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Instrumentalität der Menschheit

Instrumentalität der Menschheit

Titel: Instrumentalität der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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weiter.
    Uns blieb nur übrig, uns an Angerhelm persönlich zu wenden.
    Als es darum ging, unverdächtige Personen für diesen Auftrag auszuwählen, reagierten die Geheimdienste sehr empfindlich auf den Vorschlag, Außenstehende hinzuzuziehen. Auf der anderen Seite besaßen sie keine rechtliche Handhabe, vor allem deshalb nicht, weil der Präsident den Fall an J. Edgar Hoover übergeben und gesagt hatte: »Ed, kümmern Sie sich darum. Die Sache gefällt mir gar nicht.«
    Auf Betreiben des Pentagons und der Geheimdienste, denen der Fall aus den Händen genommen war, sollte Mr. Spatz an der Aktion teilnehmen. Mr. Spatz ist seit vielen Jahren in dem Geschäft, weil er es bislang immer verstanden hat, interessanten oder dramatischen Ereignissen auszuweichen, und sich nur um das kümmert, was ihn angeht – und das sind das Budget und die Mittelfreigaben für das nächste Jahr.
    Deshalb lehnte er ab. Falls dieses Angerhelm-Fiasko sich als Fehlschlag erweisen sollte, wollte er nichts damit zu tun haben.
    Also erhielt ich den Auftrag.
    Ich wurde zu einer Art Ehrenmitglied des FBI ernannt, und zum Schluß ließ man mich sogar das Tonband tragen. Da mittlerweile mehr als sechs Kopien davon existierten, war dieser Vertrauensbeweis weniger bemerkenswert, als es auf den ersten Blick schien. Wir sollten uns als Leute ausgeben, die etwas über den Bruder wußten.
    Es war ein trockener, heißer Sonntagnachmittag kurz vor Einbruch der Abenddämmerung.
    Wir fuhren zu Angerhelms hübschem Blockhaus. Es war rundum mit Doppelfenstern versehen und wirkte so massiv und abweisend wie das sprichwörtliche Schneckenhaus.
    Der FBI-Agent war ein großherziger Mann und ließ mich die Türklingel bedienen. Es rührte sich nichts, und so läutete ich erneut. Noch immer blieb alles still.
    Wir entschlossen uns, draußen zu warten, und schlenderten über den Hof. Wir musterten das Auto, das im Hof geparkt war. Es schien sich in einem guten Zustand zu befinden.
    In diesem Moment stieg der alte Knabe die Verandatreppe hinab.
    Wir stellten uns vor und murmelten die üblichen Höflichkeitsfloskeln. Mein Herz klopfte heftig. Wenn irgend etwas die Sowjetunion und den Rest der Welt aus der Fassung gebracht hatte, etwas, das möglicherweise aus dem Weltraum stammte, etwas, das Tausende von Männern gehört hatten, ohne es identifizieren zu können, etwas, das den Namen Nelson Angerhelm immer und immer wieder auf mitleiderregende Weise hinausschrie – was konnte das bedeuten?
    Wir wußten es nicht.
    Dort stand der alte Mann. Hoch aufgerichtet, gebräunt, rotwangig, rotnasig, rotohrig. So gesund, wie es in seinem Alter möglich war, ein Schwede bis ins Mark.
    Wir sagten ihm, es gehe um seinen Bruder, Tice Angerhelm, und er hörte uns zu. Er machte keine Schwierigkeiten, nicht die geringsten Schwierigkeiten.
    Während er zuhörte, weiteten sich seine Augen, und er entgegnete: »Ich weiß, daß sich eine Menge Schnüffler hier in der Gegend herumgetrieben haben, und ich dachte mir schon, daß jemand kommen und mit mir reden würde, aber ich habe Sie nicht so bald erwartet.«
    Der FBI-Agent brummte irgend etwas Unverständliches, und Angerhelm fuhr fort: »Ich nehme an, die Herren sind vom FBI. Aber mein Bruder war bestimmt kein Betrüger. Er war ein Ehrenmann.«
    Er schwieg für einen Moment. »Allerdings war er schon immer ein schlitzohriger Bursche – er spielte anderen Leuten gerne einen Streich.«
    Angerhelms Augen blitzten. »Doch vielleicht hat er tatsächlich ein Verbrechen begangen. Ich weiß es nicht. Alles, was mich interessiert, ist meine Hühnerzucht und daß man mich in Ruhe mein Leben leben läßt.«
    Vielleicht war es die falsche Taktik, aber bevor der FBI-Agent etwas sagen konnte, platzte ich heraus: »Sind Sie glücklich, Mr. Angerhelm? Führen Sie ein Leben, daß Sie wirklich befriedigt?«
    Der alte Knabe warf mir einen durchdringenden Blick zu. Es war offensichtlich, daß etwas nicht stimmte und er nicht sehr viel Vertrauen in mein Urteil hatte.
    Und dennoch – unter der Schärfe seines Blickes verriet sich auch ein wenig Sympathie, und ich bin sicher, daß er meine Erregung bemerkte und sie mir zugute hielt. Seine Augen weiteten sich. Seine Schultern strafften sich. Er wirkte stolz.
    Er wirkte wie ein Mann, der sich daran erinnerte, daß sich schwedische Admirale unter seinen Vorfahren befanden und daß der Name Angerhelm, lange bevor er in den Ebenen westlich von Minneapolis seine Bedeutung verlor, einen guten Klang gehabt hatte und

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