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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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Kenntnisse, die ich auf meinen privaten Reisen über Nepal angehäuft hatte, wurden zu meiner Existenzgrundlage als Reiseleiter. Meine temporären Reisefreunde wollten auch immer alles wissen, jede noch so kleine Tempelfigur am vorletzten Dorftempel musste ich mit Namen kennen. Und natürlich musste ich vierundzwanzig Stunden am Tag bereit sein, über den gesamten Himalaya aus kulturhistorischer und naturgeographischer Sicht referieren zu können. Sie hatten schließlich eine Studienreise gebucht und bezahlt, und die Erwartungen an eine solche wollte ich nicht enttäuschen. Durfte ich nicht enttäuschen.
    Leider ging es bei meinem Tun nicht allein darum, die Truppe nur durch die Berge zu führen und ihnen Tempel zu zeigen, es ging um viel mehr: trösten, zuhören und Anteilnahme zeigen, alles Tätigkeiten, für die man eine Ausbildung als Kranken- oder Altenpfleger oder Gesprächstherapeut gut gebraucht hätte. Studienreiseteilnehmer sind oftmals Einzelgänger, die vom Reiseleiter auf einer Gruppentour auch von ihrem Weltschmerz oder ihrem sonstigen Schlamassel geheilt werden möchten. Das war oftmals die eigentliche Mammutaufgabe.
    Normalerweise kannten mich einige bereits von früheren Touren, Stretchhosenträger sind Wiederholungstäter. In diesem Fall traf das nicht zu. Das Blind Date war auch wirklich ein solches. Doch alle fanden sich ein. Nachdem die Begrüßung erfolgt, die Formalitäten abgewickelt und die Sicherheitskontrollen passiert waren, ging es zum Gate. Das Flugzeug der Royal Nepal Airlines stand schon bereit. Überhaupt ist die Royal Nepal Airlines eine einzigartige Fluggesellschaft, hatte sie damals doch nur zwei Maschinen. Die eine Maschine flog regelmäßig von der nepalesischen Hauptstadt nach Frankfurt und zurück, um die Stretchhosen abzuliefern oder einzusammeln, und die andere wartete im Stand-by-Modus in Kathmandu auf den König, es konnte ja sein, dass er Lust auf eine Sightseeing- oder Shoppingtour außerhalb seines Reichs hatte. Zu dieser Zeit hatte er noch was zu sagen, 2007 war es dann aus damit. Nepal wurde eine Demokratie.
    Selbstverständlich hatte ich dafür gesorgt, dass wir an Bord alle zusammensitzen konnten. Das gehörte sich so für eine Gruppenreise. Und selbstverständlich wurde ich mit Fragen gelöchert. Schon hielt ich meine erste kleine Vorlesung zum Thema «Kulturvielfalt im Tal von Kathmandu». Diese Stretchhosenteilnehmer hatten sich für das große Rundreiseprogramm entschieden, individuell zugeschnitten. Der Reiseveranstalter, für den ich arbeitete, offerierte aber mehrere Möglichkeiten für Nepal-Freunde. Da gab es das sogenannte große Kulturprogramm mit drei Königsstädten, siebenundachtzig Tempeln, drei Tieropferstätten, einer Menschen-Verbrennungsstätte, einem Ausflug mit Sonnenaufgang über dem Himalaya, dem Besuch eines tibetischen Flüchtlingslagers und einer landestypischen Tanzaufführung. Alles in drei Tagen, danach ging es weiter nach Indien. Oder das kombinierte Kultur-Natur-Programm, das sich von dem singulären Kulturprogramm dadurch unterschied, dass hierbei ein zweiter Ausflug zu einem Sonnenaufgang über dem Himalaya angeboten wurde sowie eine beschauliche Tagestrekkingtour durch abgeerntete Reisterrassen zu einem Tempelhügel. Immerhin nahm man sich dafür vier Tage Zeit, dann erfolgte ebenfalls eine Weiterreise nach Indien. Eine dritte Alternative war das kleine Kulturpaket mit großem Naturanteil. Wieder ein fast identisches Besichtigungsprogramm – nur das Flüchtlingslager war gestrichen –, stattdessen wurde eine umfangreiche Trekkingtour zum Annapurna-Base-Camp geboten. Gesamtdauer: vierzehn Tage. Anschließend flog man direkt zurück nach Deutschland, auf Indien musste man also verzichten. Der unbestrittene Höhepunkt aber war die dreiundzwanzigtägige Tour, die als «Nepal für Liebhaber» deklariert war. Das große Kulturprogramm fehlte auch bei dieser großen Rundreise nicht, aber es wurde ergänzt durch eine dreitägige Wildwasserfahrt auf dem Fluss Trisuli, einer «originalen und lebensgefährlichen» Wildtigerschau im Chitwan-Nationalpark und einem zweitägigen Ausflug ins Himalayagebirge mit Blick auf den Mount Everest. Das war natürlich nur was für muterprobte Stretchhosen mit einem ansehnlichen Geldbeutel. Und solch eine Tour stand mir diesmal bevor.
    Im Flieger lernte ich die Gruppe langsam kennen. Es gab vier Lehrer, Hartmut, Günter, Wilhelm und Norbert, eine Zahnärztin, Ingrid – was eher erstaunlich war,

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