Irgendwie Top
keine Pornos mehr machte. Es ging ihn überhaupt gar nichts an. „Ist ja dein Bier“, fügte er hinzu, trank einen viel zu großen Schluck Champagner und unterdrückte mühsam einen Hustenreiz.
Alex' Blick ruhte auf ihm. Ruhig, nachdenklich und erschreckend intensiv. Überlegt er, ob er mir etwas erzählen soll? Markus wurde aus der Mimik nicht ganz schlau. Warum sollte Alex ihm mehr sagen? Sie kannten sich ja kaum. Und außer heißem Sex und einer wilden Knutscherei war da ja nichts zwischen ihnen.
„Ich meine ...“ Markus zögerte auf dem schlüpfrigen Boden. „Du bist … echt verdammt geil und … sexy und ...“ Überhastet brach er ab. Nie kam da was Anständiges raus, wenn er so etwas versuchte. Verdammt, er sollte einfach den Mund halten. Das lag ihm einfach nicht. Verlegen trank er sein Glas leer.
Alex Komplimente zu machen, war wohl das Blödeste, was er tun konnte. Wie klang das denn? Schließlich wollte er Alex nur flachlegen und nicht mit ihm flirten. Auf gar keinen Fall wollte er Alex' viel zu großem Ego noch mehr schmeicheln. Nachher bildete der sich noch was drauf ein, dass jemand wie Markus ihn ernsthaft haben wollte. Oder er würde gar den Eindruck erwecken, er wollte mehr von Alex. Etwas, das über den wirklich geilen Sex hinausging. Was ja nicht stimmte. Nicht so ganz.
Ach verdammt! Warum ist das so kompliziert? Markus kaute auf seiner Unterlippe herum und brachte kein weiteres Wort heraus. In Alex' Gegenwart benahm er sich plötzlich ganz anders, als sonst.
Alex lächelte. Kein typisches Lächeln. Es wirkte eher ein wenig traurig.
„Eben“, meinte er seufzend. „Zu sexy vielleicht.“ Er wandte den Blick ab, ließ nachdenklich den Champagner in seinem Glas kreisen. „Weißt du, Markus … In dem Geschäft bist du irgendwann nur noch ein stilisiertes Objekt, etwas das alle begehren. Ich war gut. Oh ja, ich war verdammt gut.“ Er lachte kurz und trocken auf. Humorvoll klang es nicht.
„Ich habe insgesamt mehr als zehn Filme gedreht und sie waren alle … erstklassig“, fuhr er fort. Markus setzte das leere Glas vorsichtig ab und hörte zu, registrierte sehr wohl das kurze Zögern in Alex' Worten. „Nein“, korrigierte Alex auch gleich darauf. „Erstklassig waren nur die ersten drei davon. Der Rest war ...“ Er seufzte. „Ich habe mit einem Regisseur zusammengearbeitet, der wie ich, etwas ganz Besonderes, etwas Anderes, Einmaliges schaffen wollte: erotische Kunst.“ Erneut lachte er schnaubend auf. „Die Perfektionierung erotischer Bilder. Licht, Schatten, alles sollte vollkommen sein. Das sollten keine Pornos im herkömmlichen Sinne werden. Jacky wollte etwas Neues schaffen.“
Alex drehte das Glas in den Fingern und warf Markus einen offensichtlich prüfenden Blick zu. Überlegte er, ob dieser verstand, was er meinte? Oder ob er ihm überhaupt etwas erzählen sollte? Markus lauschte gespannt und gab ein angedeutetes Nicken von sich. Scheinbar reichte das Alex als Zustimmung.
„Die meisten Pornos fokussieren auf den reinen Akt“, erklärte dieser lächelnd, doch seine Augen blieben ernst. „Ein bisschen Vorspiel, ein wenig Küssen, aber dann geht es zur Sache. Das Drumherum ist unwichtig, ersetzbar, jederzeit austauschbar. Kerl A fickt Kerl B in Location A, B, C oder wahlweise überall.“ Alex nahm einen tiefen Schluck. „Ein kurzer Blowjob und los geht es mit dem üblichen Analverkehr.“ Er schnaubte abfällig. „Die Kamera folgt direkt. Mitten hinein in das Innerste. So nahe wie möglich dran.“
Markus nickte. Er kannte genügend solcher Filme. Ja, im Prinzip war es immer das Gleiche. Er sah nicht sehr oft Pornos, doch auch ihm war schließlich aufgefallen, dass der Film mit Alex, anders gewesen war. Erneut schenkte sich Alex Champagner nach, schien eine ganze Weile in den Anblick der kleinen, zerplatzenden Bläschen versunken zu sein.
„Jacky und ich hatten andere Ideen. Wir wollten das Besondere einfangen. Jeder Sex ist wie ein Kunstwerk voll Ausdruckskraft. Einmalig, so vergänglich, schwer zu fassen. Eine faszinierende Komposition aus zwei Körpern, die eine lustvolle Vereinigung erreichen wollen. Je feiner man sie aufeinander abstimmt, desto besser wird es. Maximaler Lustgewinn für beide Seiten. Und im Idealfall auch noch für den Zuschauer. Sex ist ästhetisch, wenn man es richtig macht. Diese Filme sollte man ansehen und gespannt davor verharren. Atemlos miterleben, mitfühlen, dabei sein. Etwas mitnehmen.“
Lächelnd hob
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