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führen. Dies sieht man oft bei Schulpferden, die nur noch schwach oder schlimmstenfalls gar nicht auf die Reiterhilfen reagieren. Das lässt sich vermeiden, indem man das Pferd nicht permanent mit Reizen konfrontiert, sondern nur dann, wenn man auch wirklich eine Reaktion auf diese erwartet. Der Reiz sollte kurz, prägnant und so stark sein, dass er in jedem Fall zu einer Reaktion des Pferdes führt: so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich.
Die Gewöhnung an einen Reiz führt dazu, dass die Reizschwelle des Pferdes herabgesetzt wird und so eine allmähliche Abschwächung der Reaktion eintritt.
Bei vielen Reitweisen ist es gang und gäbe, dem Pferd nur dann eine Hilfe zu geben, wenn eine neue Lektion gefordert wird, und ansonsten passiv zu bleiben. Das setzt natürlich voraus, dass das Pferd gelernt hat, sich auch dann aktiv zu beteiligen, wenn der Reiter sich in Passivität übt. Nimmt man es genau, setzt auch die in Deutschland am häufigsten anzutreffende Reitweise dieses voraus. Leider sieht man dennoch allzu oft permanent klopfende Schenkel, die bald jeden Schritt aus dem Pferd heraustreiben müssen und eine allmähliche Abstumpfung des Pferdes zur Folge haben.
Bei der Gewöhnung ist es besonders wichtig, auf erste Anzeichen physischer oder psychischer Erschöpfung zu achten, da diese nicht nur den Lernerfolg vermindern, sondern unter Umständen auch weitreichende psychische Folgen für das Pferd haben. Legt man einem jungen Pferd zum Beispiel das erste Mal einen Sattel auf und lässt es dann so lange bocken, bis es diesen toleriert, ist dies nicht selten auf körperliche Ermüdung statt auf Gewöhnung zurückzuführen. So erreicht man allenfalls Misstrauen seitens des Pferdes, aber keinesfalls tritt so eine Gewöhnung ein. Im glimpflichsten Fall einer solchen menschlichen Fehleinschätzung hat man im Verlauf der Ausbildung mit dem „angekratzten“ Urvertrauen zu kämpfen, sodass das Pferd nicht mehr unvoreingenommen an neue Aufgaben herangeht.
Neben der eigenen Erfahrung des Pferdes spielt auch die Reaktion anderer Pferde eine große Rolle. Setzt sich der Großteil der Herde in Bewegung, um vor einer vergleichbar harmlosen Gefahrenquelle wie einer Plastikplane zu flüchten, wird auch das Pferd, das bereits an eine Plastikplane gewöhnt wurde, sich von der Herde mitreißen lassen. Hier überwiegen der Instinkt und die Koppelung des Verhaltens an den Herdentrieb.
Voraussetzung für eine feine Hilfengebung ist der sparsame und sinnvolle Einsatz der Hilfen.
Permanentes Vorantreiben des Pferdes führt zu Abstumpfung.
Umgekehrt kann man sich das Verhalten anderer Pferde natürlich auch positiv zunutze machen. Hat ein Pferd beispielsweise Angst, einen Wasserlauf zu durchqueren, reicht es oft, erfahrene Pferde vorangehen zu lassen, sodass das Pferd das eigene Misstrauen überwindet, sich auf die Erfahrung der übrigen Pferde verlässt und ihnen folgt. Auch die beruhigende Wirkung anderer Pferde kann eine große Hilfe sein. So wird Pferden, die im Anhänger zu Angstreaktionen neigen, oft ein „verladefrommes“ Pferd zur Seite gestellt, um es an den Transport zu gewöhnen.
Die einmalige Gewöhnung des Pferdes an einen neuen Reiz reicht nicht aus. Gewöhnung gilt allgemein als reversibel, das heißt, dass das vorhandene „Wissen“ regelmäßig aufgefrischt werden muss, um die Gewöhnung zu erhalten. Es heißt jedoch auch, dass eine einzige negative Erfahrung ausreichen kann, um die ursprüngliche Reaktion des Pferdes wieder hervorzurufen und das angelernte Verhalten dadurch zu löschen.
Klassische Konditionierung
Iwan Pawlow führte mit seinen Studien zur Erforschung bedingter Reflexe die wohl bedeutendsten Experimente zur klassischen Konditionierung durch. Unbedingte Reflexe sind fest im Gehirn verankerte Schaltungen, die nicht unmittelbar willentlich beeinflussbar sind, wie zum Beispiel der Lidschluss, wenn etwas auf das Auge zuschnellt, während bedingte Reflexe zuvor erlernt wurden. Bei der klassischen Konditionierung wird nun in den Auslösemechanismus eines unbedingten Reizes ein neuer, sogenannter bedingter Reiz aufgenommen. Auf diese Weise wird ein neues Signal mit einer bereits vertrauten Aktion oder Reaktion verknüpft und führt nach der Konditionierung selbst zum Auslösen der Reaktion.
Klassische Konditionierung findet etwa im Stall statt, wenn es an die allmorgendliche Fütterung geht. Hier wird das Geräusch des Futterwagens zum Signal für die Fütterung. Nach einiger
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