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Irrungen, Wirrungen

Irrungen, Wirrungen

Titel: Irrungen, Wirrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Zeug nicht glauben wollen.«
    »Nein, Erfundenes nicht«, sagte Wedell. »Aber ich glaube, was ich weiß. Rienäcker, trotz seiner sechs Fuß, oder vielleicht auch gerade deshalb, ist schwach und bestimmbar und von einer seltenen Weichheit und Herzensgüte.«
    »Das ist er. Aber die Verhältnisse werden ihn zwingen, und er wird sich lösen und frei machen, schlimmstenfalls wie der Fuchs aus dem Eisen. Es tut weh, und ein Stückchen Leben bleibt dran hängen. Aber das Hauptstück ist doch wieder heraus, wieder frei. Vive Käthe. Und Rienäcker! Wie sagt das Sprichwort: ›Mit dem Klugen ist Gott.‹«
     
Neuntes Kapitel
     
    Botho schrieb denselben Abend noch an Lene, daß er am andern Tage kommen würde, vielleicht schon früher als gewöhnlich. Und er hielt Wort und war eine Stunde vor Sonnenuntergang da. Natürlich fand er auch Frau Dörr. Es war eine prächtige Luft, nicht zu warm, und nachdem man noch eine Weile geplaudert hatte, sagte Botho: »Wir könnten vielleicht in den Garten gehen.«
    »Ja, in den Garten. Oder sonst wohin?«
    »Wie meinst du?«
    Lene lachte. »Sei nicht wieder in Sorge, Botho. Niemand ist in den Hinterhalt gelegt, und die Dame mit dem Schimmelgespann und der Blumengirlande wird dir nicht in den Weg treten.«
    »Also wohin, Lene?«
    »Bloß ins Feld, ins Grüne, wo du nichts haben wirst als Gänseblümchen und mich. Und vielleicht auch Frau Dörr, wenn sie die Güte haben will, uns zu begleiten.«
    »Ob sie will«, sagte Frau Dörr. »Gewiß will sie. Große Ehre. Aber man muß sich doch erst ein bißchen zurechtmachen. Ich bin gleich wieder da.«
    »Nicht nötig, Frau Dörr, wir holen Sie ab.«
     
    Und so geschah es, und als das junge Paar eine Viertelstunde später auf den Garten zuschritt, stand Frau Dörr schon an der Tür, einen Umhang überm Arm und einen prachtvollen Hut auf dem Kopf, ein Geschenk Dörrs, der, wie alle Geizhälse, mitunter etwas lächerlich Teures kaufte.
    Botho sagte der so Herausgeputzten etwas Schmeichelhaftes, und gleich danach gingen alle drei den Gang hinunter und traten durch ein verstecktes Seitenpförtchen auf einen Feldweg hinaus, der hier, wenigstens zunächst noch und eh er weiter abwärts in das freie Wiesengrün einbog, an dem an seiner Außenseite hoch in Nesseln stehenden Gartenzaun hinlief.
    »Hier bleiben wir«, sagte Lene. »Das ist der hübscheste Weg und der einsamste. Da kommt niemand.«
    Und wirklich, es war der einsamste Weg, um vieles stiller und menschenleerer als drei, vier andere, die parallel mit ihm über die Wiese hin auf Wilmersdorf zu führten und zum Teil ein eigentümliches Vorstadtsleben zeigten. An dem einen dieser Wege befanden sich allerlei Schuppen, zwischen denen reckartige, wie für Turner bestimmte Gerüste standen und Bothos Neugier weckten, aber eh er noch erkunden konnte, was es denn eigentlich sei, gab ihm das Tun drüben auch schon Antwort auf seine Frage: Decken und Teppiche wurden über die Gerüste hin ausgebreitet, und gleich danach begann ein Klopfen und Schlagen mit großen Rohrstöcken, so daß der Weg drüben alsbald in einer Staubwolke lag.
    Botho wies darauf hin und wollte sich eben mit Frau Dörr in ein Gespräch über den Wert oder Unwert der Teppiche vertiefen, die, bei Lichte besehen, doch bloß Staubfänger seien, »und wenn einer nicht fest auf der Brust sei, so hätt er die Schwindsucht weg, er wisse nicht wie«. Mitten im Satz aber brach er ab, weil der von ihm eingeschlagene Weg in eben diesem Augenblick an einer Stelle vorüberführte, wo der Schutt einer Bildhauerwerkstatt abgeladen sein mußte, denn allerhand Stuckornamente, namentlich Engelsköpfe, lagen in großer Zahl umher.
    »Das ist ein Engelskopf«, sagte Botho. »Sehen Sie, Frau Dörr. Und hier ist sogar ein geflügelter.«
    »Ja«, sagte Frau Dörr. »Und ein Pausback dazu. Aber is es denn ein Engel? Ich denke, wenn er so klein is und Flügel hat, heißt er Amor.«
    »Amor oder Engel«, sagte Botho, »das ist immer dasselbe. Fragen Sie nur Lene, die wird es bestätigen. Nicht wahr, Lene?«
    Lene tat empfindlich, aber er nahm ihre Hand, und alles war wieder gut.
    Unmittelbar hinter dem Schutthaufen bog der Pfad nach links hin ab und mündete gleich danach in einen etwas größeren Feldweg ein, dessen Pappelweiden eben blühten und ihre flockenartigen Kätzchen über die Wiese hin ausstreuten, auf der sie nun wie gezupfte Watte dalagen.
    »Sieh, Lene«, sagte Frau Dörr, »weißt du denn, daß sie jetzt Betten damit stopfen, ganz wie mit

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