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Instrumentalität der Menschheit

Instrumentalität der Menschheit

Titel: Instrumentalität der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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breit war.
    Dies war jetzt ihr Heim, vielleicht für ewig. Irgendwo gab es Schläfer, aber sie sah ihre Boxen nicht. Alles, was sie sah, waren dieser kleine Raum und die beiden Männer – Trece mit seinem warmen Lächeln, seiner angenehmen Stimme, seinen interessanten graublauen Augen und Talatashar mit seinem zerstörten Gesicht. Und ihr Gelächter. Dieses verdrehte, geheimnisvolle männliche Gelächter, dessen Untertöne feindlich und höhnisch waren.
    So ist das Leben, dachte sie, und ich kann da nicht mehr heraus.
    Talatashar, der aufgehört hatte zu lachen, sprach nun mit einer völlig anders klingenden Stimme.
    »Später werden wir Zeit für Vergnügen und Spiele haben. Zuerst müssen wir die Arbeit erledigen. Die Photonensegel fangen nicht genug Sternenlicht auf, um uns anzutreiben. Das Hauptsegel ist von einem Meteor beschädigt worden. Wir können es nicht reparieren, nicht, wenn der Riß dreißig Kilometer lang ist. Also müssen wir das Schiff drehen.«
    »Wie soll das denn funktionieren?« fragte Veesey traurig, ohne sehr an der Beantwortung ihrer Frage interessiert zu sein. Die Qualen und Schmerzen des langen Kälteschlafes machten sie benommen.
    Talatashar erklärte: »Es ist einfach. Die Segel sind beschichtet. Wir wurden durch Raketen in den Orbit gebracht. Der Lichtdruck ist auf einer Seite stärker als auf der anderen. Durch den Druck auf der einen Seite und dem fehlenden Druck auf der anderen bewegt sich das Schiff. Die interstellare Materie ist sehr dünn und setzt nicht genug Widerstand entgegen, um uns langsamer werden zu lassen. Die Segel blähen sich unter dem Druck der hellsten Lichtquelle. In den ersten achtzig Jahren war dies die Sonne. Dann haben wir die Sonne und die hellsten Sterne in ihrer Umgebung benutzt. Jetzt treibt uns mehr Licht an, als wir benötigen, und wir werden von unserem Ziel fortgetrieben, wenn wir nicht die stumpfe Seite der Segel auf unser Ziel richten und die beschichtete Seite der nächstbesten Lichtquelle zudrehen. Aus Gründen, die wir nie erfahren werden, ist der Segler gestorben. Der automatische Mechanismus des Schiffes hat uns geweckt, und das Navigationspult hat uns die Lage erklärt. Hier sind wir nun. Wir müssen die Roboter einsetzen.«
    »Aber was ist mit ihnen geschehen? Warum handeln sie nicht aus eigenem Antrieb? Warum müssen dafür Menschen geweckt werden? Es heißt doch immer, sie seien so tüchtig.« Und insbesondere fragte sie sich: Warum haben sie mich geweckt? Aber sie glaubte, die Antwort zu kennen – daß die Männer und nicht die Roboter dafür verantwortlich gewesen waren –, und sie wollte es nicht aus ihrem Mund hören. Noch immer erinnerte sie sich daran, wie ihr männliches Gelächter sich in etwas Häßliches verwandelt hatte.
    »Die Roboter waren nicht programmiert, die Segel zu setzen – sie können sie nur reparieren. Wir müssen sie dazu bringen, daß sie den Schaden begreifen, der nicht mehr zu beheben ist, und wir müssen sie für die neue Aufgabe rüsten.«
    »Kann ich etwas zu essen haben?« fragte Veesey.
    »Ich will es holen!« schrie Trece.
    »Warum nicht?« Talatashar zuckte die Achseln.
    Während sie aß, gingen die drei die bevorstehenden Arbeiten im Detail durch und besprachen die Probleme in aller Ruhe. Veesey fühlte sich ein wenig entspannter. Sie hatte das Gefühl, daß man sie als gleichwertige Partnerin akzeptierte.
    Als sie die Arbeitspläne fertiggestellt hatten, waren sie überzeugt, daß es zwischen fünfunddreißig und zweiundvierzig Normaltage in Anspruch nehmen würde, die Segel zu setzen und neu zu justieren. Die Roboter würden die Arbeit im All übernehmen, aber die Segel maßen einhundertfünftausend Kilometer in der Länge und dreißigtausend Kilometer in der Breite.
    Zweiundvierzig Tage!
     
    Die Arbeit war keineswegs in zweiundvierzig Tagen getan.
    Es vergingen ein Jahr und drei Tage, bevor sie fertig waren.
    Die Stimmung in der Kabine hatte sich nicht sehr verändert. Talatashar ignorierte sie, sah man von den Gelegenheiten ab, in denen er häßliche Bemerkungen machte. Nichts, was er im Medizinschrank gefunden hatte, linderte seine Verstümmelung, aber einige der Medikamente betäubten ihn so, daß er lange und tief schlief.
    Trece war schon seit langem ihr Geliebter geworden, aber es war eine solch unschuldige Romanze, daß sie ebensogut auf einem Grasteppich, unter Ulmen, am Ufer eines glitzernden irdischen Flusses hätte stattfinden können.
    Einmal hatte sie beide kämpfend angetroffen und

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