Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen
einfach nicht oft darauf. Ausgezeichnet gewählt! »In Luxemburg? Welche Galerie war es denn?«
»Kersten. Die existiert aber nicht mehr. Ich habe keine Ahnung, was aus ihr geworden ist.«
Jury lehnte sich zurück und überlegte, wo sie gewesen und wohin sie wohl verschwunden war. »Um es aber wirklich zu wissen, müsste man da die Leinwand nicht einigen Tests unterziehen?«
»Na klar, keine Frage. Man will sich doch nicht aufs Auge verlassen, so geschult es auch sein mag. Man konnte den Klimt aber schlecht von der Wand reißen, oder? Und die kleinere Arbeit, der Soutine, nicht ganz so wertvoll, würde aber immer noch eine Stange Geld kosten – Roderick hatte keinen Grund gesehen, den überprüfen zu lassen. Er behauptete, es sei eine Kopie. Wieso interessiert Sie das?«
»Weil ich denke, es ist wichtig. Das dachte Billy offenbar auch. Hat er Ihnen einen Hinweis gegeben, wonach er suchte?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, rein gar nichts.«
»Haben Sie diese Art von Tätigkeit – ich meine, als Kuratorin – auch anderswo ausgeübt?«
»Nicht als Kuratorin. Allerdings war ich für einige Sammler als Beraterin tätig. Für einen war es ein Glück, weil er sonst auf einem weniger bedeutenden Raffael sitzen geblieben wäre. Er redete sich mit aller Macht ein, es handle sich um ein in Deutschland verschollenes Gemälde des großen Meisters.«
»Wer war dieser Sammler?«
Angela sah Jury schweigend an und drückte ihre Zigarette aus. Lächelnd fragte sie: »Du meine Güte, wieso wollen Sie das denn wissen? Man sollte meinen, Sie wären bei der Polizei.«
»Den Eindruck mache ich leider.« Er lächelte. »Ich bin einfach neugierig.«
»Nein, das sind Sie nicht. Sie wollen mir auf den Zahn fühlen.«
Jury ging nicht darauf ein. »Es muss doch Datenbanken geben –«
»Natürlich. In fast jedem Land, das in den Zweiten Weltkrieg verwickelt war, gibt es ein zentrales Register. Und Museen und Auktionshäuser – Christie’s zum Beispiel – stellen Nachforschungen zur Herkunft der Bilder an. Museen haben entsprechende Verzeichnisse. Da ist eine Menge an Informationen im Umlauf. Im Fall des Klimt und des Soutine war es nicht schwer, da ich ja wusste, wo die Gemälde sich jetzt befinden und wem sie gehören.« Sie nahm einen Schluck von ihrem Whiskey.
»Moment mal.« Jury setzte sich ruckartig auf. »Wollen Sie damit sagen, Sie haben doch nachgeforscht?«
»Ja, natürlich. Ich nahm an, das wussten Sie.«
»Nein, wusste ich nicht. Warum haben Sie das bis jetzt nicht erwähnt?«
Angela Riffley sah hinüber zu der fast lebendig wirkenden Wand von präparierten Köpfen und anderen Dingen und sagte: »Vielleicht, weil ich keine Gedankenleserin bin, Superintendent. Was meinen Sie?«
Jury lachte kurz auf. »Okay, tut mir leid. Was haben Sie herausbekommen?«
Sie stellte ihren Drink ab. »Ich hole schnell den Zettel. Warten Sie hier.«
Jury verbrachte die fünf Minuten ihrer Abwesenheit damit, das Feuerzeug auszuprobieren, das in dem ungewöhnlich geformten Stück Holz eingelassen war.
»Da hätten wir es.« Sie setzte sich wieder, in der Hand ein Blatt Papier. »Beide Bilder waren Ankäufe eines Dresdner Museums, das während des Krieges schwer zerstört wurde. Wenn ich mich recht erinnere, wurde Dresden doch dem Erdboden gleichgemacht, nicht? Einige der Gemälde hatte man allerdings vorher herausgeschafft. Sowohl der Klimt, ohne Titel oder vielmehr mit unbekanntem Titel – ich nenne es immer gern Das Goldene Mädchen –, als auch der Soutine mit dem Titel Schloss Moser , tauchten auf einer Konfiszierungsliste der Nazis auf. Zahlreiche Bilder wurden von Göring übernommen, der sich als Kunstkritiker betrachtete, aber eigentlich ein Trottel war. Die beiden, für die wir uns interessieren, gingen an einen SS-Offizier namens Werner Röhm. Danach ist kein Verkauf mehr vermerkt. Die beiden Gemälde verschwinden von der Bildfläche, bis sie zwei Jahre später im Haus eines Ehepaars namens Burkhoff in München wieder auftauchen. Ich vermute, dass es sich um Verwandte, Freunde oder Kollegen dieses Generals Röhm handelte und dass er sie den Burkhoffs zur sicheren Aufbewahrung gegeben hatte.«
»Irgendwie stand Billys Vater Roderick mit denen in Verbindung, und sie verpackten die beiden Bilder und schickten sie ihm.« Sie sah Jury lange an. »Roderick Maples war offenbar der Sohn des Generals.«
»Wie hat Billy darauf reagiert?«
Angela stellte ihren Drink hin und sah zum Kamin hinüber. Sie schien das kalte
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