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Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Titel: Inspektor Jury spielt Katz und Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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sehr schlechter Jahrgang.»
    Jury vermutete, daß sie nicht über Wein sprach.
    Gillian betrachtete den krummen Pfad, den sie entlanggelaufen waren; sie konnten weitergehen oder aber nach rechts abbiegen. «Wir haben drei Möglichkeiten», sagte sie. «Weitergehen, zurückgehen oder nach rechts gehen. Ich überlasse es Ihnen.»
    In der Hecke war ein bogenförmiger Durchlaß. Dahinter weitere Lücken, die aussahen wie Torbögen in einem langen Flur. Er fühlte sich an das Fresko erinnert. «Hm, der Gang hier ist ein optischer Trick, würde ich sagen. Er sieht so offensichtlich aus wie ein Fluchtweg, daß er vermutlich direkt zurück ins Zentrum führt. Also wähle ich die vierte Möglichkeit.»
    «Es gibt aber nur drei. Zurück, vorwärts, hinaus.»
    «Aber auch noch hinunter.» Jury genoß die Berührung ihres Armes, als er sie auf eine Bank zog. «Strategisch günstig. Setzen wir uns.»
    Kopfschüttelnd nahm sie Platz. «Das ist gemein.»
    «Da bin ich anderer Meinung. Vielleicht können wir uns durch Wörter einen Weg hinaus bahnen. Beziehungsweise ich kann es. Sie kennen schließlich den Weg. Sie haben mich geführt.»
    Sie warf ihm einen kalten Blick zu. «Meinen Sie, ich habe Sie absichtlich in eine Falle gelockt?»
    Jury lächelte. «Klar doch.»
    «Ich verstehe nicht. Was habe ich gesagt?»
    «Es geht darum, was Sie nicht gesagt haben. Sie sind mit mir hier herumspaziert und haben sich köstlich amüsiert, mir von dem Baron und seinen kleinen Scherzen zu erzählen. Da Sie aber wissen, daß ich von Scotland Yard bin, fragen Sie sich bestimmt, warum ich hier bin.»
    «Warum sind Sie denn hier?»
    «Sie müssen Una Quick gekannt haben.»
    Sie runzelte die Stirn. «Alle haben sie gekannt. Aber Sie sind doch nicht ihretwegen hier –»
    Jury unterbrach sie. «Vor ein paar Tagen ist ihr Hund vergiftet worden.»
    «Das stimmt.» Sie zitterte und zog die Strickjacke fester um sich zusammen. «Es war schrecklich für Una. Dabei war sie sowieso krank. Paul – Dr. Fleming –, der hiesige Tierarzt …»
    «Den habe ich kennengelernt. Was ist mit ihm?» Sie zögerte, und Jury fragte sich, wie sie wohl zu dem attraktiven Dr. Fleming stand.
    «Na ja, er hat gesagt, Una hätte behauptet, die Tür des Gartenschuppens sei verschlossen gewesen.»
    «Schreiben Sie den Unfall also Miss Quieks Vergeßlichkeit zu? Oder meinen Sie, er geht auf die Rechnung eines Tierfeindes hier aus dem Ort?»
    «Weder – noch. Aber wenn ich es müßte, würde ich sagen, es waren die Crowley-Jungs. Sie sind fürchterlich. Der eine ist mit Sicherheit geistig zurückgeblieben, und der andere scheint es seinem Benehmen nach ebenfalls zu sein. Mir ist völlig unklar, warum Amanda Bert – er wird ‹Batty› genannt – nicht in ein Heim gibt, anstatt ihn in die Sonderschule zurückzuschicken.»
    Jury schaute in den Gang mit den Bögen und sagte: «Heime können ganz schön trostlos sein.» Er dachte an seine eigene Zeit im Waisenhaus, in das die Fürsorge ihn gesteckt hatte, nachdem seine Mutter bei der letzten Bombardierung Londons umgekommen war. Er war sechs gewesen, aber immer noch wanderte er in Gedanken manchmal die kalten Flure entlang, saß auf dem Bett mit der braunen Decke, hatte den Geschmack der wäßrigen Kartoffeln im Mund. «Vielleicht liebt sie den Jungen zu sehr.»
    «Amanda liebt Amanda.» Ihr Profil über dem halbhohen Kragen sah aus wie die Skulpturen im Garten. «Sie spielt die Märtyrerin. Und zwar mit mehreren tausend Pfund im Jahr. Zwanzig, meint Regina. Amanda ist die Testamentsvollstreckerin. Der Vater wußte, daß der Jüngere, Batty, unter Umständen sofort nach seinem Tod in irgendein Heim mußte und berücksichtigte das in seinem Testament.» Gillian drehte sich zu Jury um und lächelte zynisch. «Die meisten Leute lassen sich für zwanzigtausend im Jahr gern ein paar Faxen gefallen, meinen Sie nicht auch?»
    Gillian Kendall wirkte eigentlich nicht zynisch. Gerade jetzt sah sie eher aus, als sei sie am Boden zerstört.
    Jury wechselte das Thema. «Wer holt normalerweise die Post ab?»
    Sie war verblüfft. «Hm, es kommt darauf an. Ich, manchmal Mrs. Lambeth, unsere Köchin. Randolph, der sich Gärtner nennt. Oder Carrie Fleet. Immer der, der gerade an der Poststelle vorbeikommt.»
    «Hat Baronin Regina jemals den Verdacht geäußert, daß Una Quick fremde Briefe gelesen hat?»
    «O ja. Ich bin auch ziemlich sicher, daß sie recht hat. Ich habe Paul – Dr. Fleming – mal eine Nachricht geschickt, und er war fest davon

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