krach gerufenen Anweisungen kaum verstehen konnte. Im Haus untersuchten die Männer Teppiche und Sofas, hoben mit Klebebandstreifen Fasern ab oder fuhren über manche Flächen mit Handstaubsaugern.
      Zuerst überprüfte Banks die Küche, schaute hinter dem Kühlschrank und dem Herd nach und ging dann in das Esszimmer, wo man ihm half, die gewaltige, antike Vitrine, in der Besteck und Kristallgläser aufbewahrt wurden, zur Seite zu schieben. Nichts.
      Die Durchsuchung der Bibliothek ergab auch nichts, sodass er als Nächstes ins Wohnzimmer ging, wo ihm der verschmutzte, angelaufene Kelch zum ersten Mal auf dem Couchtisch aufgefallen war. Auch dadurch, dass er den Kelch wiedergesehen und zudem bemerkt hatte, wie sauber er war, war bei seinem Besuch mit Susan am Nachmittag seine Unruhe ausgelöst worden.
      Das Bücherregal gegenüber dem Kamin sah nicht gerade vielversprechend aus, und als Banks begann, die alten National Geographie-Magazine herauszuziehen und nach einer Art Hebel oder Knopf zu

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