Ismaels fliegende Wale
jetzt wieder auf. Die Statue steckte tief in seinem Hals.
„Wir müssen unseren großen Gott wiederhaben!“ jammerte Namalee.
Ismael unterdrückte einen Fluch. Die Situation war zu bedrohlich – und gleichzeitig zu nahe am Rande des Absurden –, als daß er sich in einem einfachen Fluch hätte ausdrücken können.
„Ich glaube nicht, daß dein Gott schon bereit ist, seinen Abschied einzureichen“, sagte er. „Und wenn doch, dann verfolgt er damit etwas Besonderes.“
Hoch über ihnen – hinter den letzten Treppenstufen – brüllten und fluchten die Priester. Sie waren immer noch damit beschäftigt, die Leiche zu entfernen, damit die Wand sich wieder bewegen konnte.
Und hinter Ismael standen die schweigenden Überlebenden seiner Gruppe.
Vor ihnen stand eine steinerne Bestie, die zwar etwas Göttliches verschluckt hatte, aber dennoch keinerlei Anzeichen einer Verwandlung zeigte oder Anlaß zu der Hoffnung gab, daß sie den Invasoren aus einem anderen Grund außer dem, daß sie nach ihrem Fleisch gierte, zugetan war.
Und um Ismael herum gab es nichts als das alles durchdringende, süßliche und trunken machende Parfüm der Götter.
Wenn er dem Einfluß dieses Geruchs noch lange ausgesetzt war, würde er bald zwei Steinungeheuer sehen. Und eines war schon mehr, als man ertragen konnte.
Er stellte plötzlich fest, daß Karkris Leiche verschwunden war. Abgesehen von einigen Blutspritzern auf dem Boden deutete nichts mehr darauf hin, daß Karkri jemals existiert hatte. Das Biest hatte ihn ohne viel Federlesens verschluckt.
Ismael gab einen Befehl und ging stolpernd und hin und wieder beinahe fallend die Treppenstufen hinab. Der gewaltige Kopf mit den tödlich leuchtenden Augen wandte sich ihm zu. Das Biest zog den Hals ein, als bereite es sich darauf vor, ihn wie eine Harpune hervorschießen zu lassen.
Trotzdem griff es Ismael nicht an, als er an ihm vorbeiging.
Namalee folgte ihm, aber sie protestierte, daß sie Zoomashmarta nicht einfach hier zurücklassen konnten.
„Ich bin doch kein zweiter Tyr, daß ich meine Hand in das Maul eines Ungeheuers stecke und sie verliere“, sagte Ismael.
„Wenn wir weitergehen, verlieren wir euren Gott, das stimmt!“ schrie er sie an. „Aber wenn wir bleiben und versuchen, ihn freizubeten, werden wir bald die Booragangahner auf dem Hals haben! Und dann sterben wir! Also, was gefällt dir besser? Mit deinem Gott zu sterben – oder ohne ihn zu leben?“
„Warum hat es nicht Kashmangai getroffen?“ jammerte sie weinend.
Von hinten rief einer der Männer: „Die Bestie hat Zoomashmarta geschluckt! Unser Gott befindet sich nun im Magen eines Ungeheuers!“
Ismael wandte sich um. Von drei Männern abgesehen, hatten nun alle das Monster passiert. Die drei letzten befanden sich noch auf der Treppe und hielten jetzt an, weil die Bestie wieder das Maul öffnete und den langen Hals hin und her schwang.
Es gab wenig Hoffnung, daß sie an dem Biest vorbeikamen. Der erste, der es versuchte, konnte sich jetzt schon als Opfer für die anderen ansehen.
Ismael sagte: „Wartet!“ Er nahm dem Mann, der in einem Sack Kashmangai trug, den Götzen ab und warf ihn den auf den Stufen stehenden anderen zu.
„Stopft ihm das ins Maul und rennt dann an ihm vorbei!“ rief er.
„Nein!“ schrie Namalee. „Wir dürfen ihn nicht auch noch verlieren!“
„Werft!“ sagte Ismael laut. „Wir haben keine Zeit zu verlieren!“
Poonkraji, der erste Mann, schwang den Beutel über seine Schulter und warf ihn in den Schlund der Bestie hinein. Die mächtigen Kiefer packten zu. Die drei Männer hasteten an dem Ungeheuer vorbei, aber diesmal – als wäre es sich eines Gedankens bewußt geworden, der schon länger durch sein versteinertes Gehirn gewandert war – schob es sich auf seinen massiven Beinen zur Seite und quetschte mit Hilfe des Panzers den letzten Mann gegen die Wand.
„Wir können irgendwann zurückkommen, das Biest töten und die Götter befreien“, sagte Ismael. „Die Booragangahner haben doch keine Ahnung, daß sie sich im Inneren ihres Wächters befinden.“
„Aber man hat uns geschlagen!“ sagte Namalee. „Unsere ganze Mission war umsonst!“
„Wir sind frustriert, nicht geschlagen“, erwiderte Ismael. „Aber dafür wissen wir etwas, von dem unsere Gegner keine Ahnung haben. Und irgendwann kehren wir zurück und schlagen aus unserem Wissen Profit.“
Er glaubte selbst nicht daran, denn es war ziemlich unwahrscheinlich, daß man von nun an die Luftschächte
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