Irgendwie Top
Leidenschaft, hing noch in der Luft. Er spürte Alex' Atmen, fühlte jeden seiner ruhigen Atemzüge, die sein Gesicht streiften. Das Heben und Senken des Brustkorbs. Alex' Herz schien direkt an seiner Brust zu schlagen. Einträchtig neben und mit dem seinen. Jetzt ruhiger, bedächtiger, als noch vorhin in ihrer wilden Leidenschaft.
Hammergeil …
Markus' Lippen brannten noch immer von ihren Küssen. Nie zuvor hatten sich seine Lippen wund geküsst angefühlt. Da war irgendwo der leicht metallische Geschmack von Blut und entfernt auch der von Champagner. Markus hatte nicht gewusst, dass Küssen sich so anfühlen konnte. All seine harmlosen, im Nachhinein unschuldigen, beinahe lächerlichen Vorstellungen und Träume davon, Tim richtig zu küssen, waren von Alex' realen Küssen hinweggefegt und zerfetzt worden. Dies hier war ganz anders. Alex war anders.
Der rührte sich nicht, hatte die Augen sogar geschlossen. Nachdenklich, mit immer noch berauschten, jedoch seltsam geschärften Sinnen, betrachtete Markus sein Gesicht. Noch nie war er einem Mann begegnet, den er uneingeschränkt als schön bezeichnen würde. Sexy, gut zu ficken, passabel, fesch, alles hatte er schon gehabt, doch für Alex musste er ganz neue Begriffe erfinden. Alex' ebenmäßiges Gesicht bannte seinen Blick, zog ihn magisch an und hielt ihn fest. Jede Linie, jeder Schatten. Feine Härchen, winzige Hautschattierungen, die Linie seiner Augenbrauen, der Verlauf seiner Nase, die kleinen Fältchen in den Augenwinkeln. Markus konnte sich nicht daran sattsehen. Jedes Detail nahm er wahr, sog es hungrig, verdurstend ein. Er betrachtete Alex nicht, er konsumierte ihn.
Strähnen aus braunen Haaren klebten an der Stirn, schrien danach, von Markus' Fingern zärtlich fortgestrichen zu werden. Noch immer glänzte Schweiß feucht auf der Haut, ließ sie im bläulichen Licht des Spots magisch schimmern. Der sinnliche Mund mit den vollen Lippen war zu einem angedeuteten Lächeln verzogen, bei dem die Zähne so gerade eben hindurch blitzten. Kein Spott lag in seinem Gesicht, nichts von dem, was Markus sonst oft darin wahrgenommen hatte. Keine Arroganz, keine Dominanz.
Seltsam verletzlich wirkte Alex, befand Markus mit einem ungewohnt zärtlichen Gefühl. Verletzbar, jedoch auch rundum zufrieden. Ein wenig, wie ein satter, schlafender und schnurrender Kater. Prompt musste Markus lächeln.
Nein, kein Kater. Vielmehr ein sattes Raubtier, das war Alex. Ein geschmeidiger, gefährlicher, schwarzer, wunderschöner Panther. Das traf es wohl eher.
Alex schien Markus intensiven Blick oder auch das Lächeln zu spüren, denn er öffnete, dem besagten Raubtier ziemlich ähnlich, langsam die Augen und blickte Markus direkt an. Er lächelte und eine Spur des typischen, arrogant wirkenden Lächelns war erkennbar.
„Zufrieden?“ Seine leise Stimme war rau, als ob er laut geschrien hätte. Hatte er ja auch. Oder? Markus konnte sich nicht mehr an jedes Detail erinnern. Das meiste war verschwommen in einem Kaleidoskop aus Gefühlen, Gerüchen und dem Rausch seiner Sinne.
Er nickte und lächelte zurück. „Obwohl du mir den versprochenen Blowjob nicht verpasst hast“, brachte Markus hervor. Nein, Alex hatte ihm definitiv keinen geblasen. Aber dies hier war auch viel besser gewesen, als jeder dieser hundert verdammt, langweiligen, nichtssagenden Blowjobs, die er je erhalten hatte.
Alex leckte sich über die Lippen, über die kleine Stelle, die Markus' Zähne aufgerissen hatten. Er schmunzelte und zuckte minimal mit den Augenbrauen.
„Muss ich wohl irgendwie zwischendurch vergessen haben.“ Eine seiner Hände löste sich von Markus' Rücken und strich erneut sanft mit dem Daumen über dessen Wange hinunter zum Kinn.
Markus stockte der Atem. Es lag unerwartete Zärtlichkeit in dieser Berührung. Etwas, was ihn ganz tief in seinem Innern berührte. Es war eine Geste, die gefahrvoll war, lange aufgestaute, verdrängte Gefühle ermunterte, frech und ungefragt hervorzukommen, ihr Schattendasein zu verlassen. Eine Geste, die seine Maske, die Markus sich jahrelang mühsam sorgfältig aufgebaut hatte, in ihrer schlichten Feinheit ihrer Unschuld zum Einsturz bringen konnte. Sie war gefährlich. Überaus gefährlich.
Sein Körper erinnerte sich abrupt an das Gefühl, als Alex den Stuhl nach hinten gekippt hatte. Schwebend. Nicht fallend, aber auch nicht länger fest und sicher. Irgendwas dazwischen. Alex hatte ihn gehalten, ihn nicht fallen gelassen
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